Sachsen steht zur Mikroelektronik-Industrie
Der Überlebenskampf des insolventen Chipherstellers Qimonda hat ein erstes Opfer gefordert: Der Standort Richmond in den USA wird geschlossen. Das Überleben in Dresden ist damit noch nicht gesichert, die Suche nach einem Investor geht weiter. VDI nachrichten, Dresden, 6. 2. 09 , jdb
Mit dem Konferenzort Dresden hatte die Semi, der Verband der Zulieferer der weltweiten Chipindustrie, einen guten Riecher: Die Insolvenz des Speicher- chipherstellers Qimonda vor knapp zwei Wochen hatte die Elbmetropole zu einem „heißen Pflaster“ werden lassen. Dementsprechend groß war diesmal das Interesse hochrangiger Chipexperten am alljährlich stattfindenden Industry Strategy Symposium (ISS).
„Die Insolvenz Qimondas hat nicht ursächlich mit dem Standort Dresden zu tun“, erklärte Sachsens Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit, Thomas Jurk, den Konferenzteilnehmern am Montag und bedauerte, dass alle Anstrengungen der Staatsregierung kurz vor Jahresende die Insolvenz abzuwenden erfolglos geblieben seien. Dennoch sei die Mikroelektronik für Sachsen eine Erfolgsstory, denn rund 1200 Unternehmen erwirtschaften mit 44 000 Mitarbeitern rund 6 Mrd. € Umsatz. „Das sind 12 % des verarbeitenden Gewerbes in Sachsen“, so der Minister.
Qimonda will jetzt zunächst sein Werk in Richmond im US-Bundesstaat Virginia schließen. Es sei zu teuer, die Fertigung dort auf den neuesten technologischen Standard umzustellen, teilte die Infineon-Tochter am Dienstag in München mit. Rund 1500 Mitarbeiter sind betroffen ihnen steht die sofortige Kündigung bevor.
Qimonda will seine Kunden nun verstärkt mit Chips aus dem europäischen Hauptwerk in Dresden beliefern, wo bereits teilweise in einer neuen Technologie namens „Buried Wordline“ produziert wird. Es sei jetzt die Herstellung erster funktionsfähiger Module mit Strukturgrößen von 46 nm gelungen, hieß es aus München. Dadurch können mehr Chips pro Scheibe produziert werden, was die Effizienz in der Produktion um bis zu 200 % steigern könne. Qimonda-Finanzchef Thomas Seifert sagte, dieser Kompetenznachweis sei ein erster kritischer Schritt bei der Investorensuche.
In Dresden protestierten am Dienstag rund 2800 Menschen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Qimonda beschäftigt dort rund 3200 Menschen, weltweit sind es gut 12 000. Der Dresdner Betriebsratschef Martin Welzel sieht Bundesregierung und EU in der Pflicht: „Für Banken sitzt der Euro locker. Auch wir brauchen Hilfe.“ EU-Industriekommissar Günter Verheugen hatte aber bereits abgewinkt. „Niemand kann ein Unternehmen retten, das sein Eigentümer nicht retten will“, sagte er der in Dresden erscheinenden „Sächsischen Zeitung“.
Für Wirtschaftsminister Jurk geht es aber um mehr: Denn neben Qimonda gibt es noch AMD, Infineon und eine Vielzahl weiterer, z. T. kleiner und mittlerer Unternehmen. Diesen gilt auch weiterhin die volle Unterstützung des Freistaats: „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wenn nur asiatische Chipstandorte gestärkt aus der Krise hervorgehen.“ Doch fühlt er sich vom EU-Beihilferecht gelegentlich „stranguliert“.
Sein engagierter Appell richtet sich daher an den Bund und die EU: „Wenn es uns nicht gelingt, in der Mikroelektronik an der Spitze dabei zu sein, haben wir ein Problem.“ Dann gerieten wichtige deutsche und europäische Exporttechnologien wie die Automobilbranche in gefährliche Abhängigkeit von asiatischen Zulieferern. rtr/jdb
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