Lieber glücklich als reich
VDI nachrichten, Düsseldorf, 12. 5. 06, elb – In den 80er- und 90er-Jahren waren Jung und Alt fleißige Konsumenten. Jetzt in Zeiten von Hartz IV findet ein Umdenken statt. Laut BAT-Umfrage fängt für viele Deutsche heute Wohlstand mit Wohlfühlen an.
Die Bundesbürger wollen lieber glücklich (67 %) als reich (46 %) sein. Und selbst die Jugendlichen denken mittlerweile bei Wohlstand mehr an „eine Familie haben“ (65%) als an das „Geld für einen längeren Traum-Urlaub“ (61 %). Dies geht aus einer aktuellen Repräsentativbefragung des BAT Freizeit-Forschungsinstituts hervor, in der bundesweit 2000 Personen ab 14 Jahren danach befragt wurden, was für sie persönlich heute Wohlstand bedeutet. „Das nur materielle Wohlstandsverständnis ändert sich grundlegend“, so Prof. Horst W. Opaschowski, Leiter des Instituts. „Bei Wohlstand denken die meisten Deutschen mehr an die soziale Lebensqualität als an die bloße Steigerung des Lebensstandards. Und das heißt: In Frieden und ohne Sorgen mit Familie und Freunden leben. Neue alte Bürgerlichkeit ist wieder gefragt.“ Die Jugendlichen im Alter von 14 bis 19 Jahren schätzen das persönliche Glücklichsein sogar höher ein (71 %) als die übrige Bevölkerung (67 %).
In Krisen- oder wirtschaftlich schwierigen Zeiten neigen die Menschen seit jeher zum Rückzug in die eigenen vier Wände. Einen vergleichbaren Wertewandel-Schub hatte es nach dem letzten Golfkrieg 1991 gegeben, als sich ein Trend zur neuen Häuslichkeit ankündigte, und bei den Verbrauchern sparen und bescheidener leben angesagt waren. Insofern kann es nicht überraschen, dass jetzt bei der Bevölkerung Sicherheits- und Vorsorgeaspekte im Zentrum des Lebensinteresses stehen und ein sicheres Einkommen höher eingeschätzt wird als viel Geld haben. Opaschowski: „Die Familie ist – im positiven Sinne – billig und barmherzig. Die Familie wird zum Wohlfahrtsverband, den keine Lebensversicherung ersetzen kann.“ Wohlstand ist für die Bevölkerung zu einer Frage des sozialen Wohlbefindens geworden. Wenn die berufliche Existenz unsicher wird und das Geld knapp ist, rücken die Menschen enger zusammen und besinnen sich auf Beständiges. Bezieher von Haushaltsnettoeinkommen unter 1500 € neigen eher dazu, „Familie haben“ (67 %) mit Wohlstand gleichzusetzen als Höherverdienende mit einem Einkommen von über 3500 € (59 %).
Zum sorgenfreien Leben gehört neben einer friedvollen Welt nach Meinung der Befragten eine intakte Natur (67 %), worauf Familien mehr Wert legen als Singles. Familien wollen vor allem in einer toleranten Welt leben und sind auch eher bereit, für andere da zu sein als Singles. Diese halten weiter an materiellen Werten („viel Geld“) fest und genießen es auch mehr, viel Zeit für sich zu haben.
„Die Bedeutungsaufwertung des immateriellen Wohlstandsniveaus zwischen Freiheit, Hilfsbereitschaft und Toleranz wird für Gesellschaft und Politik zur neuen Herausforderung“, so Opaschowski. „Die Bürger müssen in die Lage versetzt werden, sich um ihr subjektives Wohlbefinden selber zu kümmern. „In Zukunft kann Wohlstand auch bedeuten, weniger Güter zu besitzen und doch besser zu leben.“
BAT/elb
Lebensversicherung kann Familie nicht ersetzen
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