In Kunststoff gut isoliert sparen Automotoren Sprit
Eine Isolationsschicht aus Kunststoffschaum reduziert den Wärmeverlust von wassergekühlten Kfz-Motoren. Dadurch können der Kraftstoffverbrauch und die Schadstoffemissionen weiter gesenkt werden. BASF-Kunststoffexperten entwickelten hierfür einen geeigneten Schutzmantel aus Polyurethan (PUR) und suchen jetzt nach Kooperationspartnern in der Automobilindustrie.
Schon über ein Jahrhundert lang werden Kfz-Verbrennungsmotoren gebaut, doch an die Isolation der Motorblöcke dachte bislang kaum jemand. Bestenfalls die dröhnenden Diesel-Aggregate von Lkw und Bussen bekamen eine schallschützende Ummantelung, die aber meist den Motorraum als Ganzes betraf und nicht die direkte Kapselung des Motorblocks. „Doch genau diesen Weg sind wir gegangen“, berichtet Dr. Bernhard Rosenau, Business Manager bei der BASF-Tochter Elastogran, die im bayerischen Olching für das PUR-Geschäft des Ludwigshafener Chemiekonzerns zuständig ist.
Bislang haben die Motorkonstrukteure viel Energie dafür aufgewendet, um die entstehende Verbrennungswärme im Motor rasch abzuführen. Doch genau das Gegenteil ist richtig, glaubt man den Ergebnissen, die an der Fachhochschule Köln unter Leitung von Prof. Norbert Deußen im Auftrag der Elastogran ermittelt wurden.
PUR-Schaum hat nach Polypropylen (PP) im Automobilbereich einen wichtigen Stammplatz – doch meist nur im Innenraum als Lenkrad-Ummantelung, Sitzpolster, Dachhimmel, Armaturenauskleidung und als Hinterschäumung von Teppichböden. Dabei hat das Material, das in der Regel als Zweikomponentenschaum ausgeliefert und erst beim Kunden aus Polyol und Isocyanat zusammengemischt wird, hochwertige Dämmeigenschaften. Diese gelten nicht nur beim Schall- sondern auch beim Wärmeschutz. Deshalb werden PUR-Schäume auch bei Fernheizungen eingesetzt. „Die Wärmestabilität zwischen minus 80 oC und plus 150 oC machen PUR zum idealen Dämmstoff für Motoren“, schwärmt Bernhard Rosenau. Hinzu käme die Eigenschaft, sehr leicht Formteile herstellen zu können.
Und was bewirkt die Wärmeisolation beim Motor? Es sind zwei sich ergänzende Effekte: einerseits ist der Motor beim erneuten Start meist schon von vornherein noch wärmer, andererseits erreicht der Motor auch früher seine optimale Betriebstemperatur. Es ist vor allem das Kaltstartverhalten, also das häufige Anhalten, Motor-Abstellen und erneute Starten, das nicht nur dem Motor selbst schadet, sondern den Treibstoff-Verbrauch erhöht und die Schadstoff-Emissionen kräftig ansteigen lässt. Dieser Sachverhalt ist seit langem bekannt und Fahrzeughersteller wie BMW haben beispielsweise versucht, mit Latent-Wärmespeichern die Restwärme aus dem Motor bis zum nächsten Kaltstart zu puffern, um den Motor dann früher auf die optimale Betriebstemperatur zu bringen. Auch die Hersteller von Standheizungen setzen Latentwärmespeicher als Puffer ein.
In einer mathematischen Simulation wurde an der Fachhochschule Köln das Abkühlverhalten eines Pkw-Motors mit einem bestimmten Fahrzyklus kombiniert. Bei einer durchschnittlichen jährlichen Fahrleistung von 12 300 km und einer Verringerung der Wärmeabgabe von 0,012 kW/K auf unter 0,002 kW/K ergaben sich Verbrauchsminderungen von 5 % im Sommer und fast 10 % im Winter. Diese Effekte würden erreicht, wenn der Motor zu 90 % mit einem 3 cm dicken PUR-Mantel umgeben sei – so die Berechnungen.
Die Probeläufe mit einem 4-Zylinder-Reihenmotor aus einem VW Golf auf einem Motorenprüfstand bestätigten im Wesentlichen die berechneten Abkühlraten. Der Motor wurde dabei fast vollständig in einen Schutzmantel aus PUR gepackt lediglich Abgaskrümmer, elektrische Anschlüsse und die Kühlmittelleitungen wurden nicht isoliert. Ohne die Isolation kühlte der Motor nach zwei bis drei Stunden auf 40 oC ab mit der Isolation wurde diese Temperatur erst nach knapp 15 Stunden erreicht. Damit dürfte auch die errechnete Treibstoff-Ersparnis realistisch sein. Doch welche Schadstoffe durch das frühere (Wieder-)Erreichen der Betriebstemperatur eingespart werden, lässt sich derzeit nur schätzen. „Quantitative Aussagen gibt es dazu leider noch keine“, bedauert Rosenau. Der Effekt selbst sei jedoch unstrittig. Natürlich profitiere der Kurzstreckenfahrer mehr als der Langstreckenfahrer und der Südländer weniger als der Skandinavier.
Die gewollte Verschlechterung der Motorkühlung habe keine Nachteile, meinen die Elastogran-Entwickler der Motorblock selbst trage nur einen geringen Teil zur Kühlung bei, und die meiste Wärme werde über das Kühlsystem abgeführt. Konstruktiv muss allerdings einiges überdacht werden, da die Isolationsschicht Platz in Anspruch nimmt. Insofern eignet sich das Verfahren auch nicht zur Nachrüstung.
In einem CAD-Modell wurde eine Kapselung konstruiert, die aus acht Schalen besteht, die mit Kunststoff-Dübeln und Spannverbindungen untereinander verbunden sind, um die Demontage bei Wartungsarbeiten zu erleichtern. Eine solche Wärmeisolation eignet sich grundsätzlich für jede Art und für jede Größenordnung von wassergekühlten Motoren. Mit drei Pkw-Herstellern befindet sich das Chemieunternehmen derzeit im intensiven Austausch und es wird nicht ausgeschlossen, dass der erste Prototyp mit PUR-Kapselung im kommenden Jahr vorgestellt wird. M. BOECKH/Si
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