Umformtechnik beginnt mit Draht
Auf der Messe „wire 2000″ vom 3. bis 7. April in Düsseldorf gibt“s nicht nur Draht in allen Varianten zu sehen. 1100 Aussteller präsentieren die gesamte Technologie zur Fertigung von Draht und Drahtprodukten, vom Seil für die Hängebrücken bis zum feinsten Golddraht für Elektronikchips.
Draht ist unverzichtbarer Bestandteil fast jedes technischen Produkts – von der Feder im Kugelschreiber bis zu den weltumspannenden Energie- und Kommunikationsleitungen. In den letzten Jahren sind die technischen Anforderungen an Drahtwerkstoffe sowie an Produkte, die mit Hilfe von Draht hergestellt werden, spürbar angestiegen. Das beginnt schon bei der Herstellung des Vormaterials: Hier erwarten die Anwender heute Maschinen, die mit hoher Produktivität und Zuverlässigkeit Draht mit sehr eng tolerierten Eigenschaften erzeugen. Zudem spielen Umweltschutz und die Forderung nach sparsamem Umgang mit Energie, Rohstoffen und Betriebsstoffen eine immer größere Rolle.
Ökonomisch-ökologische Optimierung ist deshalb das Motto für die Anlagen zur Draht- und Kabelfertigung der Niehoff GmbH in Schwabach/Nürnberg. Vorgestellt werden eine Drahtziehmaschine für die Herstellung von Supraleiter-Drähten und Feindraht-Ziehmaschinen für Edelmetalldrähte mit Durchmessern von nur noch 50 mm. Die Dickenverminderung des Drahts wird in 35 Stufen erreicht. Spezielle Einrichtungen sorgen dafür, dass die Anlage bei einem Stromausfall kontrolliert zum Stillstand kommt, ohne dass der Draht reißt.
Eine neue Ziehmaschine der Schumag AG, Aachen, ermöglicht das Ziehen von Stahl und NE-Metallen mit maximalen Geschwindigkeiten von bis zu 250 m/min. Weiterer Vorteil ist die schnelle Umrüstbarkeit.
Bemerkenswerte Fortschritte gibt es auch bei den Anlagen, mit denen Draht zu Seilen verarbeitet wird. Pro Stunde bis zu 1000 Seile fertigt eine Seilkonfektioniermaschine von der Eurotec GmbH, Salach, die sich rasch von Nylon- auf Stahlmaterial umstellen lässt und nur 10 m2 Aufstellfläche benötigt. Die Altin Nähtechnik GmbH aus Altenburg stellt ein neues Nähverfahren zum Binden von Kabelsträngen vor, das gegenüber der bisher eingesetzten Technologie deutliche Kostenvorteile für sich geltend macht. Die Anlagen sind kurz gebaut, damit sie sich gut in bestehende Fertigungslinien integrieren lassen.
Dass man Draht nicht nur für Seile und Leitungen, sondern auch für eher „textile“ Zwecke verwenden kann, zeigt in Düsseldorf die Rhodius GmbH aus Weißenburg mit ihren Gestricken aus schlingenförmig ineinander greifenden Drahtmaschen. Die in allen Richtungen leicht beweglichen Schlingen verleihen dem Material sehr gute Elastizität und Dehnbarkeit. Die Einsatzgebiete sind vielfältig, unter anderem wird es für Dichtungen, Hitzeschilde oder Filter verwendet. Gleichmäßige Qualität von Drahterzeugnissen setzt natürlich voraus, dass die Eigenschaften des Drahtmaterials vor und während der Verarbeitung mit ausreichender Geschwindigkeit und Genauigkeit gemessen werden können. Die Burster Präzisionsmesstechnik KG aus Gernsbach stellt ein Widerstandsmessgerät mit hoher Genauigkeit und großem Messbereich vor, das bis zu 50 Messungen in der Sekunde durchführen kann. Für die Qualitätsüberwachung kann man bis zu 20 000 Messwerte speichern.
Das Wirbelstromverfahren zur Fehlerortung nutzen die Anlagen des Instituts Dr. Förster, Reutlingen, die über Schnittstellen voll in Datennetze integriert werden können und somit flexibel für Qualitätsüberwachung und -dokumentation einsetzbar sind. Auf der Grundlage eines direkten mechanischen Kontakts mit dem Draht arbeitet das Drahtmesssystem der Fort Wayne Wire Die Inc., Fort Wayne, USA, das es ermöglicht, den äußeren Durchmesser und die Rundung des Drahts direkt am Ziehstein genau zu messen.
Wer glaubt, dass Strom bevorzugt durch Kupferleitungen übertragen wird, kann sich auf der Fachmesse in Düsseldorf überzeugen, dass dies heute nur noch zum Teil zutrifft. So wird für Hochspannungsleitungen statt des besonders gut leitenden Kupfers manchmal auch hochfester Stahl oder titanlegiertes Aluminium – oft auch im Verbund – verwendet. Der Grund: Kritisch belastete Leitungen werden heute bei Temperaturen bis zu 150 °C betrieben, so dass das Durchhangverhalten des Seils ein wichtiges Auswahlkriterium wird.
Aus dem gleichen Grund entwickelte die Berndorf F.A.S. GmbH in Berndorf (Österreich) inzwischen auch farbbeschichtete Seile, die aufgrund ihrer höheren Wärmeabstrahlung einen höheren Dauerstrom aushalten können. Auf diese Weise kann die Übertragungskapazität gegenüber normalen Leitungen um bis zu 50 % gesteigert werden. Und für mehr Akzeptanz bei Hochspannungsleitungen in Naturschutzgebieten gibt es inzwischen sogar grün eingefärbte Leitungen.
Mit hohen Leistungen können auf der Messe aber auch nichtmetallische Werkstoffe aufwarten. Die Aramidfasern der Twaron Products V.o.F. , Arnheim ( Niederlande), bieten eine besonders günstige Kombination von hoher Festigkeit bei zugleich niedrigem Gewicht. Sie sind für den Einsatz in Lichtwellenleiterkabeln vorgesehen, können aber auch verwendet werden, um leichten Kunststoffrohren eine Druckfestigkeit von bis zu 600 bar zu verleihen.
Zufriedene Gesichter gibt es bei der Messegesellschaft bereits im Vorfeld, denn man kann erfreulichen Zuwachs vermelden. Bemerkenswert ist auch die Auslandsbeteiligung an der „wire“: Sie liegt bei 69 %, vertreten sind 42 Länder aus allen fünf Kontinenten. Erwartet werden rund 60 000 Fachbesucher. KLAUS VOLLRATH/ KÄM
Ohne Wickeln der Drähte nach dem Glühen: Herzstück der neuen Anlage im Werk Bärenstein ist dieser Linienzug. Oben wird der Draht gereinigt, geglüht und beschichtet. Eine Etage tiefer wird kontinuierlich verteilt und auf Maß gezogen.
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