Junge Künstler finden kaum einen Sponsor
Viele Unternehmer betätigen sich lieber diskret als Mäzen, anstatt Sponsoring zu betreiben, von dem Kunst wie Unternehmen gleichermaßen profitieren.
Ohne die Finanzspritzen von Unternehmen wäre die kulturelle Landschaft in Deutschland ärmer. Dennoch: Sponsoring fällt schwer im Land der Dichter und Denker. Noch immer grassiert der Vorwurf, daß Kultur sich verkaufe, wenn sie das Geld der Wirtschaft nehme. Solche Berührungsängste kennt Georg Költzsch, Leiter des Folkwang-Museums in Essen, nicht. Er hält diese Einwände für typisch deutsch, sogar für aberwitzig. Költzsch denkt pragmatisch: „Ich muß ein gutes Konzept haben, und ich muß ökonomisch denken, dann funktioniert Sponsoring.“
Das Folkwang-Museum mußte sich schon früh seine Geldquellen selbst erschließen. Seit seiner Gründung im Jahr 1922 wird das Museum nur zum Teil von der Kommune getragen, ansonsten finanziert es sich mit Mitteln aus der Wirtschaft. Költzsch nennt es heute einen Glücksfall, daß sein Institut nur zum Teil von öffentlichen Zuschüssen abhängig ist. In Achim Middelschulte, Personalvorstand der Ruhrgas AG, hat der Folkwang-Direktor einen sponsorwilligen Gesprächspartner gefunden, mit dem er auch längerfristige Ausstellungen planen kann. In einem Vertrag ist festgelegt, welche Rechte und Pflichten das Museum und die Ruhrgas AG haben. Sie sind eine geschäftliche Verbindung eingegangen, falsche Erwartungen sollen so gar nicht erst entstehen. Nur so könne es zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit kommen, Mißverständnisse zwischen den Kulturschaffenden und der Wirtschaft würden vermieden, erläutert Költzsch. Und das unterscheidet Sponsoring auch von der Spende oder dem Mäzenatentum: Während beim Sponsoring, eine Statetegie von Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, das Prinzip „Leistung und Gegenleistung“ gilt, bleibt der Mäzen meist diskret im Hintergrund, ist er an Aufmerksamkeit oder an „Werbung“ für das Unternehmen nicht interessiert.
Diese Art der Förderung ist in Deutschland noch weit verbreitet – leider, wie Ludger Hünnekens vom Aktionskreis Sponsoring (AKS) im Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft in Köln, bedauert. Das Engagement eines Unternehmens gehe meist nur von einer kulturinteressierten Person in der Chefetage aus. So ist es auch bei dem Versicherungskonzern Victoria, dessen Aufsichtsratsvorsitzender Edgar Jannott einräumt, daß er immer dann spendet, wenn ihm ein Projekt gefällt und wenn er dafür Mittel zur Verfügung hat. Gegenleistungen, z. B. durch Werbung, erwarte er nicht.
Wenigstens Dank und einen Hinweis auf das Unternehmen auf Plakaten oder Eintrittskarten wünscht sich Hans Schmitz, Direktor für Marketing und Vertrieb der Vegla GmbH in Aachen. Der Glashersteller unterstützt vor allem das, was zum Produkt passe und von dem eine Kundenbindung zu erwarten sei. Das kann eine Ausstellung gotischer Glasfenster sein, wie die „Himmelslichter“ in Köln, aber auch neue Fensterscheiben für eine Kinderkrebsklinik in Osteuropa.
Eine durchaus ehrenwerte Haltung, die den Museen, Theatern, Orchestern jedoch keine längerfristige Planungssicherheit gibt. Die kann Schmitz auch nicht gewähren: „Mit einem Etat von 200 000 DM können keine großen Projekte gesponsert werden, eine längerfristige Bindung ist für uns damit auch nicht interessant.“ Doch darauf kommt es beim Sponsoring an. Peter Littmann, Vorstandsvorsitzender der Wünsche AG in Hamburg und Vorsitzender des Arbeitskreises Kultursponsoring, schließt deshalb Verträge mit einer Laufzeit von drei bis fünf Jahren – zum beiderseitigen Nutzen, so der Manager.
Dieser Zeitraum ist für viele Museumsleiter zwar kaum ausreichend, aber besser als nichts. Denn die Zeiten, in denen die kommunalen Kassen voll waren und Ausstellungen auch zu schwierigen Themen erlaubten, sind längst vorbei. Die Leiterin der Kunsthalle Düsseldorf, Marie-Luise Syring, weiß nicht einmal, ob ihr renovierungsbedürftiges Museum in zwei Jahren überhaupt noch besteht. Für Häuser wie dieses, das nicht auf eine eigene Sammlung zurückgreifen kann und das sich ausschließlich um zeitgenössische Kunst kümmert, ist es noch schwieriger, einen Sponsor zu finden, als für jene Einrichtungen, die, wie das Folkwang-Museum oder die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, auf eine eigene Sammlung zurückgreifen können. „Wer Werke von jungen, noch unbekannten Künstlern ausstellt, der findet kaum einen Sponsor“, resümiert Syring. „Der Name mag in Fachkreisen noch so berühmt sein, ist er bei den Entscheidungsträgern aus der Wirtschaft unbekannt, bekomme ich auch kein Geld. So kann ich die Arbeiten einer breiteren Öffentlichkeit nicht zeigen, und das ist ein Verlust für unsere Kultur.“
Syring appelliert an Unternehmen, Kunsthistoriker einzustellen. „Dann wäre auf der anderen Seite wenigstens jemand, dem ich nicht erklären muß, welche Bedeutung der Künstler hat, und ich käme nicht mehr in die Gefahr, belehrend zu wirken.“ Aber auch in den Museen müßte sich manches ändern. Hier sollten Fundraiser sitzen, die nichts anderes tun, als Geld für Ausstellungen aufzutreiben. Sie selbst sieht sich dieser Aufgabe nicht gewachsen. „Ich bin kein Managerin, ich bin der Kunst verpflichtet.“
Folkwang-Chef Költzsch jedoch hat mit dieser Doppelrolle – Fachmann für Kunst und Geldbeschaffer – keine Schwierigkeiten: „Meine Aufgabe ist es, der Öffentlichkeit Kunst zu zeigen, und da muß ich Kompromisse machen.“ Von Katalogen, Sonderführungen für die Mitarbeiter, dem Aufdruck des Firmenlogos auf allen Druckerzeugnissen bis hin zu speziellen Veranstaltungen zur Stärkung der Firmenkultur können solche Kompromisse gehen. Doch gibt es für Költzsch eine Grenze: In der Ausstellung selbst zähle nur noch die Kunst.
KAROLINE MARTIN
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