Tourenwagenprofis kleben bereits die Hälfte der Verbindungen
Ausgerechnet die, die für das Schrauben an ihren Fahrzeugen bekannt sind, brechen nun eine Lanze für die Klebetechnik. Im Motorsport etablieren sich zunehmend Klebverbindungen.
Rennsport lebt von technischen Verbesserungen, wie neuen Werkstoffen und neuen Verfahren, das weiß auch Frank Link, Werkstattleiter DTM bei Abt Sportsline in Kempten. „Ohne Kleben geht“s nicht mehr“, sagt der gelernte Maschinenbautechniker, der sich mit Blick auf seine langjährige Tätigkeit als Chefmechaniker von Christian Abt als leidenschaftlichen „Schrauber“ bezeichnet. Problematisch sei dabei nur, dass die Qualität einer geklebten Verbindung nicht zu erkennen ist, ohne sie wieder zu zerstören. „Aber irgendwann muss man den Schritt machen, dem Klebstoff einfach zu vertrauen“, verdeutlicht er. „Dann werden einem auch ganz schnell dessen Vorteile bewusst.“
Schon seit Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre habe es zwar immer mehr Versuche mit Klebverbindungen gegeben, „aber da war die Angstschraube immer noch dabei“, erinnert sich Frank Link. In den Tourenwagen, die heute die Werkstatt in Kempten verlassen, ist bereits etwa die Hälfte der Verbindungen geklebt.
So sind beim Audi TT-R von Christian Abt aus der Vorjahressaison der Deutschen Tourenwagen Masters (DTM) die runden Formen des bekannten Modells aus Ingolstadt unverkennbar. Das ist aber auch schon fast alles, was den Wagen noch mit dem Serienfahrzeug verbindet. Der Kemptener Automobilveredler erweist sich dabei als Hersteller. „Wir haben hier in Kempten eine Struktur aufgebaut, mit der wir Autos selbst fertigen können“, erklärt Frank Link dazu. „Von der ersten Konstruktion über das CAD bis hin zur Herstellung fast aller benötigten Teile ist hier der komplette Aufbau möglich.“
Klebstoffe haben sich dabei zu einem wichtigen Bindeglied entwickelt: Die beiden Aluminiumkühler in der vorderen Crash-Box des Fahrzeuges werden z.B. mit Hilfe von Zweikomponenten-Konstruktionsklebstoffen auf Epoxidharzbasis jeweils in einem Rahmen aus Kohlefaser-Verbundwerkstoff angebracht. Zunächst wird der Kühler dazu mit einem Klebstoff punktuell im Rahmen befestigt. Die Rennsportprofis setzen dazu einen Klebstoff von 3M in Neuss ein, der sich durch eine zügige Verarbeitung von 10 min sowie eine hohe Festigkeit auszeichnet. In der Box wird der Rahmen dabei nur noch von vier Schrauben gehalten. „So behält der Kühler bei der anschließenden, vollflächigen Randverbindung exakt seine Position im Rahmen und damit in der Box“, erklärt Mechaniker Jörg Steffens.
Für die endgültige Fixierung kommt ein weiterer Klebstoff zum Einsatz, der sich etwa 90 min verarbeiten lässt und nach dem Aushärten laut Hersteller bis 120 °C Temperaturbelastbar ist. Eine Verbindung von geätzten Aluminiumteilen erreicht damit bei einer Prüftemperatur von 23 °C eine Zugscherfestigkeit von 26 MPa. Werden im Testverfahren für die Verbindung Kohlefaser-Verbundwerkstoffe verwendet, erhöht sich die Zugscherfestigkeit sogar auf 36 MPa. Die Klebverbindung hält dann zwar noch, aber es kommt zu einem Bruch im Werkstoff selbst.
„Für uns ist gerade bei diesem Beispiel keine mechanische Verbindung mehr denkbar“, erklärt Werkstattleiter Link. „Wenn wir hier in den FaserVerbundwerkstoff Löcher bohren würden, verlöre er komplett seine eigenen, funktionellen Eigenschaften.“ Weitere Vorteile sieht er in der Verarbeitung: „schnell und sauber“ sowie in puncto Sicherheit und Wiederverwendbarkeit. „Der Kühler selbst ist nicht durch Bohrlöcher geschädigt und kann immer wieder mittels einer Klebverbindung optimal in ein neues Umfeld eingepasst werden.“
Das unterstreicht auch Uwe Mannert, Anwendungsingenieur für Konstruktionsklebstoffe bei 3M: „Zähelastische Klebesysteme wie dieses sind dafür prädestiniert, da sie Vibrationen, sogar Stöße und Schläge in der Crash-Box auffangen können.“ Die Elastomere in der Molekularstruktur wirkten einer Rissbildung dabei aktiv entgegen, wodurch die Lebensdauer der Verbindung erhöht werde. MUE/CIU
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