Europas Hersteller entwickeln Hybridantriebe
VDI nachrichten, Düsseldorf, 28. 9. 07, wop – Der Hybridantrieb feiert bei Toyota sein zehnjähriges Jubiläum. Mehr als 1 Mio. Hybridautos wurden in dem Zeitraum verkauft. Sie sind immer noch ein Nischenprodukt, doch jetzt setzen auch die Hersteller in Europa auf den umweltfreundlichen Antrieb. Ob Diesel- oder Benzinhybrid, ab 2009 sollen ihre ersten Hybride auf den Markt rollen.
Jahrelang haben die europäischen Autohersteller sich eher spöttisch über den Hybridantrieb geäußert: Man wolle keine zentnerschwere Batterie mitschleppen und brauche auch keinen zweiten Motor an Bord. Erfolgversprechender sei die Entwicklung und weitere Verfeinerung des Dieselmotors. Derweil hatte man bei Toyota und in bescheidenerem Maße auch bei Honda längst Systeme zur Serienreife gebracht, die durch die Kombination von Otto- und Elektromotor, Rückgewinnung von Brems- und Schubenergie sowie Start-Stopp-Automatik deutliche Verbrauchsvorteile vermelden konnten.
Namentlich in Japan und Nordamerika, wo der Dieselmotor bis vor kurzem immer noch als lahm, laut und stinkend angesehen wurde, erzielten die Hybridmodelle nennenswerte Verkaufserfolge. Toyota feiert übrigens in diesem Jahr das zehnjährige Jubiläum des ersten Prius.
Nun hat es keineswegs der alarmierenden Klimadiskussion dieses Frühjahrs bedurft, um die Europäer aufzuschrecken. Peugeot und Citroën, die schon mit dem Partikelfilter eine Vorreiterrolle eingenommen hatten, führten schon im vergangenen Jahr kompakte Dieselhybrid-Entwicklungen vor, die bis zum Ende dieses Jahrzehnts serienreif sein sollen. Nun aber geben auch alle anderen ihre vornehme Zurückhaltung auf und präsentieren den Stand ihrer Hybridtechnologie, selbst wenn sie vor allem Zukunftsmusik bedeutet.
Den ersten Baustein, der eigentlich noch gar kein Hybrid ist, ist die Start-Stopp-Automatik. Auch sie haben die Franzosen bei Citroën schon ohne großes Aufsehen Anfang 2006 in den Handel gebracht.
Nun kommt Smart ab Mitte Oktober mit einem riemengetriebenen Starter-Generator des Zulieferers Valeo, der gleichzeitig als Lichtmaschine und Anlasser dient. Smart nennt das System etwas vollmundig Micro Hybrid Drive (mhd). Zunächst wird es mit dem 1,0-l-Dreizylinder-Benziner (52 kW) kombiniert, den Smart von Mitsubishi bezieht. Der Motor geht aus, sobald das Auto steht und springt wieder an, wenn der Fahrer den Fuß vom Bremspedal nimmt. Nach der Norm ergibt sich daraus eine Einsparung für den Smart Fortwo „mhd“ von 8 %, der Gesamtverbrauch („insgesamt“) sinkt von 4,7 l/100 km um 0,4 l auf 4,3 l/100 km (103 g CO2/km).
Mit solchen Einsparungen will sich Porsche am anderen Ende des Pkw-Angebots auf dem deutschen Markt nicht zufrieden geben, obwohl die Zahlen angesichts der Verbrauchswerte von Cayenne (3,6-l-V6; 213 kW) im Stadtverkehr 18,3 l/100 km) und dem angekündigten viertürigen Coupé Panamera durchaus nennenswert wären. Porsche macht in Zusammenarbeit mit VW (zunächst für den Touareg) und Audi (als Erstes für den Q7) Nägel mit Köpfen und hat einen sogenannten Vollhybrid entwickelt.
Die Kernstücke sind ein Elektromotor (38 kW), eine Nickel-Metall-Hydridbatterie sowie ein Steuergerät von Bosch, das als Hirn des Ganzen die Kraftströme steuert. Von rund 150 kg Mehrgewicht entfällt die Hälfte auf den Stromspeicher in der Reserveradmulde. Eine in absehbarer Zeit einsatzfähige Lithium-Ionen-Batterie würde die Belastung noch einmal halbieren.
Natürlich enthält auch dieses System eine Start-Stopp-Automatik darüber hinaus wird der Verbrennungsmotor im Schub ausgeschaltet. Diesen Fahrzustand nennen die Porsche-Ingenieure „Segeln“, weil keine Energie eingesetzt wird. Der Hybrid-Cayenne kann elektrisch fahren und gewinnt Bremsenergie zurück.
Weil die 11 km lange Strecke zur Ermittlung des Normverbrauchswerts praxisfremd ist – sie enthält keine Steigungen und Gefälle und nur einen geringen Autobahnanteil – bedient sich Porsche eines „Stuttgart-Zyklus“. Er ist 64 km lang, wird mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 46 km/h durchfahren, enthält eine Höhendifferenz von 460 m und einen Autobahnanteil von einem guten Drittel.
Auf dieser Strecke wurden beachtliche Werte gemessen. So ist der Verbrennungsmotor nur während 38 % der Fahrt in Betrieb, 15 % der Zeit steht das Fahrzeug, 17 % nutzt es den Elektromotor und 30 % bewegt es sich im Schub. Auf diese Weise ergaben Tests Einsparungen von 3 l, von denen 1 l auf die Wiedergewinnung der Bremsenergie entfalle, so Porsche. Nach dem aktuellen Entwicklungsstand verbrauche ein Cayenne 9,9 l/100 km statt 12,9 l/100 km, bis zur Serienreife will man im Entwicklungszentrum Weissach durch Feinarbeit noch einen weiteren Liter gutmachen – das entspräche einer Verbrauchssenkung um 31 %. BERND-WILFRIED KIEßLER/WOP
Das Buch zum Thema: Lang, Thomas: „Hybrid – Zukunft, die heute schon fährt“. Heel Verlag, Königswinter, 2007. ISBN: 978-3-89880-825-5. Ca. 176 S. rd. 300 farb. Illustrationen, 29,90 €. Ein Buch, das alle Aspekte der Hybridantriebstechnik aufschlussreich und lehrreich beleuchtet. Ausführliche Erklärungen der Grundlagentechnik gehören ebenso dazu, wie die Beschreibung der ersten Entwicklungsschritte bis hin zur Serienproduktion von Hybridfahrzeugen. WOP
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