Biogasausbeute aus der Vergärung optimiert
Lässt sich die Rohstoffbasis für die Biogaserzeugung ausweiten? Welche Verfahren sind welcher Pflanze angemessen? Und welche Mikroorganismen sind an den Gärprozessen beteiligt? Solchen Fragen ist das „Biogas Crops Network“ in den letzten drei Jahren systematisch nachgegangen. Letzte Woche präsentierten die Forscher in Potsdam die Ergebnisse des BMBF-Förderprojekts. VDI NACHRICHTEN, Berlin, 15. 5. 09, ber
Im Grunde sind Biogasanlagen simpel. Man kippt Gülle und Energiepflanzen in einen großen Topf, erwärmt und rührt das Ganze, bis Methan herauskommt. Doch was passiert da genau? Welche Mikroben sind beteiligt? Welche Lebensbedingungen brauchen sie? Und wie wandeln sie pflanzlichen Kohlenstoff in das begehrte Methan?
Das Biogas Crops Network (BCN), das zehn deutsche Forschungseinrichtungen vereint, hatte seit 2005 Antworten auf diese Fragen gesucht. Letzte Woche wurden in Potsdam die Ergebnisse der vom Bundesforschungsministerium geförderten Forschungen vorgestellt. Ein Schwerpunkt: zweiphasige anaerobe Vergärungsverfahren.
Die Forscher gehen davon aus, dass gerade nachwachsende Rohstoffe damit weit effizienter zu vergasen sind als in herkömmlichen Anlagen. Zwar werden pflanzliche Rohstoffe längst mit Gülle zusammen vergast, doch im Betrieb ist das problematisch. So wird Gülle um Wochen schneller zersetzt als etwa Mais. Auch muss die inhomogene Masse unter hohem Energieaufwand gemischt werden. Und beim Substratwechsel gehen wertvolle Mikroorganismen verloren.
Als Ausweg schlagen die Forscher vor, Biomasse ohne Güllezusatz in zweiphasigen Verfahren zu verarbeiten. Die Hydrolyse der Feststoffe und anschließende Methanisierung finden dabei in getrennten Reaktoren statt. Zur Hydrolyse werden die Pflanzen in Containern gestapelt und regelmäßig mit immer derselben Flüssigkeit berieselt. Es entsteht ein saures Milieu mit Mikroorganismen, das die Pflanzen weitgehend zersetzt.
Nach dem „Bioleaching“ wird die pflanzlich angereicherte Flüssigkeit in einen Methanreaktor geleitet, wo Methanbildner (Archaeen) daraus Gas mit Methangehalten bis über 80 % bilden. Dafür brauchen sie ein pH-neutrales anaerobes Milieu, das einphasige Anlagen nur bedingt bieten denn saure Hydrolyse und pH-neutrale Methanisierung laufen im gleichen Topf. „Im schlechtesten Fall kommen die Archaeen mit dem Abbau der Säure nicht nach und der Prozess kollabiert“, erklärte Simon Zielonka von der Uni Hohenheim.
Während das Prinzip der Zweiphasigkeit leicht erklärt ist, erweist sich die Prozessführung als komplex. Denn viele Parameter beeinflussen die Vergärung. So steht und fällt die Aktivität der beteiligten Mikroben mit der Temperatur und der Nahrungsgrundlage. Fehlen Spurenelemente, stirbt der Prozess ab. Auch der Berieselungsrhythmus bei der Hydrolyse und die Frage der Luftzufuhr, um eine Methanisierung in der ersten Stufe zu unterdrücken, haben großen Einfluss auf den Umsatz der Reaktoren.
Das BCN ist den verfahrenstechnischen und mikrobiologischen Grundlagen der zweiphasigen Reaktoren auf der Spur. Teams um Prof. Paul Scherer von der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg und Dr. Michael Klocke vom Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim fahndeten mithilfe von DNA-Sequenzanalysen und Fluoreszenzmikroskopie nach beteiligten Bakterien und Archaeen.
„Noch kennen wir längst nicht alle Mikroorganismen, von ihren Funktionen, Syntheseleistungen und Anforderungen ganz zu schweigen“, so Klocke. Die Forschung ringe um grundlegendes Prozessverständnis. So verdichte sich erst jetzt, dass die Kohlenstoffverwertung beim Vergären nachwachsender Rohstoffe anders verlaufe als bei Klärschlamm. Während sich dort bei der Methanisierung vor allem Essigsäure bilde, entstehe in Pflanzenreaktoren ein CO2- und wasserstoffhaltiges Hydrolysegas, das dann in Methan gewandelt werde. „Demnach ließen sich Biogasreaktoren steuern, indem man für die jeweils an der Synthese beteiligten Bakterien Idealbedingungen schafft“, ergänzte Scherer.
Ob sich in Zukunft mikrobiologisch optimierte Anlagen oder Steuerungssysteme zur Kontrolle der Mikrobiologie verkaufen lassen, ist aber unklar. Die Branche tendiert zu simpler Technik: Wo Gülle und Pflanzen reinkommen, kommt meist auch ohne viel Mess- und Regeltechnik Methan raus.
„Bei uns in Baden-Württemberg sind über 100 000 ha Grünland ungenutzt“, berichtete Zielonka. Im Zuge der Landschaftspflege werde aber gemäht. Reichlich Rohstoff für Biogasanlagen – wäre die Vergärung von Gras in einphasigen Anlagen nicht so schwierig. Im Zuge des BCN hat Zielonkas Team Biogas daraus erzeugt – in einem stabilen zweiphasigen Prozess. PETER TRECHOW
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