Über Variationen in 3D freut sich der Blechkonstrukteur
3D-CAD und Simulation sind hervorragende Software-Werkzeuge, geht es um optimales Engineering rund ums Blech. Gleichzeitig verschmelzen auch hier Konstruktion und NC-Programmierung zusehends, wie die Euroblech 2002 vom 22. bis zum 26. Oktober zeigen wird.
Auch in der Blechkonstruktion vollzieht sich ein Wandel zur 3D-Anwendung. Damit werden Visualisierung und die frühzeitige Prüfung auf die gewünschte Funktionalität möglich. Das ist noch nicht allzu lange so: „Als wir vor etwa vier Jahren ein leistungsfähiges CAD-System suchten, war das Paket HiCAD der Dortmunder ISD GmbH praktisch das einzige mit einem 3D-fähigen Blechmodul. Heute sind es einige mehr“, schildert Walter Becker, Senior-Chef der Reeb Stahl- und Blechtechnik GmbH, das damalige Angebot. Das Unternehmen in Remchingen-Wilferdingen nahe Karlsruhe, feierte 2000 sein 100-jähriges Firmenjubiläum und beschäftigt 50 Mitarbeiter. Hergestellt werden als Problemlösungen für Kunden Verkleidungen für Werkzeugmaschinen, für den Maschinen- und Anlagenbau sowie für Verpackungsanlagen und die Medizintechnik.
„Blech ist ja nicht einfach ein Produkt“, hebt Becker hervor. „Zu der nicht gerade unkomplizierten Verarbeitung gehört viel Fachkenntnis.“ Neue Methoden in den CAD-Systemen schließen daher jetzt auch „Wissen“ um Materialeigenschaften und Umformtechniken ein. Die Konstruktionsgeometrie kann meist nahtlos an NC-Prozesse oder auch Biegesimulationsprogramme übergeben werden. Die Hersteller betonen vor allem die speziell auf die Bearbeitung abgestimmten Funktionen. Dazu gehört, dass bei Kantteilen auch die Eckausbildungen oder Ausklinkungen konstruiert werden können. Eine andere Funktion etwa ist das automatische Erzeugen von Gehrungsschnitten. Diese zum Teil automatisch ablaufenden Prozesse sollen die Entwicklung erleichtern und Zeit sparen.
Hinzu kommen vorgefertigte „Normteile“ in einzelnen CAD-Paketen. Das ISD-System etwa enthält hier Behälterelemente oder Hosenrohre. Eine andere konstruktive Funktion, den Übergang von rund auf eckig, weist auch der SPI Blech Inventor, das in die Autodesk-Lösung integrierte Modul der Ahrensburger SPI GmbH auf. Deren eigene Entwicklungen sind auch in weitere CAx-Basispakete wie Solid Works oder Smart Solutions integriert. Die SPI-CAD-Programme liegen zudem in diversen europäischen Sprachen vor. Spezialität hier sind Freiformflächen-Abwicklung oder die Verwendung von Winkeln größer 360 Grad. Fast überall gehört heute Biegesimulation schon zum guten Ton: ISD integriert diese Funktion in ihr Paket. SPI dagegen führt dafür eine eigene SPI-V Bend genannte Lösung im Angebot.
Blech erhielt nun, sozusagen, auch wissenschaftliche Weihen im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Universität Duisburg. Es wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unter AIF Nr. 12217 über die Arbeitsgemeinschaft der industriellen Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. gefördert: Darauf aufbauend wurden – beispielhaft für das MegaCAD-System – Dialogkomponenten und Gestaltungs-Features zur abwicklungsgerechten 3D-Konstruktion von Standard- und Sonderformen des Behälter- und Rohrleitungsbaus entwickelt. Prof. Dr. Peter Köhler beschreibt die Intention: „Ziel war es, neue Problemfelder der Blechteilkonstruktion nicht – wie früher – durch spezielle Variantenprogramme zu beherrschen, sondern die Bauteil-Gestaltung und den Blechzuschnitt innerhalb des CAD-Systems zu ermöglichen. Hierzu waren vor allem differentialgeometrische Randbedingungen im Modellierkern zu integrieren. “ Wie im CAD konstruiert sind die Aufgaben fertigungstechnisch komplizierter Modelle auch umformgerecht abzuwickeln. „Abzusichern, das die Gauss’sche Flächenkrümmung für Sonderformen gleich Null ist, schaffen nicht viele moderne CAD-Systeme“, weist Köhler auf den Knackpunkt hin.
Diese Funktionen wurden direkt in den Geometrie-Kernel Acis integriert, auf dem das CAD-Paket der Berliner Megatech GmbH aufbaut. Entsprechend lassen sich alle Operationen mit Acis-Funktionen durchführen.
Für die Firma Reeb formuliert Becker seine Sicht jedoch allgemeiner: „Zunächst muss die CAD-Konstruktion schnell in Zeichnungen für die Fertigung umgesetzt werden.“ Das ist noch nicht besonders aufregend, doch der Unternehmer fährt fort: „Zum Beispiel muss sich die Blechverformung kostengünstig – weitgehend ohne nachträgliche Handarbeit – bewerkstelligen lassen.“ Erreicht wird dies, so seine dedizierte Meinung, „indem mehr Funktionalität in die CAD-Konstruktion verlagert wird.“ Früher in der Fertigung angesiedelte Aufgaben wie Steuerung von Prozessen und deren Organisation werden nun der Verantwortung des Konstrukteurs zugewiesen. Der benötigt dann natürlich entsprechend leistungsfähige CAD-Systeme.
K.-F. DAEMISCH/KIP
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