CO2-Abtrennung – ein holpriger Königsweg für den Klimaschutz
Die Emissionen von Treibhausgasen werden um allenfalls 65 % bis 79 % reduziert. Dazu kommen hohe Kosten, Zielkonflikte mit dem Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung und der erneuerbaren Energien. Es sind eine großtechnische Verfügbarkeit erst ab 2020 und Risiken bei der CO2-Einlagerung zu erwarten.
Die CCS ist eine CO2-arme, aber keine CO2-freie Technologie“, erklärt Dietmar Schüwer vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, einer der Autoren der RECCS-Studie „Strukturell-ökonomisch-ökologischer Vergleich regenerativer Energietechnologien (RE) mit Carbon Capture and Storage (CCS)“.
Bei einem Steinkohle-Kraftwerk mit CCS-Technik und einem CO2-Abscheidegrad von 88 % werden die CO2-Emissionen nur um 76 % verringert. Die Emissionen von Treibhausgasen werden um 65 % reduziert. Mögliche Leckagen sind hierbei noch nicht berücksichtigt. Grund für die ernüchternde Bilanz ist vor allem der hohe Energieaufwand, insbesondere für die technische Abscheidung und Verflüssigung des CO2. Um 34 % steigt der kumulierte Energieaufwand bei dem CCS-Verfahren im Durchschnitt. Der Wirkungsgrad des Kraftwerks von 49 % verschlechtert sich um 9 Prozentpunkte auf 40 %. Bei einer Nachrüstung mit der derzeit am ehesten verfügbaren CCS-Technik, der Rauchgaswäsche in Dampfturbinenkraftwerken, reduzierte sich der Wirkungsgrad sogar um bis zu 15 Prozentpunkte.
„Das CO2 wird abgeschieden, doch die Effizienz wird aufgefressen, was zusätzlichen Brennstoffbedarf und zusätzliches CO2 verursacht“, beschreibt Schüwer das Dilemma. Potenziale zur Verbesserung des Wirkungsgrads bei der Abtrennung von Kohlendioxid sieht er vor allem bei der Oxyfueltechnik, mit der Treibhausgas-Reduktionen um bis zu 79 % möglich sind, und der integrierten Kohlevergasung (IGCC). Doch bis zur Marktreife rechnen die Experten noch mit rund 15 Jahren.
Auch bei der Wirtschaftlichkeit der neuen Technik klaffen derzeit noch Welten zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Während große Energieversorger eine Senkung der Gesamtkosten auf unter 20 €/t CO2 anvisieren, liegen diese nach Auswertung von 17 europäischen Fallstudien bei durchschnittlich 54 €/t CO2. „Ein Unsicherheitsfaktor bei der Kostenabschätzung ist unter anderem die langzeitstabile CO2-Speicherung“, betont Schüwer. Die Einlagerung in ausgeförderte Gasfelder für Deutschland wird mit ca. 6,5 €/t am günstigsten beurteilt. Allerdings haben diese mit 2,56 Gigatonnen CO2 nur ein geringes Aufnahmepotenzial.
Beim Kostenvergleich zwischen CCS und erneuerbaren Energien haben letztere mittelfristig die Nase vorne, so die Autoren. Zwar werden die Komponenten der CCS-Technik im Laufe der Zeit günstiger, doch fossile Brennstoffe werden teurer, wovon die Regenerativen profitieren. „Ab etwa 2020, also gerade dann, wenn die CCS-Technik kommerziell verfügbar ist, werden die erneuerbaren Energien mit hoher Wahrscheinlichkeit Kostenvorteile haben“, erklärt Schüwer.
Zielkonflikte mit einer effizienteren Energieversorgung sieht die Studie, an der neben dem Wuppertal Institut das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) sowie das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) beteiligt waren, in der Festschreibung zentraler Kraftwerksstrukturen durch die CCS-Technologie. Denn für den Einsatz in kleineren fossilen Kraftwerken dürfte diese zu teuer sein und bei großen Kraftwerken sei es schwierig die Wärme sinnvoll zu nutzen. Dabei liege ja gerade im Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung ein immenses Effizienzpotenzial.
Trotzdem plädieren die Autoren der Studie, die im Auftrag des Bundesumweltministeriums erstellt wurde, für die Weiterentwicklung der CCS-Technik, vor allem aufgrund der globalen Bedeutung für stark wachsende Länder wie China. „Für Deutschland kommt die Technologie voraussichtlich zu spät, da die Kraftwerkserneuerung bis 2020 hierzulande weitgehend abgeschlossen ist“, betont Schüwer. HANS-CHRISTOPH NEIDLEIN
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