Handel vertrautder Marke Trix
Die Geschäftsentwicklung der Märklin Holding in Göppingen war im Geschäftsjahr 2000 nach längerer Zeit erstmals wieder rückläufig. Durch einen umfassenden Konzernumbau will der schwäbische Spielzeughersteller jetzt aber vom Wachstum des Marktes profitieren.
Wolfgang Topp, Geschäftsführer Marketing & Vertrieb der Märklin Holding GmbH, mußte diesmal auf der Jahres-Pressekonferenz ein negatives Resümee ziehen: „Märklin konnte die gesteckten Ziele im Jahr 2000 nicht erreichen.“ Nach einem deutlichen Wachstum in 1999 ging der Umsatz in 2000 von 319,7 Mio. DM auf nur mehr 288,1 Mio. DM zurück. Durch eine Verrechnung mit Gewinnrücklagen konnte die Holding dennoch ein leicht positives Ergebnis ausweisen.
Mit diesem Ergebnis ist Topp aber nicht unzufrieden, denn im gleichen Zeitraum mußte die gesamte Spielwarenbranche einen wesentlich deutlicheren Umsatzeinbruch um rund 1 Mrd. DM hinnehmen. Für das laufende Jahr ist wieder Land in Sicht: „Zum Anfang des 4. Quartals läßt sich feststellen, dass wir auf den Wachstums- und Gewinnkurs zurückkehren.“
Er begründet dies unter anderem mit Optimierung im Kostenmanagement. So hat Märklin SAP eingeführt und die Mitarbeiterzahl nach umfassender Rationalisierung deutlich reduziert. Sie sank im Inland von 1842 auf 1644 und im Ausland von 386 auf 376. Die Produktion wurde umstrukturiert: Die Fertigung in Nürnberg hat die H0-Lokomotiven aus Kapazitätsgründen nach Göppingen abgegeben, behielt aber die Konstruktionskompetenz in den Spurweiten H0 und N. Göppingen ist nun digitales Entwicklungszentrum und beheimatet die Lokfertigung mit Zink-Druckguss-Metall-Kompetenz. Im ungarischen Györ wurden die Blechverarbeitung, die lohnintensive Zubehörproduktion und die Fertigung der Einsteiger-Startpackungen angesiedelt. In Sonneberg konzentriert sich die Kunststoff-Kompetenz mit der Wagen- und C-Gleis-Fertigung. Inzwischen kann das Unternehmen wieder Neueinstellungen vornehmen – sehr gefragt sind laut Topp versierte Facharbeiter für Konstruktion und Werkzeugbau.
Neben der Umstrukturierung machte Märklin auch die Beschaffung von Elektronik-Komponenten erheblich zu schaffen und führte zu dramatischen Verzögerungen bei der Einführung neuer Modelle. „Wir sind heute sehr viel mehr auf hochwertige Elektronikbauteile angewiesen und stehen hier als kleiner Bauteile-Abnehmer im harten Wettbewerb mit den Handy-Herstellern,“ resümiert Topp, „weshalb wir nicht vorhersehbare Lieferzeiten von bis zu 40 Wochen hinnehmen mussten.“
Sehr zufriedenstellend lief letztes Jahr das Exportgeschäft. Durch erhöhte globale Präsenz des Unternehmens und durch die gezielte Vermarktung von länderspezifischen Modellen ist der Exportanteil von 24 % auf 27,1 % gestiegen. Außerdem betreibt das Unternehmen einen konsequenten Ausbau der Modellbahn-Basiselemente als Weltmarktprodukte, wie beispielsweise der Vermarktung der aktuellen C-Gleise und der seit 1990 konsequent forcierten Digitalisierung.
Das derzeitige Modell-Highlight im klassischen Maßstab 1:87, der amerikanische BigBoy, hat 7 digitale Sonderfunktionen und eine realitätsnahe Geräuschelektronik. Die größte je von Märklin gebaute H0-Lok ist 46,5 cm lang und wiegt stattliche 1,2 Kilo.
Aber auch das Vorserienmuster der vollständig in Györ entwickelten Schnellzug-Dampflok S3/6 (Baureihe 18) im Gartenbahn-Maßstab 1:32 machte in Frankfurt einen guten Eindruck.
Die hoch detaillierte Maxi-Lok wird aus Stahlblech gefertigt, ist 67 cm lang und hat eine aufwändige Geräuschelektronik.
Der Anteil der neuen Modelle hat sich bei Märklin in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht und liegt jetzt bei 60 % des Umsatzes. Mit dem Abschluß der Reorganisationsmaßnahmen ist Topp für die nahe Zukunft sehr zuversichtlich: „Wir planen für 2001 in der Holding ein Umsatzwachstum von mindestens 10 %.“ Und für die Zukunft sieht er in der gesamten Branche durchaus Aufhol-Potenzial, denn der Spielwarenmarkt hatte 2000 nur ein Volumen von 6,23 Mrd. DM, während Kinder bis zum Alter von 15 Jahren laut Topp immerhin über ein Einkaufsvolumen von stattlichen 20 Mrd. DM verfügten, von dem die Branche seines Erachtens durch zukunftsweisende Produkte durchaus partizipieren kann.
PETER PERNSTEINER
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