Gekröpfter Pleuel hilft Kraftstoff sparen
VDI nachrichten – Hallo Brummi, sparsame Fahrt! Ein Spediteur und die VDI nachrichten testen einen Motor mit gekröpftem Pleuel, Spitzname »Knickpleuel«. Er soll den Dieselkonsum der Brummis deutlich senken. Es klappt, bestätigt die Spedition, deren Lkw jetzt mit 28 l/100 km ganze 6 l Diesel weniger verbraucht. Auch auf dem Rollprüfstand hatte der Lkw mit Knickpleuel-Motor die Nase vorn.
Den Spediteuren in Deutschland steht das Wasser bis zur Oberkannte Unterlippe. Die kostengünstiger fahrende Konkurrenz aus dem Ausland bremst sie im Wettbewerb um Fracht immer häufiger aus. Die Ökosteuer hat die Kraftstoffpreise nach oben katapultiert.
Die europaweiten Proteste der Spediteure vor drei Jahren haben den deutschen Truckern nichts gebracht. Da hatten ihre Konkurrenten in den EU-Nachbarländern mehr Glück. Deren Regierungen ist es auch weiterhin gestattet, den Lkw-Dieselkraftstoff zu subventionieren. Im Gegenzug darf die deutsche Bundesregierung mit der milliardenschweren Subventionspolitik des Steinkohlebergbaus fortfahren. »Verstehe das wer will!«, stöhnt Reinhold Streng, Spediteur aus Eltmann bei Bamberg, kopfschüttelnd. »Jetzt kommt auch noch die Lkw-Maut, die wir für unsere Kunden vorzufinanzieren haben. Wir brauchen Technik, die uns hilft, Kraftstoff zu sparen«, erklärt er gegenüber den VDI nachrichten, »Technik wie die Winkelpleuel im 460-PS-Sechszylinder meiner 40-t-Zugmaschine, die im Speditionsbetrieb über 8000 km statt 37 l nur noch 28 l je 100 km verbrauchte.«
Spediteur Streng setzt auf die Winkelpleuel-Konstruktion, auch gekröpfter Pleuel oder Knick-Pleuel genannt, deren Erfinder Siegfried Meyer aus Nördlingen ist. Die VDI nachrichten berichteten über diese Entwicklung in ihrer Ausgabe Nr. 24/02. Die Reaktion der Leser war spontan und überwiegend kategorisch: Wie bei der geraden ändere sich auch bei der gekröpften Pleuelstange das Stichmaß zwischen den Pleuelaugen nicht. Somit sei auch kein Wirkungsunterschied zu erwarten. Die Kraft werde stets auf der Mittellinie zwischen beiden Pleuelaugen übertragen, egal welche Form der Pleuel habe, hieß es. Einzelne Motorenbauer wiesen darauf hin, dass sich durch den veränderten Massenschwerpunkt des Winkelpleuels, der jetzt außerhalb (exentrisch) der Lagermitten-Verbindungsgeraden liegt, nur dann eine Verbrauchsverbesserung ergeben könne, wenn die Reibungskräfte insgesamt verringert würden.
Da nach Albertus Magnus das Experiment allein Gewissheit gibt, wollten wir es wissen. Denn gegen alle Schulmeinung und Erfahrung wurden Verbrauchsergebnisse präsentiert, die glaubhaft erschienen. So kauften die VDI nachrichten von MAN einen Gebrauchtmotor mit einer Laufleistung von 160 000 km. Es ist der baugleiche 12,8-l-Sechszylinder-Reihenmotor (460 PS/338,3 kW), den die Spedition Streng-Trans testete, allerdings in Vierventil-Technik. Die von Siegfried Meyer zur Verfügung gestellten Winkelpleuel waren im Augenabstand 1 mm kürzer als die Original-Pleuel (hauptsächlich um Ventilaufsetzer zu vermeiden). Ihr Gewicht mit Lagern war etwas geringer (ca. 80 g). Der nur grob ermittelbare seitliche Versatz der Schwerpunktlage beträgt etwa 2 mm in Kröpfungsrichtung. Wegen der geänderten Pleuelbahn erhielten die Zylinderlaufbuchsen eine Aussparung in Kröpfungsrichtung. Die Einspritzung des Motors wurde nach früh verstellt: Die Kraftstoffeinspritzung beginnt beim Winkelpleuel-Motor bei 6 Grad vor OT bei der Serieneinstellung hingegen bei 4 Grad nach OT (oberer Totpunkt des Kolbens).
Das im Vergleich zum Original um 1 mm verkürzte Stichmaß der Pleuelaugen führt zu einem gesenkten Verdichtungsverhältnis. Somit ist ein direkter Vergleich mit dem Serienmotor nicht möglich, um einen Wirkungsunterschied festzustellen. Deshalb wird das 460-PS-Triebwerk mit den selben Motoreinstellungen in zweifacher Bestückung auf dem stationären Prüfstand gefahren: sowohl mit dem Winkelpleuel als auch mit dem um 1 mm verkürzten Original-Pleuel.
Der Praxisversuch hat Spediteur Streng davon überzeugt, dass im Winkelpleuel Potenzial zum Kraftstoffsparen steckt. Der Einwand, die Spritzbeginn-Verstellung auf 6 Grad vor OT könnte bei einem Serienmotor die gleichen Resultate bringen, ließ ihm keine Ruhe. Streng schickte einen Serien-MAN 26.463 (460-PS-Zweiventiler, Einspritzbeginn 4 Grad nach OT) auf die Rolle und anschließend dann den gleichen Lkw mit dem auf 6 Grad vor OT veränderten Spritzbeginn.
Der Vergleich der auf dem Rollprüfstand erzielten Ergebnisse zeigte, dass sich die Leistung des Lkw mit dem Winkelpleuel-Motor der VDI nachrichten (MAN 26.464, Vierventiler, alle drei Lkw-Fahrten mit 463er Steuergerät) deutlich von der des Serienmotors mit verändertem Einspritzbeginn unterschied. Seine Norm-Leistung war mit 379 kW (515,4 PS) um 31,6 kW (43 PS) und sein max. Drehmoment mit 2298 Nm um 219 Nm höher. Auch bei der Messung des max. und des spezifischen Kraftstoffverbrauchs war er sparsamer, wenn auch nur leicht.
Exakte Messergebnisse lassen die stationären Prüfstandsfahrten erwarten. Insbesondere auch bezüglich der Abgaswerte für NOx und Partikel. Mit dem Trilemma NOx- und Partikel-Emission sowie Kraftstoffverbrauch haben die Motorenentwickler schon lange zu kämpfen. Alles gleichzeitig reduzieren geht nicht. Beim Unterschreiten der obligatorischen Abgasgrenzwerte kommt es auf das Geschick der Ingenieure an. Die Spediteure wiederum sehen nur die Betriebskosten, sie verlangen einen geringen Kraftstoffverbrauch.
Im Kampf um die Konkurrenzfähigkeit zählt jeder gesparte Liter Diesel. Dass ein Sparpotenzial im Gasfuß des Truckers steckt, ist für Wilhelm Schilling eine Binsenweisheit. Der Ingenieur für Maschinenbau und Verfahrenstechnik aus dem westfälischen Lünen und erfolgreicher Unternehmer in der Altöl-Regeneration verspricht sich von der Technik einen größeren Beitrag zur Reduzierung des Dieselkonsums des Lkw. Schilling, der seit 30 Jahren der Coesfelder Spedition Tersteeg als technischer Berater zur Seite steht, ließ nicht locker, bis er ebenfalls für einen 12,8-l-MAN-Sechszylinder (463-Zweiventiler, 460 PS) einen Satz Winkelpleuel geliefert bekam.
Im Testeinsatz bei der Spedition Tersteeg bestätigte dieser Winkelpleuel-Versuchsmotor die Verbrauchswerte von Streng-Trans. Nach 13 000 km im Transportbetrieb verbraucht er mit 28 l/100 km 6 l weniger als der Serienmotor. »Manipulieren ist da nicht drin«, so Schilling gegenüber den VDI nachrichten. »Alle 40 Lkw der Spedition Tersteeg verfügen über verschlossene 1000-l-Tanks. Autorisierte Tankstellen im Ausland übernehmen, wenn nötig, das Nachtanken und der Dieselverbrauch wird in der Spedition statistisch erfasst. Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch unserer Lkw von 34 l/100 km ist an sich schon ein guter Wert. Die Einsparung durch den Einbau der Winkelpleuel von mehr als 17 % ist überraschend hoch«, so Schilling.
Eine so große Verbrauchsminderung bewirkt eine beträchtliche Kostenentlastung. Spediteur Streng machte das am Beispiel eines 40-Tonners deutlich: Im Einschichtbetrieb bringt es der Lkw auf eine Jahresfahrleistung von etwa 150 000 km. Werden 6 l/100 km weniger verbrannt, verbraucht der Lkw jährlich 9000 l weniger Diesel. Bei einem Netto-Preis von rund 0,70 d/l könnten somit die jährlichen Betriebskosten eines Lkw um etwa 6300 d reduziert werden.
Zu schön, um wahr zu sein gibt es irgendeinen Haken, etwas, das übersehen wurde? Gibt es Wirkungsunterschiede zwischen gekröpftem und geradem Pleuel, die unter den selben Testbedingungen auch auf dem stationären Prüfstand nachweisbar sind? Sind dort auch die niedrigen Verbrauchswerte im Speditionseinsatz reproduzierbar? Welche NOx- und Partikel-Belastung birgt die Rohemission? Wir bleiben auf dem Gas die Berichterstattung wird fortgesetzt.
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