Automobilbau 28.02.2003, 18:24 Uhr

Bei den Zulieferern ist Sand im Online-Getriebe

Elektronische Marktplätze finden bei der breiten Masse der Automobilzulieferer weniger Resonanz als erwartet, so das Ergebnis einer aktuellen Umfrage. Zudem fühlen sich besonders kleinere Unternehmen „massivem Druck ausgesetzt“.

Transparenter, schneller und kostengünstiger soll das Internet den Geschäftsverkehr in der Automobilindustrie machen und so Vorteile für alle an der Wertschöpfungskette Beteiligten bringen. Vom Nutzen der großen Marktplätze profitieren jedoch bislang vor allem die starken Partner, wie eine aktuelle Umfrage von Organisationssozialforschern der Ruhr-Universität Bochum unter den Zulieferern ergab.
„Vor allem die kleinen, in der Zuliefererkette nachgelagerten Firmen fühlen sich massivem Druck ausgesetzt. Für sie sind viele der in Aussicht gestellten Vorteile nicht nachvollziehbar“, resümiert Gernot Mühge, Leiter der Studie „Verbreitung und Auswirkungen von E-Business in der Automobilzuliefererindustrie“.
Rund 7000 deutsche Zulieferer wurden im Auftrag der Bochumer Forscher befragt. Die Antworten von 25 % der Befragten dienten als Ausgangsbasis für die wissenschaftliche Analyse, mit der die Forscher die Auswirkungen von Kundendruck bei der Einführung von E-Business im Unternehmen untersuchen. Eine erste Bilanz zeigt ein überraschendes Ergebnis: Der Einfluss elektronischer Marktplätze auf die Autozulieferindustrie wird deutlich überschätzt.
Nur 8 % der Betriebe greifen z.B. auf die Angebote von „Covisint“ zurück, einem der führenden, von DaimlerChrysler, Ford, General Motors, Nissan, Renault und PSA gemeinsam betriebenen Marktplätze. Bei dem von der Zulieferindustrie in eigener Regie geführten Marktplatz „Supply on“ sind es mit 6 % noch weniger Teilnehmer. „Ein für uns zunächst völlig unerwartetes Ergebnis, da die großen Marktplätze gemeinhin mit dem Durchbruch von E-Business verbunden werden“, stellt Mühge fest.
Doch erscheint das Ergebnis nur auf den ersten Blick überraschend. Rund 90 % der Betriebe sind Komponenten- und Teilzulieferer, Unternehmen mit meist nicht mehr als 50 Mitarbeitern. „Den Firmen fehlen die Ressourcen, um die komplexen Angebote sinnvoll nutzen zu können“, so die Erklärung des Bochumer Forschers. Bei der Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs zieht er eine scharfe Trennlinie zu den großen Bauteil- und Komponentenherstellern, die wichtige Geschäftsbereiche wie Einkauf, Verkauf und Logistik fast vollständig über die einschlägigen Marktplätze abwickeln. Dennoch bleibe die Automobilbranche bei der Nutzung von E-Business gegenüber anderen Wirtschaftszweigen weiter an der Spitze. Allerdings sehen die Bochumer Wissenschaftler innerhalb der Zulieferindustrie eine starke Polarisierung.
Eine Entwicklung, die auch Klaus Urbat, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Zuliefererindustrie in Düsseldorf, Sorge bereitet. Nach seinen Erfahrungen knirscht es heftig in den Beziehungen zwischen großen Unternehmen und ihren kleineren Partnern: „Es sind nicht nur die hohen Eintritts- und Transaktionskosten, die viele Firmen von der Teilnahme an Marktplätzen abschrecken. Es mangelt vor allem am fairem Umgang mit dem kleineren Geschäftspartner“, fasst Urbat die Kritik der Zulieferer zusammen. Gerade bei Auktionen, bei denen das günstigste Angebot den Zuschlag erhält.
Und Urbat wird konkret: „Uns haben zahlreiche Firmen von üblen Erfahrungen vor allem bei Internet-Auktionen berichtet. Dabei mussten sie feststellen, dass der Auftraggeber nur die Marktlage testen wollte. In anderen Fällen wurde durch den Preisverlauf offenkundig, dass der Auftraggeber bei der anonymen Auktion mitgeboten hatte, um seine Kosten zu drücken.“
Solche Klagen kennt auch Michael Krause von der IHK in Bochum: „Es haben sich Firmen an uns gewendet, denen der Auftraggeber mit dem Abbruch der Geschäftsbeziehungen gedroht hat, wenn sie nicht bereit sind, in dessen E-Business-Lösung einzusteigen.“
Um das unterkühlte Klima zwischen starken und schwächeren Partnern zu verbessern, fordert Urbat verbindliche Verhaltensregeln, die einen geordneten Ablauf im elektronischen Geschäftsverkehr garantieren und für beide Seiten akzeptabel sind: „Wir plädieren dafür, dass nach einer Internet-Auktion Daten und Teilnehmer offen gelegt werden, wie das auch bei einer öffentlichen Ausschreibung geschieht.“
Große Defizite sehen viele Zulieferfirmen zudem in fehlenden Geschäftsstandards und in nicht einheitlichen elektronischen Schnittstellen. „Lieferbedingungen werden zuvor nicht eindeutig festgelegt, irrtümliche Eingaben sind nicht mehr korrigierbar“, kritisiert Urbat. Das führe nicht selten zu der paradoxen Situation, dass sich trotz elektronischer Abwicklung der Arbeitsaufwand erhöht. „Dann muss das begleitende Telefonat die Bildschirmaussage korrigieren.“ Sein Resümee: „Viele kleine Unternehmen fühlen sich durch den wachsenden Aufwand zur Vorbereitung einer Auktion überfordert.“
Die Probleme ihrer kleineren Partner haben bereits einige große Bauteile- und Systemzulieferer erkannt. Diese Unternehmen bilden die Schnittstelle zwischen Automobilherstellern und den nachgelagerten Zulieferfirmen. Sie stehen deshalb unter besonderem Druck, einfache Lösungen für ihre Lieferanten zu entwickeln. Positiv sind die Erfahrungen mit dem so genannten Web-EDI (Electronic Data Interchange), einem Internet-basierten Service, den z.B. Hella ihren Zulieferern kostenfrei anbietet.
Dieter Pilgrim, Leiter des Hella-Kompetenzzentrums für den Einkauf in Lippstadt, betont: „Beide Seiten profitieren davon. Der Geschäftsverkehr läuft zügiger, weil unsere Lieferanten jederzeit auf standardisierte Unterlagen wie Lieferschein, Frachtbrief und Transportbrief zugreifen können.“ Um den Dienst nutzen zu können, reicht ein Computer mit Internetzugang. „Die Resonanz auf das Angebot ist durchweg positiv, eine Entwicklung, die sich für uns schon nach einem Jahr amortisiert hat“, freut sich Pilgrim.
SILVIA V. D. WEIDEN/CIU

 

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