In Nürnberg fahren U-Bahnen der Linie 3 nunmehr ohne Führer
VDI nachrichten, Nürnberg, 13. 6. 08, wop – Die erste fahrerlose U-Bahn Deutschlands wird am 14. Juni in Nürnberg offiziell eröffnet. Vorangegangen war nach Entwicklung und Bau eine mehrjährige, schwierige Phase von Erprobung, Rückschlägen, Sicherheitsnachweisen und schließlich der Zulassung. Inzwischen ist der weitere Ausbau im Gang.
Die „Realisierung einer automatisierten U-Bahn in Nürnberg“ (Rubin) ist abgeschlossen. Am 14. Juni hat das ambitionierte Vorhaben sein Ziel erreicht: Die erste fahrerlose U-Bahn Deutschlands kann in den fahrplanmäßigen Verkehr übergehen. Für „Schnupperfahrten“ fuhren die Züge auf der neuen Linie 3 bereits seit 4. Mai, nachdem am 30. April die Betriebserlaubnis erteilt worden war.
Lange galt fahrerloser Betrieb in Deutschland als nicht praktikabel, weil sich Fahrgäste hierzulande keinem Automaten ausliefern würden. Die Nürnberger holten sich technische Hilfe aus dem benachbarten Erlangen: Dort nahm Siemens 2001 den Auftrag als Generalunternehmen entgegen. Drei weitere Bewerber hatten in der Ausschreibung erst gar kein Angebot abgegeben.
Für die Einführung des fahrerlosen Betriebs waren die Verhältnisse in Nürnberg günstig, die Randbedingungen dagegen überaus anspruchsvoll: „Wir hatten ein ideales Einstiegsfenster“, erläuterte Herbert Dombrowsky, Chef der Nürnberger Verkehrsbetriebe (VAG): „Wir mussten eine neue Linie bauen, brauchten dafür neue Fahrzeuge und hätten die alten sowieso erneuern müssen außerdem konnte auf einem Teilstück die bestehende Linie U2 mitbenutzt werden.“
„Auf der anderen Seite der Medaille standen die Probleme“, erklärte VAG-Projektleiter Andreas May, u. a.:
> Bahnsteigtüren, die bei anderen automatisierten Bahnen den Gleisbereich absperren und versehentliches sowie absichtliches Betreten verhindern, kamen wegen des Mischbetriebs von Zügen mit und ohne Fahrer nicht in Frage.
> Zuvor war automatischer Betrieb nur auf völlig neuen Strecken eingeführt worden in Nürnberg musste der Gemeinschaftsabschnitt im laufenden Betrieb für das fahrerlose Fahren aufgerüstet werden.
> Damit jeder Zug zuverlässig das richtige Ziel erreicht, muss die Stellwerks- technik die Weichen anhand von Zugnummern automatisch stellen.
> Erheblicher Aufwand ist für die Gefahrraum-Überwachung an den offenen, 90 m langen Bahnsteigen nötig. Jeder Gegenstand, der ins Gleis fällt, muss erkannt werden. Aber nur, wenn wirklich Gefahr droht, dürfen – und müssen – die Züge sofort automatisch angehalten werden.
> Jeder Wagen und die Bahnsteige sind videoüberwacht. Die Eindringüberwachung reagiert, wenn Personen in den Tunnel laufen. Detektoren an den Fahrwerken erkennen, wenn ein Wagen entgleist, Brandmelder unter den Zügen geben Alarm, wenn sich die elektrische Ausrüstung unzulässig erhitzt.
> Neu ist die ausfahrbare Spaltüberbrückung zwischen Zug und Bahnsteig, die Behinderten im Rollstuhl und Eltern mit Kinderwagen lückenloses Ein- und Aussteigen ermöglicht.
Viel Staub haben in Nürnberg Verzögerungen aufgewirbelt, die während der Erprobung eintraten: „Erst dabei wurde klar, dass ein derart komplexes System nicht auf einmal in Betrieb genommen werden kann, sondern dass jede Komponente für sich getestet und optimiert werden muss“, erklärte Siemens-Projektleiter Georg Trummer: „Die U-Bahn in Nürnberg hat ja weltweit innovativen Charakter: Sie ist die erste, auf der Züge teils von Hand, teils automatisch gesteuert werden.“
Inzwischen gelten die damaligen Probleme als überwunden, das System funktioniert stabil, wenn die VAG auch vorsorglich um Verständnis bittet, falls es anfangs noch zu Störungen kommen sollte. Die Sicherheit sei dabei immer gewährleistet nur kann ein Zug auch ohne Notwendigkeit einmal stehen bleiben, heißt es.
Fahrerlos befahren wird die neue Linie U3 zwischen den vorläufigen Endstationen Maxfeld und Gustav-Adolf-Straße. Die Fortsetzung von Maxfeld bis Friedrich-Ebert-Platz im Norden ist im Bau, weitere Abschnitte sind geplant. Außerdem soll jetzt auch die Linie U2 umgestellt werden. RALF R. ROSSBERG
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