Schlanke Fertigungsketten bringen hohe Effizienzvorteile
Wertschöpfung konsequent von jeglicher Verschwendung befreien. Das ist das Versprechen, mit dem die Porsche Consulting bei jedem Kunden antritt – und das keineswegs nur in der Automobilindustrie. Denn Prozesse in der Produktion bieten nach Ansicht der schwäbischen Unternehmensberater ein in vielen Industriebranchen bisher meist unterschätztes Potenzial für höhere Effizienz.
Unternehmensberater, die einen Konzern auf Effizienz untersuchen, haben in Deutschland nicht unbedingt einen guten Ruf. Eberhard Weiblen, Vorsitzender der Porsche Consulting, Bietigheim-Bissingen, kennt diese Vorbehalte zur Genüge und erklärt deshalb: „Entscheidend ist, mit welcher Strategie die Experten an die Aufgabe gehen, da wird zu oft einfach nur der Rotstift angesetzt und am Ende müssen weniger Mitarbeiter mehr Leistung bringen.“
Die 227 Beratungsexperten der Consultingfirma streichen zwar auch rigoros, aber es geht ihnen vor allem um das, was an effektiver Arbeit hindert. Überflüssige Wege, zusätzliche Handgriffe, gelagertes Material und Wartezeiten sind hier die wichtigsten Punkte, die der Unternehmenschef nennt. Ziel sei die Beseitigung von Verschwendung. Weiblen: „Wir erreichen damit eine Kostenersparnis, die oft weit in den zweistelligen Prozentbereich geht.“
In Modellwerkstätten, die es nicht nur am Stammsitz der Berater, sondern auch im Porsche-Werk Leipzig und bei einigen Kunden gibt, lässt sich das praxisnah demonstrieren: Auf einer Taktstrecke werden Spielzeugautos montiert und die Daten zur Produktivität ermittelt. Anschließend versuchen die Beteiligten eines Seminars den Prozess zu verschlanken. Nach vier bis fünf Runden seien dann die langen Wege zum Material und zum nächsten Mitarbeiter verschwunden und der Ausstoß verdrei- und vervierfache sich. Weiblein: „Selbst Vorstände aus DAX-Unternehmen haben hier schon gestaunt, was da für Reserven zu heben sind.“
Die Liste der betreuten Unternehmen – der Dübelhersteller Fischer oder der Chiphersteller AMD, der Straßenbauer Kirchhoff oder das Brauhaus Erdinger sind beispielsweise darin zu finden – reicht durch fast alle Branchen. Die Berater setzen für ihr universell anwendbares Lean-Modell nach dem Vorbild moderner Autofabriken auf eine straffe Taktung der Fertigung. Die Zuliefererketten sind so eingebunden, dass die benötigten Teile erst kurz vor dem Einbau an den Arbeitsplatz geliefert werden.
Andreas Heizer, Vice President Lufthansa Technik, Hamburg, hat bereits erlebt, was sich so bei der Hauptwartung am Airbus A 340 einsparen lässt. „Wir haben früher zunächst alles aus dem Flugzeug ausgebaut, dann aufgearbeitet und wieder installiert, das hat unter den beengten Bedingungen zu viel Wartezeit geführt“, berichtet er. Mit der Einführung eines Taktes habe die Wartungszeit im Dock – bei Großflugzeugen ein wesentlicher Kostenblock – um 28 % reduziert werden können. Heizer: „Wir sind dadurch im harten Wettbewerb auch gegenüber den Werften in Asien konkurrenzfähig geblieben.“ Jetzt soll das neue Konzept, das Heizer mit dem Übergang „vom Werkstattprinzip zur industriellen Arbeit“ vergleicht, auch auf andere Bereiche und Flugzeugtypen ausgeweitet werden.
Auch bei der Meyer Werft, Papenburg, brachte das von den Beratungsexperten übernommene Konzept Effizienzvorteile. Die Gewerke beim Innenausbau gehen jetzt ebenfalls nach strengen Taktvorgaben vor, visualisiert durch eine Steuerungstafel mit Ist/Soll-Angaben. Von der zuvor großzügigen Lagerhaltung vollzog sich dabei eine Wendung hin zu Just-in-time-Zulieferungen.
Als weiteres von Porsche übernommenes Prinzip nennt Bernard Meyer, der geschäftsführende Gesellschafter, die „Null-Fehler-Toleranz“. Anfangs sei man ziemlich beratungsresistent gewesen, doch nachdem rund 30 % Einsparungen bei Zeit, Arbeitskosten und Platz nachgewiesen werden konnten, werde nun sogar eine „Meyer-Akademie“ für die Mitarbeiterschulung etabliert.
Natürlich profitiert auch Porsche selbst von seiner Consultingfirma, die ursprünglich mit der Restrukturierung des Automobilherstellers Anfang der 90er-Jahre entstanden ist. Auch hier läuft das Verbesserungsprogramm kontinuierlich weiter. Seit 1991 ist laut den Unternehmensangaben die Fertigungszeit etwa beim Modell 911 um 71,1 % gesunken – ohne dass die Bänder schneller laufen müssten oder der Stress für die Mitarbeiter sich erhöht hätte. Das jährliche Ziel von jeweils weiteren 6 % Produktivitätszuwachs hält Weiblen zwar für engagiert, aber machbar. MANFRED SCHULZE
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