Der Laser aus der Kunststofffolie
Die Farbe des Lichts lässt sich verändern, wenn man den Kunststoff dehnt.
Schon längst sind Farben keine Frage des Farbstoffes mehr. Wer spricht noch von Indigo und Henna in Zeiten, in denen der Personalausweis seine Echtheitsprüfung nur besteht, wenn er die Farbe wechselt, und gelbe Zähne mit farblosem Gel weiß getüncht werden können.
Heute sind Farben eine Frage der Teilchengröße. Die Revolution findet im Minimaßstab statt – nie zuvor war das Interesse der chemischen Industrie an Teilchen im Größenbereich von Nanometern (millionstel Millimeter) größer. Das hängt mit deren besonderen Eigenschaften zusammen, etwa bei der Wechselwirkung mit elektromagnetischer Strahlung. Die Wellenlänge des sichtbaren Lichts liegt mit 400 nm bis 800 nm über dem Durchmesser von Nanopartikeln. Und das erzeugt spannende Effekte.
Forscher der Universität Freiburg entwickeln gemeinsam mit der BASF Stoffe, die farbig erscheinen, ohne einen Farbstoff zu enthalten. Sie bestehen aus winzigen Kugeln des Kunststoffs Polystyrol, die alle den gleichen Durchmesser besitzen. Sie sind, zu einem regelmäßigen Gitter angeordnet, in einen elastischen Kunststoff eingebettet.
Grundlage ist ein flüssigkristallines Material, das aus lang gestreckten, stäbchenförmigen Molekülen besteht, die sich wie Baumstämme auf dem Wasser parallel ausrichten. Gibt man dazu eine Substanz, deren Moleküle ähnlich aufgebaut sind, entsteht eine wendeltreppenartige Struktur. Die Ausrichtung der stäbchenförmigen Moleküle ändert sich dabei von Schicht zu Schicht jeweils um einen kleinen Winkel. Sie orientieren sich strickleiterartig in nur eine Richtung – es entsteht die so genannte Helixachse.
Trifft weißes Licht in Richtung dieser Achse auf eine solche Flüssigkristallphase, wird nur das Licht einer bestimmten Farbe an dieser Struktur reflektiert. Die Wellenlängen hängen ab von der Ganghöhe der Helix, dem Abstand der Molekülebenen gleicher Orientierung.
Solche Strukturen nutzt die BASF bereits für eine Farbstoffklasse, so genanntes Paliocolor. Die Farbe wird erzeugt, indem sich das Licht an den einzelnen Schichten bricht. Je nach Anteil der chiralen Komponente können unterschiedliche Ganghöhen der Verdrillung erzeugt werden. Je kürzer die Ganghöhe, desto kürzer ist die Wellenlänge des reflektierten Lichtes. Dehnt man den Kunststoff, ändert sich der Abstand der Partikel und gleichzeitig die Farbe.
Genau diesen Effekt nutzt Prof. Heino Finkelmann vom Institut für Makromolekulare Chemie der Universität Freiburg, um einen mechanisch durchstimmbaren Gummilaser zu konstruieren. Dazu mischen die Freiburger einen fluoreszierenden Farbstoff in die flüssigkristallinen Systeme von Paliocolor. Bestrahlt man diese Verbindung mit einem Laser, entsteht wiederum ein Laser, jedoch mit viel stärkerer Intensität, wie die Chemiker verblüfft feststellten. Die reflektierenden Schichten der Schraubenstruktur wirken wie die Spiegel beim herkömmlichen Laser.
Auch der Gummilaser kann seine Farbe ändern. Durch Ziehen am Rand oder durch Komprimieren der Folie kann die Ganghöhe der Helix verändert werden. „So lassen sich die Farben des Laserlichts stufenlos von Orange bis Blau verändern“, sagt Finkelmann.
Laser mit variabler Farbe haben vielfältige Anwendungen, beispielsweise in der optischen Telekommunikation. Möglicherweise eröffnen die einfach herzustellenden Folien ganz neue Perspektiven, etwa für großflächige Displays zu Werbezwecken.
URSULA SCHIELE-TRAUTH/eb
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