Testprojekt in Berlin 05.09.2024, 07:00 Uhr

Schwammstadt: So kühlen Pflanzen die Stadt

Forscher der Technischen Universität (TU) Berlin testen Pflanzeninseln, um Städte zu kühlen. In speziellen Verdunstungsbeeten werden verschiedene heimische und nicht heimische Pflanzen auf ihre Eignung für das Schwammstadtkonzept untersucht.

Drei Beete, die mit Grünpflanzen bepflanzt sind.

Welche Pflanzen besonders gut kühlen, soll ein Langzeitprojekt zeigen.

Foto: PantherMedia / FotoHelin

In einem Experiment erprobt ein Forscherteam der TU Berlin neue Pflanzenkombinationen für Verdunstungsbeete. Die Beete sollen ein wichtiger Baustein sein, um Metropolen in sogenannte Schwammstädte umzuwandeln. Ziel ist es, in Berlin ein klimaresistentes Stadtquartier zu entwickeln, das als Vorbild für zukünftige urbane Planung dienen soll.

Anfang August pflanzten Wissenschaftler und Studierende unter der Leitung des wissenschaftlichen Mitarbeiters und Lanschaftsarchitekten Leonard Heß eine Vielzahl einheimischer und exotischer Stauden, Gräser und Kleinsträucher in sechs Versuchsbeete. Die Pflanzen sollen an heißen Tagen durch Verdunstung für Abkühlung sorgen und gleichzeitig die Artenvielfalt in der Stadt fördern.

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Städtische Hitzeinseln durch clevere Bepflanzung bekämpfen

Verdunstungsbeete sind neben anderen Ansätzen wie Dach- und Fassadenbegrünung ein Schlüsselelement des Wassermanagements in Schwammstädten. Durch solche Beete bleibt Regenwasser im natürlichen Kreislauf und versickert nicht in der Kanalisation. Auf dem Areal des ehemaligen Flughafens Tegel entsteht ein Modellquartier, das als Blaupause für klimaresistente Stadtplanung dienen soll. Zukünftige Viertel sollen so konzipiert werden, dass sie sowohl Hitzeperioden als auch Starkregenereignissen trotzen können.

Pflanzenvielfalt für wechselnde Klimabedingungen in der Stadt

Die für die Verdunstungsbeete ausgewählten Pflanzen müssen extremen Bedingungen wie Hitze, Trockenheit und Starkregen standhalten. Bei der Auswahl orientierte sich Leonard Heß an natürlichen Ökosystemen mit schwankenden Wasserständen. Er untersuchte insbesondere die Vegetation in Wiesengräben und Pfeifengraswiesen, um geeignete Arten zu finden.

Hochstauden aus der Grabenvegetation erwiesen sich als besonders vielversprechend, da sie viel Blattmasse entwickeln und dadurch potenziell große Wassermengen verdunsten können. Der Landschaftsarchitekt teilte die Pflanzen in sechs Strategietypen ein: Hochstauden, Kleinsträucher, mittelhohe Pflanzen mit Horstbildung oder Ausläufern, kriechende Arten und Geophyten mit Zwiebeln. Diese Vielfalt soll eine optimale Anpassung an unterschiedliche Standortbedingungen gewährleisten und die Widerstandsfähigkeit der Beete erhöhen.

Hitzeresistente Pflanzen für ein kühleres Stadtklima

Etwa die Hälfte der 30 verwendeten Pflanzenarten ist in Deutschland heimisch. Zusätzlich werden robuste nichtheimische Arten wie die Braunrote Taglilie und die Dreimasterblume getestet, die bereits besser an extreme Wetterbedingungen angepasst sind als manches einheimisch Exemplar. Diese Kombination soll die Beete resilienter gegen Hitze und andere Wetterextreme machen. Die sechs Versuchsbeete wurden unterschiedlich bepflanzt: Drei mit Arten, die feuchte und nährstoffreiche Böden bevorzugen, drei mit Pflanzen für trockene Standorte.

Um die Wasserverdunstung zu maximieren, sind die 13 Meter langen und 4,5 Meter breiten Mulden mit einer Teichfolie ausgekleidet. Ein Drainagesystem verhindert Staunässe, die die Wurzeln schädigen könnte. Das Forscherteam experimentiert zudem mit zwei verschiedenen Bodentypen. In vier Beeten wachsen die Pflanzen auf herkömmlichem Boden, in zwei weiteren wurde der Boden mit Pflanzenkohle angereichert. Diese erhöht das Porenvolumen, sodass der Boden eine bessere Wasserspeicherkapazität hat. Eine Schicht aus mineralischem Mulch soll unerwünschten Pflanzenwuchs verhindern, der die Versuchsergebnisse verfälschen könnte.

Langzeitprojekt mit Modellcharakter zur Anpassung der Städte an den Klimawandel

Bis Ende 2027 wird das Wissenschaftlerteam untersuchen, welche der beiden Vegetationsmischungen sich besser an die städtischen Bedingungen anpasst. Dazu werden Daten zur Vitalität und Sterblichkeit der Pflanzen erhoben. Die Vitalität wird anhand der Anzahl der Triebe und Blüten gemessen, die Aufschluss darüber geben, wie sich die Pflanze eingewöhnt hat und ob sie vermehrungsfähig ist. Auch das Überleben der verschiedenen Arten auf den unterschiedlichen Bodentypen wird genau dokumentiert.

Die Versuchsanlage auf dem ehemaligen Flughafengelände Tegel und wurde der TU Berlin von der Tegel Projekt GmbH zur Verfügung gestellt. Professor Norbert Kühn, Leiter des Fachgebiets Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung, betont die Neuartigkeit des Projekts: „Ein Vorbild für eine solche Versuchsanlage gibt es in Deutschland nicht. Das ist schon ein Novum.“

Ein Beitrag von:

  • Julia Klinkusch

    Julia Klinkusch ist freiberufliche Texterin und Medizinautorin.

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