Der Kunde ist König – weltweit
VDI nachrichten, Düsseldorf, 4. 4. 08, jul – Einfach nur „Licht fürs Auto“ fertigt die Firma Hella aus Lippstadt schon lange nicht mehr. Ihre Fahrerassistenz-Systeme sollen in Zukunft vor allem die Verkehrssicherheit erhöhen. „Und das nicht nur bei Wagen der Oberklasse, sondern auch serienmäßig bei weniger teuren Autos“, hofft Jürgen Seuss, der bei Hella für die Produktkoordination dieser Systeme zuständig ist und für ihren Vertrieb rund um die ganze Welt reist.
Seit mehr als 100 Jahren sammelt das westfälische Unternehmen bereits Erfahrung auf dem Markt für Lichtsysteme in der Automobilbranche und gehört heute zu den 50 weltweit größten Automobilzulieferern. Dabei geht es bei Hella seit geraumer Zeit nicht mehr nur um bessere Scheinwerfer zum Fahren bei Nacht. Heute entwickeln Ingenieure dort u. a. technische Lösungen, die Autofahrern helfen sollen, unterschiedliche Fahrsituationen besser zu bewältigen. Dazu dienen die Fahrerassistenz-Systeme.
Wenn Jürgen Seuss über seine Produkte spricht, hört sich alles ganz einfach an: „Stellen Sie sich vor, sie fahren auf der Autobahn und wollen die Spur wechseln, aber von hinten kommt jemand. Dann warnt sie ihr Auto: Es blinkt, es summt oder das Lenkrad vibriert.“ Klingt ganz simpel – doch hinter diesem praktischen Vorgang steht hochentwickelte Technik.
„In diesem Fall kommt 24-Giga-Hertz-Technologie zum Einsatz“, so Seuss. „Die Radarsysteme am Auto erkennen Verkehrsteilnehmer, die sich hinter dem oder seitlich vom Fahrzeug befinden.“ Für Kenner ist so ein Spurwechselassistent schon lange nichts Besonderes mehr. Hella liefert das System bereits seit 2005 in Serie, so beispielsweise an Audi, VW und Mazda.
„Dennoch wissen viele Verbraucher gar nicht, was im Bereich der Fahrerassistenz-Systeme alles möglich ist“, bedauert Seuss. Der 39-Jährige spricht aus Erfahrung, denn er bereist die ganze Welt, um die großen Automobilhersteller von den Produkten des Lippstädter Unternehmens zu überzeugen.
„Früher stand der Komfort im und am Fahrzeug im Mittelpunkt“, erinnert sich Seuss, der seit dem Jahr 2000 bei Hella arbeitet und nach einigen Karrierestationen nun seit zwei Jahren Leiter der Produktkoordination für Fahrerassistenz-Systeme ist. Mittlerweile sei die Verkehrssicherheit in den Mittelpunkt der Weiter- und Neuentwicklung dieser Systeme gerückt.
„Zu unserem Technologie-Portfolio gehören dabei neben der 24-GHz-Radarsensorik das so genannte Lidar-System, das mit Lasermesstechnik arbeitet, sowie kamera- und bildverarbeitungsbasierte Systeme und Ultraschalltechnologie“, erläutert Jürgen Seuss und verweist darauf, dass vor allem eine Kombination dieser Technologien die Zukunft bestimmen werde.
Serienmäßig liefert das Unternehmen Hella, bei dem fast 3000 Ingenieure und Techniker konzernweit in den Bereichen Forschung und Entwicklung arbeiten, den Spurwechselassistenten, so genannte Rückfahrkameras, die beim Einlegen des Rückwärtsgangs ein Bild der rückwärtigen Ansicht im Display anzeigen, und das Abstandsregelsystem ACC (Adaptive Cruise Control). Noch in der Entwicklung sind Systeme, die bei unbeabsichtigtem Spurwechsel – z. B. durch Einschlafen am Steuer – warnen. Erklärtes Ziel ist es, ein Pre-Crash-System zu realisieren.
„So ein System fasst die Informationen verschiedener Sensoren zusammen“, erläutert Seuss. „Erkennt es ein Ziel, bei dem die Wahrscheinlichkeit hoch ist, mit ihm zu kollidieren, werden alle passiven Sicherheitssysteme wie Gurte, Sitzposition, Airbags in Alarmbereitschaft versetzt.“
„Nein, ich quäle sie jetzt nicht mit weiteren technischen Details“, lacht Seuss und gibt damit eine seiner großen Stärken als Vertriebsmann preis: „Ich muss mich schnell und unkompliziert auf die jeweilige Erwartungshaltung meines Gegenübers einstellen können.“ Und dazu gehört es vor allem auch, komplizierte technische Sachverhalte einfach und verständlich zu erläutern und dabei nicht aus dem Blick zu verlieren, den Gesprächspartner vom Nutzen und der Notwendigkeit der Produkte zu überzeugen.
„Man darf vor allem nicht arrogant wirken“, so Seuss“ Erfahrung, die er besonders immer wieder auf dem asiatischen Markt macht. Fast 40 % seiner Arbeitszeit verbringt er im Ausland. „Zum größten Teil bei den großen Automobilherstellern in Asien und USA“, erklärt er. Emotionale Intelligenz sei vor allem in Asien gefragt. Seuss: „Viele akademisch gebildete Leute sprechen dort immer noch nur wenig oder sehr schlecht Englisch.“ Da müsse er oft am Gesichtsausdruck deuten, ob die Stimmung freundlich und entspannt oder eher skeptisch und distanziert sei. Für den Rest müsse man dann dem Dolmetscher vertrauen.
Ausgeprägte Kundenorientierung sei seine Devise, wenn es darum gehe, mit den Eigenarten seiner Geschäftspartner klarzukommen. „Ich habe dort schon Dinge gegessen, von denen ich gar nicht wissen möchte, was es war“, schmunzelt er. Außerdem komme man um den obligaten Besuch in der Karaoke-Bar nicht herum. Oft geht der Einsatz auch bis an die körperlichen Grenzen. „In Washington haben wir auf dem Parkplatz eines Stadions den Kongressabgeordneten unsere Systeme präsentiert. Es war August mit 40° C im Schatten, sodass Kollegen nach der Vorführung aus Spaß Spiegeleier auf dem Asphalt gebraten haben“, erinnert sich Seuss.
„Der Markt im Bereich der Fahrerassistenz-Systeme ist hart umkämpft“, weiß er und ist deshalb hoch motiviert, seinen Anteil zum Erfolg Hellas beizutragen. „Dazu gehört nicht nur, unsere Produkte beim Kunden anzubieten, sondern genau zuzuhören, was der Kunde wünscht und diese Anfragen mit nach Lippstadt zu bringen.“ Genau das sei das Reizvolle an seinem Job. „Ich sehe mich als Schnittstelle zwischen den Kunden und unseren Experten in den Abteilungen wie Marketing, Vertrieb und Entwicklung.“ BEATE PELZ
Die Verkehrssicherheit hat Priorität
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