Im gläsernen Vorzeige-Betrieb dominiert die Handarbeit
Noch drehen sich für die neue „Gläserne Fabrik“ die Kräne. Doch schon in gut drei Monaten will die Volkswagen AG im Stadtzentrum von Dresden mit der Hochlauf-Phase ihrer Automobil-Manufaktur beginnen.
Einen Vorzeigebetrieb errichtet die Volkswagen AG, Wolfsburg, laut Werner Ulrich derzeit im Stadtzentrum von Dresden. „In handwerklich geprägter Weise und transparent für Kunden und Besucher“, so der Geschäftsführer der Volkswagen Automobilmanufaktur Dresden GmbH, „soll dort ab dem Jahreswechsel das Top-Fahrzeug von Volkswagen hergestellt werden.“
Der Kfz–Hersteller siedelt keine Zulieferer auf dem Gelände der Gläsernen Manufaktur an. Alle Fremdfirmen, so unterstreicht Ulrich, lieferten grundsätzlich an das künftige Logistikzentrum in Dresden-Friedrichstadt. Von dort aus sichern dann Güter-Straßenbahnen die weitere Just-in-time-Logistik. Denn in der City liegt der Produktions-Schwerpunkt eindeutig in der hochwertigen Endmontage von zugelieferten Teilen und bereits lackierten Karosserien.
Schon die Architektur will darauf hinweisen: Diese Fertigung ist anders als alle anderen. Gläserne Wände gewähren den Dresdnern und ihren Gästen jederzeit Einblick in das Produktionsgeschehen. Auch die „CarGoTram“ wird auf ihrem Weg durch das Stadtzentrum Einheimische und Touristen überraschen, wenn sie als Güterstraßenbahn künftig regelmäßig zum Straßburger Platz fährt, um die Gläserne Fabrik zuverlässig mit Kfz-Teilen zu versorgen. Derzeit drehen sich auf dem Gelände zwar noch die Kräne, aber schon bald werden die ersten Glasscheiben in die Fassade eingesetzt und die ersten Maschinen installiert werden. Denn die ersten Fahrzeuge sollen um den Jahreswechsel 2000/2001 aus der Gläsernen Manufaktur rollen.
Ulrich rechnet mit „guten drei Monaten“ Hochlauf-Phase. In dieser Zeit würden vor allem die Mitarbeiter trainiert. Jeder Handgriff müsse sitzen, damit so Ulrich, „wir die Qualität, die wir erwarten, für unsere Kunden garantieren können.“ In dieser Einlaufphase seien die Stückzahlen auch noch nicht so hoch angesetzt. Bei Vollauslastung sollen später täglich maximal 150 Fahrzeuge in drei Schichten produziert werden.
46 Lkw und vier Waggons werden täglich Baugruppen und Einzelteile bringen, verrät Ulrich. Das freilich schafft Probleme. Denn einerseits ist der Platz auf dem Werksgelände am Großen Garten knapp bemessen, andererseits muss Volkswagen Rücksicht auf die sensible innerstädtische Lage nehmen. In dieser Situation entschied sich der Automobilkonzern, in einem Güterverkehrszentrum am Bahnhof Dresden-Friedrichstadt ein 44 000 m2 großes Grundstück zu erwerben und dort das VW-Logistikzentrum für die Gläserne Manufaktur zu errichten. Von dem Logistikzentrum werden die Teile nach Bedarf abgerufen und mit der CarGoTram just-in-time angeliefert. „Bei Vollauslastung“, so der Werkschef, „fährt alle 35 min. eine Güterstraßenbahn vom Logistikzentrum zur Gläsernen Manufaktur.“ Die Straßenbahn verfügt auf dem größten Teil der Strecke über ein eigenes Gleisbett. So können die Dresdner Verkehrsbetriebe selbst zur „Rush-hour“ die pünktliche Belieferung der VW-Manufaktur garantieren, denn die CarGoTram rollt am Stau vorbei, bis auf das Werksgelände.
Das VW-Werk verfügt laut Ulrich nicht über eine eigene Lackiererei. „Die Karosserie beispielsweise“, erläutert der Chef der Dresdner Automobilmanufaktur, „wird in Mosel hergestellt, lackiert und dann mit Spezial-Lkw direkt auf das Werksgelände angeliefert.“ Auf dem Rückweg nehmen die Auto-Transporter fertige Fahrzeuge, so sie nicht von den Kunden in Empfang genommen wurden, mit nach Mosel. Von dort aus, so Ulrich, erfolgt dann die Auslieferung.
Ordentlich muss es zugehen in der Gläsernen Manufaktur, denn die Kunden könnenbeobachten, wie „ihr“ Auto montiert wird – mit allen Extras, ganz nach Kundenwunsch. In dem Dresdner Werk sieht der VW-Manager einen „echten Manufaktur-Betrieb“. Ulrich: „Es wird überwiegend in Handarbeit produziert.“ In der gesamten Fertigung werden nur drei Roboter eingesetzt – und das für Arbeiten, die von Menschen kaum zu bewältigen wären, nämlich für die Montage von Rädern und Scheiben.“ Aus Sicherheits- und Qualitätsgründen nutzt VW zudem die automatische Aggregate-Verschraubung. AM/Si
Für seine Gläserne Manufaktur investiert VW 365 Mio. DM und wird damit in der sächsischen Landeshauptstadt 800 neue Arbeitsplätze schaffen.
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