Hersteller reißen sich um den „Blauen Engel“
VDI nachrichten, Stuttgart, 8. 4. 04 -Ökologisch rein sollen Solaranlagen für die Wärmeerzeugung zukünftig sein. Wer ab Juni die Umweltengel-Anforderungen nicht erfüllt, dem bleibt der Zugang zum Marktanreizprogramm verwehrt.
Bei etwa 4 % aller Ein- und Zweifamilienhäuser liefern Solarkollektoren warmes Wasser und teilweise Heizwärme sozusagen frei Haus. Eine Steigerung der aktuell 5,2 km2 in Deutschland verlegten Kollektorfläche wünscht man sich nicht nur im Hause Trittin, um Erfolge in der CO2-Minderung vorweisen zu können. Auch die Solarwärmeunternehmen könnten einen deutlichen Aufschwung brauchen.
„Das warme Wasser von der Sonne fließt bisher fast nur in Einfamilienhäusern. Solare Wärme kann aber noch viel mehr leisten. Auf etwa 800 km² Dachflächen hierzulande ließen sich Kollektoren unterbringen“, meint Michael Nast vom Institut für Technische Thermodynamik der DLR in Stuttgart. Die saubere Solartechnologie setzt aber auch voraus, dass die Anlage selbst umweltfreundlich ist. Das können sich die Hersteller mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“ attestieren lassen. Die Kriterien mit begrenzter Haltbarkeit wurden kürzlich um ein weiteres Jahr verlängert.
Das ist alles andere als neu. Das Umweltzeichen für thermische Solarkollektoren ist nun schon zwölf Jahre alt, aber bisher hat es noch keinen solchen Ansturm erlebt. „Die Hersteller der Anlagen rennen uns momentan die Türen ein“, berichtet Elke Kreowski vom Umweltbundesamt. Der Grund für den Run auf das Abzeichen ist die ab Juni geltende Regelung im Marktanreizprogramm der Bundesregierung, kurz MAP. Gefördert werden danach nur noch Kollektoren zur Wärmeerzeugung, die die Anforderungen des Umweltzeichens erfüllen.
Als umweltfreundlich gelten Sonnensammler mit hoher Kollektorausbeute. Sie kommen sowohl in der Dämmung als auch beim Wärmeträger ohne halogenierte Kohlenwasserstoffe aus. Der Hersteller garantiert, dass er die Module nach Gebrauch zurücknimmt und wiederverwertet. „Für unser Umweltzeichen ist die Neuregelung die beste Werbung, die wir uns wünschen können“, schwärmt Elke Kreowski.
Der Aufwand, das RAL-UZ 73 für Sonnenkollektoren zu bekommen, ist nicht besonders hoch. Wer 154 € Bearbeitungsgebühr auf den Tisch legt, erhält nach etwa sechs Wochen die Eintrittskarte für das MAP. „Im Prinzip kann fast die ganze Branche derzeit die Kriterien für den Blauen Engel einhalten“, beruhigt die Umweltzeichenexpertin.
Nicht so glücklich ist der Industrieverband über die festgelegte jährliche Energiemenge pro Quadratmeter Kollektorfläche, die von 350 kWh auf 525 kWh angehoben wurde. „Es ist nicht immer sinnvoll neue Rekorde zu erfüllen. Entscheidend ist der Gesamtertrag der Anlage und damit, wie viel solar erwärmtes Wasser am Wasserhahn herauskommt“, sagt Gerhard Stryi-Hipp vom Bundesverband Solarindustrie in Berlin.
Aber schließlich ist MAP ein gutes Mittel gegen Absatzschwächen. Staatlich unterstützt werden beispielsweise Sonnenkollektoranlagen, Biomasse-Heizungsanlagen, Photovoltaik für Schulen. In den Zuschuss-Genuss kommen diejenigen, die eine solche Anlage installieren.
Im Umweltbundesamt wird zurzeit eifrig an neuen Anforderungen gebastelt, die dann voraussichtlich ab 2006 die alten Kriterien ablösen. Zum Beispiel ist der Energieaufwand bei der Herstellung der Sonnensammler der wichtigste Posten. Die Schlüsselfrage ist: Wann hat die Anlage so viel Energie produziert, wie die Einzelteile selbst bei der Herstellung verbraucht haben? Diese so genannte energetische Amortisationszeit könnte als weiteres Umweltmaß eingehen und sollte möglichst kurz sein. Die „Nur-Kollektoren“ erledigen das in weniger als einem Jahr. Die gängigsten Kombi-Anlagen, Kollektor plus Wärmespeicher, arbeiten nach ungefähr zwei Jahren gewinnbringend für die Umwelt.
Ein Dorn im Auge der Umweltexperten sind außerdem Absorberschichten, die aus giftigen ChromVI-Verbindungen erzeugt werden. Diese Schwarzchrombeschichtungen enthalten jedoch selbst keine sechswertigen Chromverbindungen. Als Bestandteile von Gebrauchsgegenständen sind ChromVI-Verbindungen ab 2008 von der Europäischen Gemeinschaft verboten, wie etwa der Richtlinienentwurf zu Elektro- und Elektronikgeräten vorsieht.
Allerdings gilt das nicht für die Produktion. Als Rohstoff ist sechswertiges Chrom unverzichtbar und auch erlaubt, aber nur unter sehr strengen Auflagen hinsichtlich Arbeitsschutz und Emissionen in Luft und Gewässer.
KATHLEEN SPILOK
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