Von der Heizungspumpe zur Kühlmittelpumpe
Die „Wiege“ der elektronisch geregelten Wasserpumpe der BMW-6-Zylinder-Motoren steht bei einem Dortmunder Mittelständler. Das Unternehmen Wilo übertrug eine Technologie aus dem Heizungs- auf den Autobereich.
Während am vergangenen Freitag in Anwesenheit von Bundeskanzler Gerhard Schröder das neue BMW-Werk in Leipzig unter großer öffentlicher Beteiligung offiziell den Betrieb aufnahm, haben die Bayerischen Motoren-Werke unter den Motorhauben der neuen 6-Zylinder-BMW-Modelle „heimlich“ eine Innovation versteckt: Die Motoren sind weltweit erstmals mit einer elektronisch gesteuerten Kühlmittelpumpe der Neusser Pierburg GmbH ausgerüstet. Diese Pumpe verzichtet damit auf den herkömmlichen mechanischen Antrieb über Keilriemen- oder Zahnriemen und hat eine interessante Entwicklungsgeschichte hinter sich, die auf dem Know-how von Ingenieuren eines mittelständischen Pumpenbauers und eines Automobilzulieferers fußt.
Die Wilo GmbH ist ein Dortmunder Traditionsunternehmen, das vor allem Pumpen für Heizungsanlagen herstellt. Mit Einführung von Thermostat-Ventilen an den Heizkörpern, die in den 80er Jahren gesetzlich vorgeschrieben wurden, entwickelten die Dortmunder elektronisch gesteuerte Pumpen. Die Steuerung ist so ausgelegt, dass die Leistung der Pumpen je nach Bedarf hoch- oder heruntergefahren werden kann. „Diese Technologie erspart Europa jährlich einen Stromverbrauch von rund 41 TWh“, zitiert der Entwicklungschef von Wilo, Dr. Frank Hendrik Wurm, eine Statistik.
Ein ähnliches Problem wie bei den Heizungsanlagen tritt auch bei der Kühlung von Pkw-Motoren auf (siehe Infokasten). Die Übertragung der Technologie aus dem Heizungs- auf den Autobereich lag da nahe – und ist doch ungewöhnlich.
Es musste nicht nur die Wilo-Geschäftsführung überzeugt werden, über das angestammte Geschäft hinauszugehen. Es musste auch in der Automobilbranche ein interessierter Partner gefunden werden. Wilo entwickelte deshalb zunächst Prototypen von elektronisch geregelten Wasserpumpen für Pkw-Motoren. Schnell wurde jedoch klar, dass dem Mittelständler aus dem Revier die Kernkompetenz auf dem Kraftfahrzeug-Sektor fehlt, um die Pumpe an die spezifischen Bedürfnisse des Automobilbereichs anpassen zu können.
Aus diesem Grund entschied sich die Geschäftsführung der Wilo GmbH 2000, die Entwicklung der elektrischen Wasserpumpe an einen ebenfalls im Pumpengeschäft tätigen Automobilzulieferer zu verkaufen. Der wurde in der Pierburg GmbH mit rund 3470 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 890 Mio. € gefunden. Im Hause Pierburg, wo bereits langjährige Erfahrungen mit elektronisch kommentierten Pumpen vorhanden waren, wurden die Elektronik und Gehäusegeometrie der Wasserpumpe weiterentwickelt und zur Serienreife gebracht. Ergebnis ist eine Kühlmittelpumpe, die bis zu einen halben Liter Kraftstoff auf 100 km spart, kompakt gebaut ist, vom Einbauort unabhängig ist und ein verbessertes Geräuschverhalten aufweist.
Inzwischen hat Pierburg im Werk Hartha nahe Leipzig die Serienfertigung der Pumpe aufgenommen. Sie wurde zunächst für die Ladeluftkühlung des Mercedes-Modells C 30 von AMG eingesetzt. Jetzt montiert sie BMW in die neuen Reihen-6-Zylinder-Otto-Motoren, die nach und nach in alle BMW-Modelle eingebaut werden – vor allem in die neue 3er-Reihe, die im Werk Leipzig vom Band läuft. Dipl.-Ing. Albert Genster, Entwicklungsingenieur bei Pierburg und maßgeblicher Vater der Kühlmittelpumpe, ist sich sicher, dass der elektronisch gesteuerten Wasserpumpe die Zukunft gehört – vor allem in Diesel-Motoren und mit Blick auf die verschärften Abgasvorschriften. Außerdem sieht er weitere Pumpen im Auto der Zukunft im Einsatz: Wenn die immer aufwändigere Elektronik (wasser)gekühlt wird, können dort robustere und preisgünstigere Bauteile verwandt werden.
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