Antriebstechnik 22.10.2004, 18:34 Uhr

Hybridsysteme – ökologisch notwendig und ökonomisch sinnvoll

VDI nachrichten, Graz 22. 10. 04 – Viel wird derzeit unter Automobilingenieuren über das Für und Wider der Hybridtechnik diskutiert. Doch bei der Entwicklung von neuen und alternativen Antrieben lasse sich der Wunsch nach einfachen Lösungen nicht erfüllen, hieß es in Graz, wo Fachleute aus aller Welt die Frage „hochflexibler klassischer Antrieb oder Hybridkonzept?“ zu beantworten suchten. Die Vorteile des Hybridantriebs müssen in einem guten Verhältnis zum hohen technischen Aufwand stehen, war eine Antwort.

Platz sei für eine Reihe von Zukunftstechnologien – doch könne man die Resultate der Forschung langfristig nicht vorhersagen, und daher auch nicht, welche Technologie sich durchsetzen werde. Darauf verwies Prof. Dr. h.c. Helmut List, Geschäftsführer der AVL List, kürzlich auf der diesjährigen Tagung „Motor und Umwelt“ in Graz, in deren Mittelpunkt das Hybridkonzept als Alternative zum hochflexiblen klassischen Antrieb stand. Zu berücksichtigen sei, so List, dass sich bei der Entwicklung neuer und alternativer Antriebstechnologien „der Wunsch nach einfachen Lösungen nicht erfüllen lasse“.
List beurteilt die Hybridtechnologie in der Kombination von Verbrennungsmotor und Elektromotor als eine Alternative zum klassischen Antrieb zurückhaltend. Die Vorteile des Hybridantriebes hingen von der Nutzung des Fahrzeuges ab. Er bringe Vorteile im Stop-and-go-Verkehr und Nachteile auf der Autobahn. Auch seien die Zusatzkosten „beachtlich“ und es stelle sich die Frage, wie hoch der Kraftstoffpreis sein müsse, um einen Anreiz zum Umstieg auf den Hybrid zu bieten, erklärte der Chef der AVL List, des nach eigenen Angaben weltweit größten privaten Unternehmens für die Entwicklung von Antriebssystemen mit Verbrennungsmotoren.
Längerfristig insgesamt nur bescheidene Anteile für Hybridfahrzeuge sieht auch Daniel Hancock von Fiat-GM Powertrain, wohl aber eine deutlich unterschiedliche Entwicklung in der Triade: Im Jahr 2010 werde diese alternative Antriebsform voraussichtlich nur 1,8 % des Weltautomarktes ausmachen. Einem geringen Stellenwert von 0,5 % in Europa wird ein Marktanteil von 5 % in Japan gegenüber stehen. Die USA lägen dann etwa in der Mitte dieser Bandbreite. Fünf Jahre später würde sich die Hybridnische am Weltmarkt auf 4 % erweitert haben – mit einem Anteil von 2 % in Europa und 13 % in Japan. Am US-Markt wird ihr Anteil geringfügig von 2 % auf 3 % zulegen, so Hancock.
Regionalspezifische Unterschiede im Absatz erklärt Oliver Lang, Spartenleiter Ottomotoren der FEV Motorentechnik, mit den verschiedenen Anforderungen der jeweiligen Märkte: „Ein Fahrzeug mit einer konzeptbedingt reduzierten Höchstgeschwindigkeit ist im Wettbewerberfeld auf europäischen Hochgeschwindigkeitsautobahnen im Nachteil“, sagte Lang.
Bemerkenswert sei laut Hancock die Kostenentwicklung: Mit der Fertigung großer Stückzahlen wird der Hybrid billiger, während sich der Dieselantrieb durch zunehmend aufwändigere Maßnahmen zur weiteren Emissionsabsenkung wie Partikelfilter, NOx-Nachbehandlung und Niedrigtemperaturverbrennung tendenziell verteuere. Voraussichtlich um das Jahr 2012 dürften die Kosten für beide Technologien sich annähernd gleichen. Im Gegensatz hierzu stiegen die Kosten für Ottomotoren durch Downsizing moderater.
Ähnlich schätzte Takehisa Yaegashi, Senior General Manager von Toyota, die Kostenentwicklung beim Dieselmotor ein. Deshalb hätte sich Toyota entschlossen, den Hybridantrieb in seiner Einführungsphase hauptsächlich mit dem Ottomotor zu kombinieren. „Auf diese Weise vermeiden wir eine Kumulierung der erhöhten Kosten des Dieselmotors mit den hohen Kosten für Hybridsysteme in der Anfangsphase“, so Yaegashi. Hinzu komme die begrenzte Akzeptanz des Dieselmotors in den USA und in Japan.
In dieselbe Kerbe schlägt Prof. Dr.-Ing. Peter Tenberge von der TU Chemnitz: „Der Dieselmotor ist für ein Fahrzeug die beste Antriebsquelle. Der Hybridantriebsstrang ermöglicht das beste Energiemanagement. Aus technischer Sicht wäre somit der Dieselhybrid die beste Option für künftige Fahrzeuge. Das scheitert momentan aber noch an den Kosten.“
Lieferfahrzeuge und Citybusse sind aus solchen Überlegungen ausgeklammert: Hier baut Toyota Dieselhybride ein, weil sich durch hohe Fahrleistung im Stadtverkehr, verbunden mit der Reduktion von Kraftstoffverbrauch und Emissionen, die höhere Investition für die Kunden rechne, erklärte Yaegashi.
Der auch längerfristig geringe Anteil von Hybridfahrzeugen relativiert die vordergründig beeindruckenden Kraftstoffeinsparungen, wenn man nicht das einzelne Fahrzeug, sondern die Flotte vergleiche, meinte Harald Krohm, Entwicklungsdirektor von Opel Powertrain. Er räumte ein, dass etwa der Verbrauchsvorteil durch das automatisierte Schaltgetriebe (ASG) „Easytronic“ beim 1,6-l-Benziner im Opel Astra gegenüber dem manuellen Getriebe nur bei 1,5 % liege und das gesamte Potenzial zur Verbrauchseinsparung im Triebstrangkonzept zwischen 2 % und 10 % liege. Das sei im Vergleich zu 20 % bis 30 % Einsparpotenzial beim hybriden Antriebskonzept wenig, so Krohm. Es dürfe indes nicht außer Acht gelassen werden, dass Hybridfahrzeuge 2015 in Europa nur einen Marktanteil von 2 % erreichen, während dann voraussichtlich rund 10 % der europäischen Pkw mit ASG ausgestattet seien. „Daraus ergibt sich für das ASG kurz- bis mittelfristig eine deutlich größere Hebelwirkung auf die Senkung des europäischen Flottenverbrauches als durch Hybridkonzepte“, resümierte Krohm.
Ein hybrides Konzept, das die Spitzenleistung des Ottomotors nicht reduziert und somit auch für den europäischen Markt attraktiv wäre, stellte Lang von der FEV vor: die Verbindung mit einem Elektromotor, die das Ansprechverhalten unterstützt, und einem geeigneten Kurzzeit-Energiespeicher mit hohem Wirkungsgrad. Auf diese Weise ließe sich deutlich Kraftstoff sparen sowie eine attraktive Anfahrdynamik und damit auch ein höherer Fahrkomfort erzielen, meinte Lang. Zudem würde sich durch eine nicht zu schwere Batterie das Fahrzeuggewicht nur mäßig erhöhen. Auch die Mehrkosten lägen im Bereich moderner Dieselmotoren.
Kostengünstiger sei die Ausschöpfung der Verbrauchspotenziale des Ottomotors durch Aufladetechnologien, Downsizing und variable Verdichtung, verbunden mit einfachen Hybridfunktionen wie Start/Stopp und Rückgewinnung der Bremsenergie, erklärte der FEV-Spartenleiter Lang. Demnach wäre die Hybridisierung eine Ergänzung – und nicht die Alternative – zu Downsizing-Konzepten.
Eine Lanze für den Dieselhybrid brach Karl Noreikat, der bei DaimlerChrysler die Abteilung Hybridantriebssysteme leitet. Er verwies darauf, dass durch die Hybridisierung von Ottomotoren zwar der Verbrauch auf das Niveau eines vergleichbaren Fahrzeugs mit heutiger Dieselmotoren-Technik sinke, doch der Verbrauch bei Dieselmotoren als Folge der immer strengeren Emissionsgrenzwerte und der hierdurch notwendigen Abgasnachbehandlung steigen werde. Letztlich würde jedoch laut Noreikat der Verbrauch von Dieselhybriden unter dem von Ottohybriden liegen und könnte die „ultimative Lösung“ sein.
PETER KUDLICZA/WOP

 

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