Ingenieure sind auch weiter gefragt
Harald Felten ist Chief Executive Officer des Geschäftsbereichs Aviation beim Engineering-Dienstleister Ferchau. Im Gespräch mit den VDI nachrichten erläutert er, wie es um den Arbeitsmarkt für Luft- und Raumfahrtingenieure steht. VDI nachrichten, Düsseldorf, 12. 6. 09, moc
Felten: Wir beschäftigen in unserem Geschäftsfeld Aviation rund 650 Ingenieure. Die Hälfte arbeitet in vom Kunden outgesourcten Projekten, die anderen 50 % sind vor Ort beim Auftraggeber. Mit einem Rückgang ist dieses Jahr zwar zu rechnen, wir werden aber, soweit möglich, versuchen, die Zahl der Mitarbeiter zu halten und punktuell aufzubauen.
Gilt das für alle Segmente der Branche?
Für das Wachstum in der Luft- und Raumfahrt zeichnen derzeit primär die militärischen Programme verantwortlich. Die Systemfirmen stellen große, über viele Jahre angelegte Verteidigungsprojekte wie den Eurofighter oder den Airbus A400 M ja nicht über Nacht ein. In der Zivilluftfahrt merken wir dagegen schon, dass die Wachstumskurve ein Stück nach unten zeigt.
Stellen Sie jetzt eigentlich noch Leute ein?
In den Bereichen Elektronik und Avionik sind die Perspektiven für Ingenieure bei uns weiterhin gut da werden wir auch in diesem Jahr neue, hervorragend qualifizierte Mitarbeiter brauchen. Dagegen sehen wir für vieles, was mit Mechanik zu tun hat, kurzfristig eine Delle. Der langfristige Aufwärtstrend in der Luft- und Raumfahrtindustrie aber ist ungebrochen.
Ist das nicht Zweckoptimismus?
Nein. Zwar ist das Ende der Fahnenstange wohl noch nicht erreicht, aber ich bin überzeugt, dass es 2010 oder spätestens 2011 perspektivisch wieder nach oben geht. Passagier- und Frachtzahlen dürften in der Folge zweistellige Zuwächse verzeichnen. Entsprechende positive Auswirkungen erwarte ich auf den Arbeitsmarkt für Luft- und Raumfahrtingenieure.
Trifft das auch auf die Zuliefererfirmen zu?
Jobsuche für Ingenieure
Da gibt es keine Entkopplung von der Branchenentwicklung – weder im positiven noch im negativen Sinne. Ein Beispiel: Verschiebt sich ein Programm wie der A400 M nach hinten, macht sich das nicht nur beim Systemhersteller bemerkbar – das schlägt dann auf die gesamte Lieferantenkette durch.
Bundesarbeitsminister Scholz sagte, dass der Bedarf an hoch qualifizierten Fachkräften in Deutschland trotz Krise weiter steigen werde. Teilen Sie seine Meinung?
Der Minister hat recht. Die Situation ist ja schon heute nicht ganz unproblematisch. Versuchen Sie z. B. mal, kurzfristig einen Radar- oder Navigations-Spezialisten zu rekrutieren. Das wird nicht einfach, denn das sind rare Experten. Einen Konstrukteur für metallische Bauteile zu finden, ist dagegen schon einfacher, für CfK-Bauteile wird es schon wieder schwieriger.
Entstehen dadurch nicht Nachteile im internationalen Wettbewerb?
Sagen wir mal so: Das Wachstum in der Luftfahrt wird künftig stark von Schwellenländern im asiatischen Raum vorangetrieben. Umgekehrt wird man in diese Regionen immer mehr standardisierte und weniger komplizierte Arbeiten auslagern. Das heißt im Umkehrschluss, dass wir die komplexe Hochtechnologie hier im Land halten müssen. Dafür aber brauchen wir viele gut ausgebildete Ingenieure mit Systemverständnis und interdisziplinären Fähigkeiten. HEIKO REUTER