Umwelt 18.01.2008, 19:32 Uhr

Abgase lassen Flechten wachsen  

Ein Grund zur Freude ist das nicht. Denn es profitieren vor allem stickstoffliebende Arten, während andere verdrängt werden – auch fernab der Städte. Nach Ansicht von Fachleuten ist der Autoverkehr mitschuldig daran.

Bevor Umweltvorschriften wie das Bundesimmissionsschutzgesetz und die Großfeuerungsanlagenverordnung in Kraft traten, litten gerade Flechten stark unter dem hohen Gehalt von Schwefeldioxid (SO2) der Luft, vor allem in Industriegebieten sowie in Hauptwindrichtung davon. Bei mehr als 0,5 µg SO2/m3 Luft sterben sie ab. Die Werte der Luft in Gebieten mit Schwerindustrie lagen damals deutlich darüber. Noch in den frühen 80er Jahren war es schwer, in Städten des Ruhrgebiets Flechten zu entdecken. Heute sind sie selbst in Industrieregionen wieder zu finden.

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Für Jan-Peter Frahm, Botanikprofessor an der Universität Bonn, ist die Rückkehr der Flechten kein Grund zum Jubeln: „Die zurückgekehrten Flechten sind stickstoffliebende Arten, die früher zum Beispiel rings um Bauernhöfe wuchsen.“

Das Hauchdünne Goldhaarmoos zum Beispiel sei früher nicht in Städten, sondern an extrem nährstoffreichen Standorten gediehen, etwa an Betoneinfassungen von Misthaufen – dort also, wo es Stickstoff im Überfluss gibt, und zwar in Form von Ammoniak (NH3) aus Mist und Gülle von Rindern und Schweinen.

„Bei den vorrückenden Arten kommen besonders solche gut weg, die ein großes Nährstoffangebot gut verwerten können“, sagt Stefan Klotz, der den Bereich Biozönoseforschung am Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle leitet.

Inzwischen finden Flechten derart gute Wuchsbedingungen in Wäldern und Städten vor, dass sie erkennbar besser gedeihen als noch vor Jahrzehnten. Es geht nicht mehr um eine Rückkehr, sondern längst um einen Vorstoß. Genau der gibt Frahm sehr zu denken. Denn weder in Wäldern noch in Städten sorgen die Exkremente von Nutztieren dafür, dass die Flechten – meist eine Symbiose aus Pilzen und Algen – so überhand nehmen.

„Wo also stecken die Kühe in den Städten“, fragt Frahm seine Zuhörer bei Vorträgen gerne. Die Antwort gibt er dann selbst: Es seien tatsächliche Kühe, in Deutschland sogar heilige. Man nenne sie auch Autos. „Sie produzieren in Städten das Ammoniak“, sagt Frahm.

Ende 2005 hat er den TÜV Bonn am Auspuffende von dreißig Autos mit Drei-Wege-Kat nachmessen lassen. Im Leerlauf lagen die Ammoniakwerte zwischen 0,5 ppm und 10 ppm, in Einzelfällen gar bei 25 ppm. Mit steigender Drehzahl stieg der Ammoniakausstoß zum Teil deutlich.

Ob Ottomotoren wirklich nennenswerte Ammoniak-Mengen ausstoßen, ist in Fachkreisen umstritten. In Benzinerabgasen komme das Gas „in kleinen Mengen“ vor, sagt zum Beispiel Werner Müller, bis vor wenigen Jahren Professor für Maschinenbau und Verfahrenstechnik an der Universität Kaiserslautern. In den Abgasen heutiger Diesel-Pkw lasse es sich „praktisch nicht“ nachweisen, fügt der Spezialist für Verbrennungsmotoren hinzu.

Dass in unmittelbarer Nähe stark befahrener Straßen nährstoffbedürftige Flechten besonders gut wachsen und andere Arten verdrängt, hält Frahm für erwiesen. Der statistische Zusammenhang sei so eindeutig, „wie ich es bei anderen biologischen Versuchen noch nie gesehen habe“.

So hätten Untersuchungen in Düsseldorf 2006 gezeigt, dass das Verkehrsaufkommen mit dem Vorkommen bestimmter Flechtenarten eindeutig korreliert: Je heftiger also der Verkehr, desto häufiger treten die Flechten entlang der stark befahrenen Straßen auf.

„In den Städten muss der Stickstoff vom Verkehr kommen“, urteilt der Bonner Botaniker. Auf dem Land hingegen sei vor allem die intensive Landwirtschaft die entscheidende Stickstoffquelle – wie sie überhaupt für rund 95 % des Ammoniakausstoßes verantwortlich sei, der Verkehr zu etwa 5 %.

Genau hier setzt die Kritik Werner Müllers an Frahms These an. Angesichts der hohen Grundbelastung mit Ammoniak durch die Landwirtschaft kann er sich nicht vorstellen, dass die zusätzliche Ammoniak-Emission aus dem Straßenverkehr überhaupt ins Gewicht fällt. Mehr noch: „Die kann man gar nicht nachweisen“, sagt Müller und rät dazu, „keine voreiligen Schlüsse“ aus Frahms Beobachtungen zu ziehen.

„Eher richtig“ hingegen findet Ulrich Dämmgen die Thesen des Botanikers. „Die Ammoniak-Konzentrationen in Innenstädten sind recht hoch und offenbar abhängig von der Verkehrsdichte“, sagt der Direktor des Instituts für Agrarökologie an der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig. Die Ammoniak-Emission im Straßenverkehr werde sogar noch steigen, so Dämmgen, wenn Diesel-Pkw wie geplant bald „mit Harnstoff entstickt werden“.

Zwar kann Dämmgen Müllers Einwand mit der gewaltigen Übermacht des landwirtschaftlich verursachten Ammoniaks durchaus verstehen. „Freilich sprechen alle Messungen, auch die eigenen, eine andere Sprache.“ Nun heißt, einen Schadstoff zu messen, keineswegs auch gleich, dass dieser für eine beobachtete Wirkung verantwortlich ist. Doch für Dämmgen bleiben trotz fehlender Beweise „eigentlich nur die Auspuffgase“ als Quelle für den Flechtendünger.

Für Jan-Peter Frahm ist das eigentliche Problem aber nicht so sehr das Ammoniak im Auspuffgas. Mit zunehmender Entfernung reagiere Ammoniak zunehmend mit Stickoxiden in der Luft. Am Ende dieser Reaktionskette entsteht das, was überall die Wälder, Äcker und Stadtböden düngt, ohne dass ein Bauer auch nur einen Sack Mineraldünger aufreißen oder eine Schippe Mist auf die Felder werfen muss: Ammoniumnitrat (NH4NO3). Es macht laut Frahm durchschnittlich zwei Fünftel des Feinstaubs hierzulande aus – vom Winde verwehter Dünger.

WALTER SCHMIDT

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