CERN durchbricht Schallmauer bei der Datenspeicherung
Die Vorbereitungen für den voraussichtlich im Jahr 2007 in Betrieb gehenden Large Hadron Collider (LHC) laufen auf Hochtouren. Auf ihrem Weg, das enorme Datenvolumen des weltweit einzigartigen Teilchenbeschleunigers zu bewältigen, haben IT-Spezialisten des europäischen Kernforschungszentrums CERN jetzt ein wichtiges Etappenziel erreicht.
Ehrgeizig ist die Zielvorgabe der Wissenschaftler des Genfer CERN-Instituts. Um den Geheimnissen des Universums auf die Spur zu kommen, möchten sie mit ihren Experimenten für einen kurzen Moment jene Extrembedingungen erzeugen, wie sie unmittelbar nach dem Urknall herrschten.
Eine Schlüsselrolle spielt dabei der derzeit noch in der Planungs- und Bauphase befindliche neue Partikelbeschleuniger LHC (Large Hadron Collider). Das kreisförmige unterirdische Röhrensystem mit einem Umfang von 27 km wird den Forschern mit Beginn der Inbetriebnahme, voraussichtlich 2007, jährlich mehr als 10 PByte Messdaten liefern (1 Petabyte sind 1 Mio. Gigabyte). Informationen, die sowohl auf Bänder gespeichert, als auch weltweit verteilt werden müssen, um sie mit Hilfe modernster Grid-Technologie zentral wie dezentral zu analysieren.
Neben einer enormen CPU-Rechenleistung stellte das exorbitante Anforderungen an die IT-Speicherinfrastruktur gestellt. „Nur indem wir die Grenzen modernster Technologie ausreizen, können wir die Architektur und Skalierbarkeit der von uns für den LHC entwickelten Lösungen zur Datenspeicherung verifizieren“, erklärt Wolfgang von Rüden, Leiter der CERN IT-Division.
Ein erstes Etappenziel wurde kürzlich erreicht. Mit Hilfe von 45 Storagetek 9940B-Bandlaufwerken, die jeweils eine Datenspeicherung mit 30 MByte/s ermöglichen, gelang es den Forschern über mehrere Stunden hinweg Speicherraten von 1,1 GByte/s zu erzielen und dabei eine wichtige Schallmauer zu durchbrechen.
Der über drei Tage gemessene Durchschnittswert von immerhin noch 920 MByte/s übertrifft den bisherigen, unter wissenschaftlichen Bedingungen erzielten Höchstwert von ca.
850 MByte/s deutlich. Erzeugt wurde der mangels realer Messdaten derzeit noch „künstliche“ Datenstrom mit Hilfe von 40 CPU-Servern. Ihre Daten wurden temporär auf 60 Disk-Servern gespeichert und anschließend auf die Storagetek Bandserver übertragen.
Die Datenkompression betrug 1,3 – eine Rate, die für die Kompression „echter“ Experimentaldaten charakteristisch ist. Entscheidender Erfolgsfaktor für das Rekordergebnis ist die Tatsache, dass das Storagetek 9940B als derzeitig einziges High-End-Bandlaufwerk mit einer 2-Gbit-native-Fibre-Channel-Schnittstelle ausgerüstet ist und damit über die notwendigen Voraussetzungen für die Hochgeschwindigkeitsvernetzung des von CERN betriebenen Storage Area Networks (SANs) verfügt.
Obwohl mit dem jetzt durchgeführten Test das Maximum aktuell realisierbarer Speicherraten erreicht ist, stellt der Spitzenwert für die IT-Spezialisten des CERN nur einen Zwischenschritt dar. Allein ALICE (A Large Ion Collider Experiment), nur eines von vielen geplanten LHC-Experimenten, wird voraussichtlich Datenraten von
1,25 GByte/s benötigen.
Dennoch bleibt Wolfgang von Rüden optimistisch, in der verbleibenden Zeit weitere deutliche Steigerungen bei der Datenübertragung und Datenspeicherung zu realisieren. „Der jetzt erzielte Durchbruch gibt uns große Zuversicht und bestätigt, dass wir die Produktanforderungen für den LHC erreichen werden“, ist von Rüden sicher.
Für IT-Hersteller wie Storagetek ist ein Kunde wie das CERN, das höchste Ansprüche stellen muss, wichtig für das eigene Benchmarking: „Das Institut hilft uns, technologisch an der Spitze zu bleiben“, erklärt Beat Schüle, Storagetek Country Manager Schweiz. Auch andere IT-Hersteller nutzen die Ressourcen und das Know-how der Genfer Kernforscher, um ihre High-End-Produkte an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit zu treiben.
Beispielhaft ist das im September 2002 ins Leben gerufene CERN „Openlab“ für Daten-Grid Applikationen. Neben Intel mit seiner 64-bit-Prozessor-Technologie sowie 10-Gbit-Netzwerkkarten, Hewlett Packard mit neuesten Server-Systemen und Enterasys Networks mit seinen 10-Gbit-Switches ist seit April diesen Jahres auch IBM Openlab-Partner. Neben 28 TByte Speicherkapazität brachte IBM sein neues Speichermanagement-Konzept „Storage Tank“ in das Projekt ein.
SIEGFRIED DANNEHL
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