Die Rätsel des Helios-Fluges 522
VDI nachrichten, Düsseldorf, 19. 8. 05 – Es wird dauern, bis die Ursachen für die Flugkatastrophe in Griechenland endgültig geklärt sind. Doch bei den Nachforschungen steht die Sauerstoffversorgung an Bord im Vordergrund. Dabei ist in der Regel genügend Zeit, bei einem Druckabfall auf eine niedrigere Flughöhe zu sinken.
1999 verloren bei einem Learjet in den USA nach Druckverlust Crew und Passagiere das Bewusstsein. Auch hier soll das Notventil geschlossen gewesen sein. Nach einem Flug von fast drei Stunden stürzte das Flugzeug ab.
Bei der Suche nach den Ursachen für die Katastrophe des Helios-Fluges 522 ist so auch die Vermutung geäußert worden, dass die Sauerstoffversorgung im Cockpit nicht arbeitete, während die in der Kabine funktionierte – zumindest die vorgeschriebenen 15 min.
Aktuelle Sauerstoff-Notversorgungssysteme haben deshalb Signalquellen, die angeben, ob das Ventil offen oder geschlossen ist.
Klappt die Versorgung, atmen die Piloten ein Gemisch von Umluft und mindestens 40 % Sauerstoff ein. Je stärker der Druck im Flieger abfällt, umso höher wird der Anteil an Sauerstoff.
Entsteht Rauch im Cockpit, können die Piloten manuell auf eine 100 %-ige Sauerstoffversorgung umschalten.
In der Regel gehen die Piloten bei einem Druckverlust in den Sinkflug, mit einer Sinkrate von ungefähr 900 m/min. Bei einer Höhe von 3000 m wäre normales Atmen wieder möglich.
Bei einem Druckabfall kann auch die Temperatur auf bis minus 50° C sinken. Das erklärt zwar die Unterkühlung, die bei vielen der Opfer festgestellt wurde – andererseits müssten dann auch die Fenster im Inneren der Kabine vereist gewesen sein. Das war aber wohl nicht so, da ja die Piloten der beiden Jets, die die Boeing über griechischem Territorium begleiteten, in die Passagierkabine hineinsehen konnten.
Auch dass Triebwerksgase über die Zapfluft in das Flugzeug eingedrungen sind und zur Bewusstlosigkeit von Piloten und Passagieren geführt haben könnten, ist nicht wahrscheinlich. Die Zapfluft wird in der Regel deutlich in Flugrichtung vor der Brennkammer des Triebwerks abgezapft.
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Zudem gilt plötzlicher Druckverlust keineswegs als übermäßig gefährlich. „So etwas kommt weltweit einmal pro Woche in einem Flugzeug vor und ist absolut beherrschbar“, sagte Markus Kirschneck, Sprecher der Vereinigung Cockpit nach dem Unglück. moc