Felix Wankel ließ vor 50 Jahren erstmals den Kolben kreisen
VDI nachrichten, Düsseldorf, 18. 6. 04 -Vor 50 Jahren erkannte Felix Wankel erstmals die Möglichkeit, einen „Rotationskolbenmotor“ im Viertakt laufen zu lassen. 1964 lief mit dem NSU Spider das erste Wankelauto vom Band, drei Jahre später folgte der legendäre Ro 80 mit dem ersten Zweischeiben-Kreiskolbenmotor. Doch aus Wankels Idee wurde nach anfänglichem Linzenz-Höhenflug lediglich ein weiteres Kapitel Technikgeschichte.
Die Idee eines Motors aus kraftabgebenden rotierenden Bauteilen ist sehr alt. Sie führte zu Schöpf- und Mühlenrad und schließlich zu Wasser- Dampf- und Gasturbine. Felix Wankel (13.08.1902 – 9.10.1988) schwebte ein Verbrennungsmotor vor, dessen rotierende Teile zu einer Verdichtung mit anschließender Hochdruckverbrennung fähig waren. Auch da hatte er Vorläufer, die zumeist nur auf dem Papier existierten. Wankels Verdienst war es, diese Lücke in vielen Jahrzehnten geschlossen zu haben. Doch er betrachtete das anfänglich als Nebenaufgabe.
Die Entwicklung eines echten Verbrennungsmotors mit rotierendem Kolben rückte erst mit dem Kontakt zu NSU im Jahr 1951 näher. Am 13. April 1954 erkannte Wankel erstmals die Möglichkeit, einen „Rotationskolbenmotor“ im Viertakt laufen zu lassen.
NSU war Anfang der 50er Jahre zum größten Motorradhersteller der Welt aufgestiegen. Doch der Motorradboom begann schon 1955 zu bröckeln, um dann in bodenlose Tiefe zu stürzen. Auch der Übergang zum Automobilbau konnte NSU letztlich nicht retten.
Wankel gelang es seine Partner in Neckarsulm für die Idee des Drehkolbenmotors zu gewinnen. In zahlreichen Versuchen entstand allmählich der „echte“ Motor, der am 1. Februar 1957 erste Rülpser von sich gab. Die ersten Wankel-Motoren von NSU besaßen um den dreieckigen Kolben einen Innenläufer, der die ganze Konstruktion komplizierte. Daraus entstand in der Folgezeit der Kreiskolbenmotor (KKM) in seiner jetzigen Form.
NSU stellte diesen Motor, den KKM 250, erstmals am 19. Januar 1960 bei einem VDI-Symposium im Deutschen Museum, München, vor – und löste damit nahezu eine Revolution aus. Doch erst Ende 1964 lief mit dem NSU Spider, einem zweisitzigen, kleinen Sportauto, das erste Wankelauto der Welt vom Band. Drei Jahre später folgte der legendäre Ro 80 mit dem ersten Zweischeiben-Wankelmotor (85 kW/115 PS).
Aber noch immer krankte der Motor an der Abdichtung. Die Dichtleisten aus Stahl hinterließen nach viel zu kurzer Laufzeit Rattermarken im Gehäuse, bis sie schließlich ausbrachen. Daran krankten auch die Motoren der Lizenznehmer, so dass die theoretisch möglichen extrem hohen Drehzahlen – im Versuch bis 22 000 min-1 – reine Theorie blieben. Erheblich leichtere Kohlenstoffleisten sowie geänderte Dichtleistenkonstruktionen konnten jedoch das Problem nicht endgültig lösen.
Hier muss auch zweier Männer gedacht werden, die für die Durchsetzung der Wankel-Idee Entscheidendes geleistet haben. Arthur Westrup, langjähriger Werbe- und Pressechef der NSU, hielt das Unternehmen mit seinen gekonnten, witzigen Ideen bis zum Schluss buchstäblich am Leben. Ihm ist es zu danken, dass NSU in der öffentlichen Meinung ein sehr hohes Image besaß. Der zweite war Ernst Hutzenlaub, ein begnadeter Verkäufer. Er gründete mit Wankel zusammen 1957 die Wankel GmbH. Ihm vor allem gelang es, ab 1958 insgesamt 27 Lizenzen und vier Unterlizenzen an Motorenhersteller in aller Welt zu verkaufen, sogar an den Automobilbau der DDR.
Für NSU blieb der erhoffte finanzielle Erfolg aus. Statt dessen grüßten sich die Ro 80-Fahrer mit erhobenen Fingern, deren Zahl die Anzahl der auf Kulanz gewechselten Motoren kennzeichnete. 1969 schließlich übernahm der VW-Konzern die angeschlagene, dank Westrup zu hoch gehandelte Firma und gliederte sie bei Audi ein. Das Interessante: VW gehörte zu den ganz wenigen Autoherstellern, die keine NSU/Wankel-Lizenz erworben hatten. Die Ingenieure in Wolfsburg hatten in den Wankel-Euphorie-Jahren ganz andere Sorgen – die Verkäufe des Käfers mit seinem luftgekühlten Boxermotor im Heck begannen zu bröckeln, bis auch VW in der Krise steckte.
Alle Versuche, den Wankelmotor zu verdieseln, schlugen fehlt. Das Prinzip mit dem kreisenden Kolben ließ sich nicht zu einer dem Diesel gemäßen Brennraumform bewegen. Wer die Brennräume moderner Dieselmotoren kennt, wird verständnisvoll mit dem Kopf nicken. Der „gute alte“ Hubkolbenmotor, im Lauf seiner Geschichte mehrfach totgesagt, dominiert uneingeschränkt den Automobilantrieb. Sein Entwicklungspotenzial ist auch heute noch nicht erschöpft.
Damit wäre das Wankel-Kapitel beendet, wenn der japanische Autohersteller Mazda der Idee nicht mit unglaublicher Zähigkeit treu geblieben wäre. In mühsamster Kleinarbeit wurden die Mängel des Wankelmotors in vielen Jahren ausgemerzt, bis ein in der Zuverlässigkeit dem Hubkolbenmotor ebenbürtiges Aggregat entstand.
Die extrem ungünstige Brennraumform, den hohen Kraftstoffverbrauch und damit den zu niedrigen Wirkungsgrad konnte auch Mazda nicht beseitigen. Das wird wohl für immer das negative Wahrzeichen des Wankelmotors bleiben. Die anfängliche Euphorie über den Motor mit den nur wenigen bewegten Teilen und seinem turbinengleichen Rundlauf ist längst verflogen. Die Enthusiasten wurden vom Alltag schnell wieder eingeholt. CHRISTIAN BARTSCH/WOP
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