Alleskönner für Chassis-Entwicklung
VDI nachrichten, München, 12. 12. 08, wop – Einen neuen Prüfstand mit Namen Dynamic Chassis Simulator (DCS) nahm kürzlich die TÜV Süd Automotive GmbH in Garching bei München in Betrieb. Er soll Maßstäbe in der Entwicklung von Fahrzeugchassis und Fahrwerkskomponenten setzen und in seiner Art einmalig in Europa sein, sagen die TÜV-Ingenieure. Der DCS liefere in extrem kurzer Zeit präzise Messdaten und mache damit in vielen Fällen aufwendige Fahrversuche auf der Straße und Dauertests überflüssig.
Es lassen sich z. B. bei simulierten Kurvenfahrten einzelne Kraftrichtungen isolieren oder ausschalten, sodass Vertikal-, Horizontal-, Längs- und Drehkräfte detailliert untersucht werden können. Der Fahrzeugkörper ist fest auf dem Prüfstand fixiert. Die Achse hat 200 mm Bewegungsfreiheit, Lenkeinschläge sind bis zu einem Winkel von 14 Grad möglich. Eine konstante Temperatur von 22 oC in der Prüfhalle trägt zu absoluter Reproduzierbarkeit der einzelnen Tests bei.
Weil sich die Fahrzeugräder nicht drehen, heizen sich auch die Reifen nicht auf. „Der DCS fährt keine realen Straßenprofile nach“, erklärte Resch, „sondern soll Sinus-, Dreieck- oder Rechteckimpulse ins Fahrwerk bringen“. Dadurch lasse sich sowohl das Ansprechverhalten des Lenksystems auf die Bewegungen des Fahrers als auch seine Rückmeldung herausfinden. Während die sonst üblichen Voll-, Halb- oder Viertelfahrzeug-Prüfstände lediglich Einzelkomponenten testen können, lasse sich laut Resch mit dem DCS deren komplettes Zusammenspiel analysieren.
Der neue Alleskönner kommt beispielsweise auch Stoßdämpfergeräuschen auf die Spur, die nur in eingebautem Zustand auftreten. „Man kann damit auch ein Fahrwerk toleranter gegenüber Unwuchtsymptomen an Rädern oder Bremsscheiben machen“, betonte Frank Erath, Sprecher der Geschäftsführung. Ein weiteres Anwendungsbeispiel, so Erath: „Wir suchen systematisch das schwächste Glied der Kette, wechseln es aus und prüfen so lange, bis das Problem beseitigt ist.“
Knapp 2 Mio. € hat sich der TÜV Süd den neuen Simulator kosten lassen, von dem es weltweit nur drei Exemplare gibt – die beiden anderen stehen bei asiatischen Autobauern. Eine pneumatisch angehobene Tilgermasse von 350 t sichert die Garchinger Anlage. Rund 1800 l Hydrauliköl werden mit einer Pumpenleistung von 350 kW bewegt. Die Testvorbereitung eines Fahrzeugs dauert lediglich drei Stunden. Erste Analyseergebnisse liegen bereits innerhalb eines Tages vor.
HANS W. MAYER
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