Antriebstechnik 31.12.1999, 17:23 Uhr

Kleine Zelle, große Wirkung: Bald fahren Autos sauber mit Wasserstoff

Schadstoffarm, leise und von erneuerbaren Energien betrieben – diese Attribute soll das Auto der Zukunft erfüllen. Dr.-Ing. Ferdinand Panik, Direktor bei DaimlerChrysler, sieht für die Verwirklichung dieses Anspruchs große Chancen in der Brennstoffzellentechnologie.

Leise schlängelt sich ein Fahrzeug der Mercedes-Benz-A-Klasse durch die Stuttgarter Innenstadt. Aus dem Auspuff des Autos entweichen keinerlei Abgase, sondern lediglich Wasserdampf. Das Versuchsfahrzeug „New Electric Car“ (Necar 4), das hier auf Testfahrt ist, besitzt statt eines Verbrennungsmotors eine wasserstoffbe- triebene Brennstoffzelle, die Strom für den Elektroantrieb des Fahrzeugs liefert. Die Energie wird dabei unmittelbar aus der kontrollierten Reaktion von Wasserstoff und Luftsauerstoff gewonnen, wobei keine Emissionen entstehen. Die Entwickler haben mit Necar 4 einen entscheidenden Schritt hin zur Serienreife vollzogen. Das Fahrzeug ist bis zu 145 km/h schnell, hat eine Reichweite von rund 450 km und bietet für fünf Personen mit Gepäck ausreichend Platz.
Noch handelt es sich bei den Brennstoffzellenautos um einzelne Versuchsfahrzeuge, aber bereits für das Jahr 2004 hat DaimlerChrysler die Markteinführung geplant. Die Fortschritte, die bei der Entwicklung des Brennstoffzellenfahrzeugs in den vergangenen Jahren erreicht werden konnten, verfestigen die Hoffnungen, die in diese Technologie gesetzt wurden, und demonstrieren die technische Machbarkeit.
Sicher ist, dass durch die Begrenzung der Ölvorkommen alternative Kraftstoffe in einigen Jahrzehnten relevant werden. Einer weltweit stark anwachsenden Nachfrage nach Mobilität steht die Entwicklung gegenüber, dass immer weniger Rohölvorkommen erschlossen werden. Entsprechend sollte die Mobilität von Menschen und Gütern, die nicht nur eine der größten Errungenschaften unseres Zeitalters ist, sondern auch zu den tragenden Säulen der Volkswirtschaften zählt, nicht ausschließlich von der Monokultur Rohöl abhängen. Daher brauchen wir alternative Kraftstoffe für die Zukunft.
Der Einsatz der Brennstoffzellenfahrzeuge ist mit verschiedenen Treibstoffen und unter Anwendung unterschiedlicher Erzeugungsmethoden möglich. Aus heutiger Sicht von DaimlerChrysler erscheinen Wasserstoff und Methanol jedoch als die aussichtsreichsten, nicht zuletzt weil sie technisch einfach umzusetzen sind, die geringsten Emissionen aufweisen und die Möglichkeit eröffnen, regenerative Energiequellen für mobile Anwendungen nutzbar zu machen.
Die Energiegewinnung aus Wasserstoff ist dabei vergleichsweise einfach und von hoher Effizienz – der Gesamtwirkungsgrad der mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzelle liegt weit höher als bei der Verwendung von Benzin oder auch Methanol als Kraftstoff. Der entscheidende Vorteil des Einsatzes von Wasserstoff ist, dass der Betrieb der Brennstoffzelle auf diese Weise vollkommen schadstofffrei ist.
Gegenüber konventionellen Kraftstoffen besteht das Problem, dass für den Wasserstoff die herkömmliche Tankstelleninfrastruktur nicht genutzt werden kann. Daher eignen sich Brennstoffzellenfahrzeuge mit Wasserstoff an Bord mittelfristig nur für den Flottenverkehr und Fuhrparks, die in einem regional begrenzten Gebiet operieren und zu den zentralen Wasserstofftankstellen zurückkehren können. Beispiele: Postzusteller, Lieferdienste, Taxis. Sie alle könnten zukünftig in doppelter Hinsicht zu Null-Emissions-Fahrzeugen werden: keine Abgase, kaum Lärm. Darüber hinaus gilt die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle derzeit als beste Option insbesondere für die Märkte, deren Gesetzgebung in absehbarer Zeit Null-Emissions-Fahrzeuge verlangt.
Als alternativen Kraftstoff setzt DaimlerChrysler bei seinen Brennstoffzellenfahrzeugen auch Methanol ein. Das Prinzip der Methanolreformierung hat einen entscheidenden Vorteil: Es eignet sich für den Individualverkehr. Da Methanol bei Zimmertemperatur flüssig ist, könnte es ebenso wie die herkömmlichen Kraftstoffe Benzin oder Diesel an einer gängigen Tankstelle getankt werden. Die Ausstattung der heutigen Tankstellen müsste dazu nur leicht modifiziert werden.
Methanol ist der am besten geeignete Stoff, um Wasserstoff in flüssiger Form zu speichern und um emissionsarme und effiziente Brennstoffzellenfahrzeuge anzutreiben. Im Vergleich zu Wasserstoff ist die Energiegewinnung im Fahrzeug aus Methanol zwar nicht vollkommen emissionsfrei, aber es entstehen keine Stickoxide, kein Schwefeloxid, Kohlenwasserstoff und auch keine Rußpartikel. Die Emissionen von Kohlendioxid sind erheblich geringer als beim Verbrennungsmotor: Eine auf Methanolbasis arbeitende Brennstoffzelle setzt bis zu 30 % weniger CO2-Emmissionen frei als ein mit Benzin oder Diesel betriebener Verbrennungsmotor.
Derzeit stellt die Industrie Methanol (etwa zu 70 %) aus Erdgas her. Der Kraftstoff hat gegenüber Benzin oder Diesel den Vorteil, nicht an Erdöl gebunden zu sein. Erdgas ist nach wie vor in großen Mengen und in vielen verschiedenen Gebieten vorhanden. Einen weiteren entscheidenden Vorteil, der für den Einsatz von Methanol spricht, sieht DaimlerChrysler in der Möglichkeit, Methanol mittel- und langfristig aus regenerativen Energieträgern (zum Beispie Biomasse, Holz oder Abfällen) zu gewinnen. Dann ist die CO2-Bilanz für Methanol ebenfalls neutral, da die beim Betrieb des Fahrzeugs freigesetzte Menge durch die Pflanzen zuvor beim Wachstum absorbiert wurde.
Die Tatsache, dass die Brennstoffzelle vor dem Hintergrund des deutschen Klimazieles (bis 2005 etwas 25 % weniger CO2-Ausstoß gegenüber 1990) keine kurzfristigen Verbesserungen bringen wird, darf nicht als Argument gegen diese Technologie gelten. Zum Erreichen kurzfristiger Klimaziele arbeitet DaimlerChrysler kontinuierlich an der Verbesserung des Verbrennungsmotors. Tatsächlich ist die Brennstoffzelle als mobiler Antrieb aber langfristig und als möglicher Einsatz für den herkömmlichen Verbrennungsmotor die Alternative, die uns über solche Anforderungen weit hinausbringen wird.
Es wird darauf ankommen, wo die politischen Weichen gestellt werden, dass die mobile Brennstoffzelle auf ihrem Weg in die Serienreife freie Fahrt hat. Denn ob in USA, Japan oder europaweit – die Entwicklung der Brennstoffzellentechnologie eröffnet neue Geschäftsfelder und fordert gleichzeitig neue Formen der Ausbildung und der Produktionsprozesse. Der Erfolg im internationalen Wettbewerb hängt in kritischem Maße von einem frühen Beginn dieses Transformationsprozesses ab.
Weltweit arbeiten mittlerweile mehr als 60 Firmen am Thema Brennstoffzelle, darunter sieben der zehn umsatzstärksten Unternehmen. Wenn wir heute nicht die Einführung von Brennstoffzellenfahrzeugen intensiv weiterverfolgen, dann werden es andere tun. Die Unterhaltungsindustrie ist ein Beispiel in der jüngsten Vergangenheit, in der die deutsche Wirtschaft zunächst eine Vorreiterrolle hatte und anschließend den wirtschaftlichen Erfolg den asiatischen Wettbewerbern überließ. Dies darf sich mit der Brennstoffzellentechnologie nicht wiederholen. Die Aktivitäten unserer Wettbewerber, gerade im japanischen Raum, deuten aber genau auf diese Gefahr wieder hin: Allein die vier größten japanischen Automobilkonzerne haben im Jahr 1999 rund 1,6 Mrd. DM eigene Mittel in die Entwicklungsarbeiten für mobile Brennstoffzellen investiert.
Die Arbeiten an der Brennstoffzelle werden längst nicht mehr nur durch Technologie- und Umweltaspekte motiviert, sondern stellen inzwischen einen echten Wettbewerbsfaktor dar – ein Wettbewerbsfaktor, der über Hightech-Arbeitsplätze, wirtschaftlichen Erfolg und die Mobilität der Zukunft entscheidet. Daher begreift der DaimlerChrysler-Konzern die Brennstoffzelle als wirtschaftliche Chance und kämpft dafür, dass die Mineralölfirmen und Energieversorger, die Automobilindustrie und die politischen Kräfte weiter daran arbeiten, die Bedingungen für eine erfolgreiche Markteinführung von Brennstoffzellenfahrzeugen zu schaffen. Dazu gehören nach Abschluss der Flottenversuche eine schnelle Einigung auf die zukünftigen Kraftstoffe und die Unterstützung von Regierungsseite beim schnellen Aufbau der Infrastruktur für die neue Technologie. FERDINAND PANIK
Brennstoffzellensystem im Auto: Nach fünf Jahren Entwicklungsarbeit ist es Ingenieuren gelungen, Volumen, Größe und Gewicht des Antriebssystems auf Platzverhältnisse in einem Pkw anzupassen.
Ferdinand Panik: „Die Markteinführung des Brennstoffzellenautos ist für das Jahr 2004 geplant.“

 

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