Bootsbauer melden starken Wind von achtern
Wassersportfreunde werfen am Rhein wieder Anker. Vom 20. Januar an werden auf der „boot 2001“ in Düsseldorf aber nicht nur Segler und Motorsport- Enthusiasten auf ihre Kosten kommen.
Ein stetiger Wind von achtern; dazu glatte See, denn Wellentäler bremsen die Fahrt – so haben es Segler am liebsten. Ideale Bedingungen scheint es derzeit aber auch an Land zu geben. Während die Freizeitflotte an der Küste und im Binnenland noch im Winterlager ausharrt, blicken die deutschen Bootsbauer und Zulieferer bereits auf die nächste Saison und vermelden Rückenwind für die Branche. Ob sich die überwiegend positiven Erwartungen der Unternehmen erfüllen, wird sich bereits Mitte Januar zeigen: Die boot 2001 vom 20. bis 28. Januar ist nicht nur Europas größte Wassersportmesse, sondern gilt auch als Gradmesser für das Wohl und Wehe der wassernahen Wirtschaft.
Seitdem die Evolution auf dem Wasser vom hölzernen Einbaum zur modernen GFK-Yacht geführt hat, gelten die wesentlichen Erfindungen für den Wassersport als gemacht. Da muss es schon ein grandioser Marktauftritt sein, wie ihn Volkswagen im vergangenen Januar in Düsseldorf lieferte, um die Branche aufhorchen zu lassen. Inzwischen schaut die Konkurrenz allerdings nicht mehr auf die Bootsmotoren, die VW überraschend in den Markt einführen wollte. Mit einem leichten Lächeln suchen die Mitbewerber nun vielmehr die Boote, in die Maschinen eingebaut werden sollen.
Auch wenn es in diesem Fall nicht ausgeschlossen ist, dass sich die hoch gesteckten Erwartungen eines einzelnen Herstellers nicht erfüllen, blicken die meisten Unternehmen frohen Mutes auf den Markt. 86 % erwarten gleiche oder bessere Umsätze als im Jahr 2000, wobei es die Segelboot-Hersteller besser haben als die Motorboot-Verkäufer. Denen sind nicht nur die rasant gestiegenen Spritpreise aufs Gemüt geschlagen, sondern auch die Euro-Schwäche. Motorboote bis zu einer Länge von 12 m werden überwiegend aus den USA und Großbritannien importiert und kommen deshalb nur mit den entsprechenden Teuerungszuschlägen auf den Markt. Dass die Nachfrage dennoch stieg, gilt als eindeutiges Indiz für das wachsende Interesse der Deutschen am Wassersport.
Dennoch navigieren die deutschen Segelbootswerften lieber in ausländischen Revieren. Im Vergleich zur Saison 98/99 stiegen die Exporte um knapp 110 % der Gesamtabsatz im In- und Ausland soll sich in 2001 nach Angaben des Bundesverbandes der deutschen Wassersportwirtschaft (BVWS) um rund 10 % erhöhen. Offensichtlich haben die deutschen Werften damit gegenüber der ausländischen Konkurrenz aufgeholt. „Sie haben den Sprung zur kostengünstigen industriellen Produktion geschafft und damit ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zurückgewonnen“, stellt BVWS-Geschäftsführer Jürgen Tracht fest. Nicht jeder Käufer einer neuen Yacht wird sich durch diese Worte getröstet fühlen. Die meisten Hersteller haben ihre Kapazitäten in den zurück liegenden Jahren soweit zurückgefahren, dass nun in Boom-Perioden Lieferzeiten von bis zu zwei Jahren nicht ausgeschlossen sind.
Statt sich die Neuheit aus der Werft zu holen, investieren viele Eigner lieber in ihr altes Schätzchen. Besonders gefragt ist hochwertige Kommunikations-, Navigations- und Sicherheitsausrüstung. Der Spott über die „Knöpfchen-Segler“ ist längst der Faszination durch moderne Technik gewichen. Wenn es dann auch noch bequemer als bisher wird, leuchten des Wassersportlers Augen: Ausgeklügelte Heiz- und Kühltechnik steht auf der Wunschliste ganz oben, weil sie die Lebensqualität an Bord beträchtlich erhöht.
Die deutschen Händler allerdings blicken sorgenvoll zum Himmel, wenn das Stichwort Technologie fällt. Sowohl durch das Internet als auch den Versandhandel geraten sie in Gefahr, dass ihnen das Wasser abgegraben wird. Immer mehr Kunden lassen sich zwar im Fachhandel beraten, ordern dann aber von zu Hause per Postkarte oder E-Mail. Selbst an der nachfragestarken Küste mussten bereits erste, zum Teil alteingesessene Geschäfte ihre Tore schließen. Möglicherweise bringen sich die Wassersportler selbst in Schwierigkeiten: Einerseits gibt es in dem Metier eine schier unübersichtliche Vielfalt von Zubehörteilen, bei deren Auswahl selbst Ambitionierte fachlichen Rat brauchen. Andererseits stellt der BVWS fest: „Der durch Internet-Shops und Versender ausgelöste Preisverfall und die sinkenden Gewinnspannen führen dazu, dass sich die Investitionen in fachkundiges Beratungspersonal zunehmend weniger rechnen.“ WOLFGANG HEUMER
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