Umwelttechnik setzt auf integrierte Konzepte
VDI nachrichten, Leipzig, 9. 3. 07, swe – Die Ausrichtung der Leipziger Umweltmesse Terratec auf die Märkte im Osten Europas scheint sich nach langer Durststrecke auszuzahlen. Zur diesjährigen Veranstaltung, die am Montag dieser Woche begann, kamen mit 570 Ausstellern aus 21 Ländern deutlich mehr ls in den Vorjahren. Das Interesse an deutschen Ingenieurleistungen der Besucher aus Osteuropa ist spürbar gestiegen.
Michael Müller, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium, ermunterte auf der Eröffnung der Terratec die Wirtschaft, bei der Globalisierung modernste Umwelttechnik zum Markenzeichen Europas zu machen. „Es ist notwendig, den Umbau der Wirtschaft in Westeuropa in Richtung zu mehr Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz mit dem Aufbau im Osten zu verknüpfen.“ Bisher habe sich der Westen vor allem auf die Steigerung bei Produktivität und Menge konzentriert, jetzt gelte es, Effizienzpotenziale in der Ökologie zu heben. „Das wird ein ganz wichtiger Exportfaktor“, ergänzt Müller.
Beispiele für den Aufbau neuer Technologieketten der Umweltwirtschaft kamen auf der Terratec vor allem aus dem stark wachsenden Bereich der Bioenergie. Fermentoren und Biogaskraftwerke für die einfache Stromerzeugung sind dank der Fördermittel noch immer stark gefragt. Doch der Trend geht heute zu integrierten Konzepten, bei denen vor allem die großen Unternehmen einsteigen.
„Wir sind bisher vor allem als Dienstleister für die Wasserver- und Entsorgung bekannt, wollen aber unsere Kompetenz in der gesamten Umwelt- sparte demonstrieren“, sagt Christophe Hug, Vorsitzender der Geschäftsführung der Veolia Wasser GmbH. Das seit 1997 in Leipzig ansässige Unternehmen beschäftigt hier mehr als 120 Mitarbeiter, steuert Projekte in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Österreich sowie Slowenien und hat zahlreiche Beteiligungen, auch an Stadtwerken in Ostsachsen.
Technisches Highlight auf der Messe bei Veolia sei ein Projekt zur Klärschlammverwertung mit innerstädtischen Blockheizkraftwerken, erklärt Hug. Dabei werden Abwasser und Klärschlamm aufbereitet und in der Landwirtschaft als Dünger verwendet. Das gewonnene Biogas wird zur Wärme- und Stromerzeugung verwendet, wobei die Grundlast der Wärmeabnahme auf den Sommerbedarf kalkuliert ist.
Konkurrent Eurawasser, eine Suez-Tochter, setzt auch auf diese Prozesskette. Für das Klärwerk Cottbus habe man zusammen mit dem Dresdner Ingenieurbüro Gicon eine zweistufige Biogasanlage mit getrennter Hydrolysestufe und einem Methanreaktor entwickelt, die ab April errichtet werden soll. Die Methanausbeute gibt Eurawasser mit über 70 % an, der Schwefelwasserstoffanteil liege bei unter 200 ppm. Der Klärschlamm wird nach der Vergärung als Dünger auf die Felder ausgebracht, auf denen wiederum Energiepflanzen wachsen sollen.
In Leipzig zeichnete sich dabei ab, dass kleine Unternehmen mit Entwicklungskompetenz sich durchaus mit ihren Lösungen auch im internationalen Geschäft durchsetzen können. Die Lehmann-Maschinenbau GmbH aus Jocketa (Vogtland) erhöhte mit einem Doppelschnecken-Extruder die Energieausbeute in Biogasanlagen deutlich – bei etwa 20 % geringerem Aufwand für die Rührwerke. Die Anlagen, die die Biomasse wirksam zerkleinern und bis in die Zellsubstanz aufschließen, werden inzwischen in zahlreiche Länder Osteuropas, aber auch nach Kolumbien und Japan exportiert.
Weil die eigene Kraft für den weltweiten Vertrieb nicht ausreicht, haben sich die beiden Sensorikspezialisten Sensortechnik Meinsberg GmbH (Sachsen), aktiv in der Trinkwasseranalytik, und die WTW aus Weilheim in Bayern, ein Anbieter aus dem Abwasserbereich, zu einer Partnerschaft zusammengefunden.
Frank Seifert aus Meinsberg sieht zwar auch in Deutschland einen stabilen Markt, jedoch kommen die Wachstumschancen vor allem aus dem Nachholbedarf in Osteuropa. Hierfür biete Leipzig inzwischen ein recht gutes Podium, allerdings bleibe noch immer ein beträchtlicher Abstand zu den anderen Leitmessen in Deutschland, die sein Unternehmen besuche.
Zufrieden mit den Geschäften zeigte sich auf der Terratec auch Siegfried Heß, von der Richter & Heß Verpackungsservice GmbH aus Chemnitz. Das von zwei Ingenieuren 1990 als reiner Dienstleiter für die Industrie gegründete Unternehmen zählt heute 50 Mitarbeiter und produziert selbst entwickelte und kostengünstige Gefahrgutverpackungen aus Pappe und Holz, die zum Beispiel für den Transport von Airbags genutzt werden.
Anders als die sonst marktüblichen Gebinde aus Plastik oder Stahl sind die zertifizierten Kartons leicht und kostengünstig und lassen sich nach Verwendung einfach entsorgen. Wesentlichster Vorteil jedoch sind die Maße, die so ausgelegt sind, dass sich mit den Kartons Normcontainer „bis auf den letzten Kubikdezimeter füllen lassen“, wie Heß versichert. „Wir haben bereits Kunden in 26 Ländern und spüren den wirtschaftlichen Aufschwung besonders in Sachsen“, sagt Heß.
In diesem Jahr werde hoffentlich das neue Firmengebäude fertig, zehn neue Mitarbeiter sollen dazukommen.
MANFRED SCHULZE
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