Prozessoptimierung wird zur wichtigen Herausforderung in der Entwicklung
VDI nachrichten, Düsseldorf, 6. 10. 06, ciu – In Zeiten hoher Rohstoffpreise ist die Kreativität in der Produktentwicklung gefragt. Dabei führt nicht immer nur geringerer Materialverbrauch oder der Einsatz kostengünstigerer Materialien zum Ziel, sondern auch die Optimierung von Fertigungsprozessen. Die Messelandschaft reagiert ebenfalls auf diesen Trend.
Knappe und teure Rohstoffe erhöhen den Druck auf Ingenieure und Techniker. Neben intelligenten Lösungen im Produktengineering, wie durch Werkstoffsubstitution und Material sparenden Konstruktionen, ist dabei auch die Innovationsfähigkeit in Sachen effizientere Produktion gefordert.
Dieter Kunz, Geschäftsführer der Neue Materialien Bayreuth GmbH, sieht z. B. in der Effizienzsteigerung etablierter Fertigungsverfahren und der dadurch möglichen Energieeinsparung ein großes Potenzial, gestiegene Rohstoffpreise zu kompensieren. Und das tut not, damit in Zukunft die Produktionskosten nicht explodieren.
„Meist ist es leichter, einen bestehenden Produktionsprozess zu optimieren und damit die Herstellkosten stabil zu halten, als einen neuen Werkstoff für eine neue Anwendung zu etablieren, weil dazu oft langwierige Materialtests nötig sind“, so Kunz, der in Bayreuth mit seinem Team Firmen bei Werkstofffragen und Anwendungstechnik berät und unterstützt. Viele ihrer Projekte widmen sich derzeit dem hochaktuellen Thema: Energieeinsparung im Produktionsprozess.
Besonders innovativ zeigen sich die Ingenieure der Kunststofftechnik. „Dieser Branche verursachen die hohen Energie- und Rohstoffpreise natürlich besonders starke Kopfschmerzen und erhöhen den Innovationsdruck enorm“, so Kunz. Energieersparnis war denn auch die wichtigste Zielsetzung für ein Projekt, das sich mit der Herstellung von Partikelschaum aus EPP (Expandiertes Polypropylen) beschäftigte. Dabei entstand mit einer Dicke von 500 mm nicht nur der weltgrößte EPP-Schaumblock, die Bayreuther Ingenieure konnten durch geschickte Prozessoptimierung den Energieverbrauch auch um 50 % senken. Ein enormer Beitrag zur Kostensenkung: Denn immerhin schlägt in der EPP-Fertigung die Energie mit einem Anteil von 30 % an den Produktionskosten zu Buche.
Partikelschäume aus Polypropylen sind halbharte, thermoplastische Kunststoffschäume. Die lose angelieferten Partikel werden üblicherweise in Schäumautomaten zu Schaumstoff-Formteilen verarbeitet. Anwendung finden die EPP-Teile unter anderem im Auto-Innenraum zum Schutz vor seitlichem Aufprall sowie für absorbierende Kopfstützen und im Bereich der Knieabsorber und für Transportverpackungen. Eine wesentlich effizientere Nutzung der Prozessmedien Dampf, Druckluft und Kühlwasser ermöglichte die hohen Kosteneinsparungen und machte die Herstellung dicker Blöcke, die anschließend zur Weiterverarbeitung in dünne Platten zerschnitten werden „um ein Vielfaches kostengünstiger als eine kontinuierlich arbeitende Stranganlage für geringere Wanddicken“, so Kunz.
Intelligentes Produktengineering gründet sich also oftmals auf die Weiterentwicklung klassischer Fertigungsmethoden. So setzen Fahrzeughersteller aufgrund der Gewichtseinsparung zunehmend auf hoch- und höchstfeste Stähle. Doch die entsprechend nötigen komplexen Geometrien lassen sich durch Kaltumformung meist schwer herstellen, hohe Umformgrade führen nicht selten zur Rissbildung. „Durch eine kurzzeitige, örtlich begrenzte induktive Erwärmung lassen sich die Umformeigenschaften der hochfesten Stähle gezielt verbessern, so dass anwendungsgerechte, gewichtsminimierte Bauteile im anschließenden Kaltumformprozess gefertigt werden können“, erläutert Kunz eine weitere Entwicklung seines Teams. Die verbesserten Umformeigenschaften – mit Zunahme von Bruchdehnung und Senkung der Streckgrenze – beruhen dabei auf Veränderungen im Materialgefüge.
Anwendung findet die Methode z. B. bei der Karosserie des Audi A6. „So leistet die Optimierung und Weiterentwicklung bestehender Fertigungstechnologien einen wichtigen Beitrag für intelligente Produkte und bietet den Ingenieuren vielfältige Möglichkeiten gestiegene Rohstoffkosten zu kompensieren“, resümiert Kunz im Vorfeld der Fachmesse Materialica. Zusammen mit Kollegen aus Würzburg und Fürth werden die Bayreuther dort vom 10. bis 17. Oktober als Kompetenzzentrum Neue Materialien Nordbayern Auskunft geben.
Innovationen für Produkte und Prozesse will in München auch der Schauplatz Nano zeigen. Wo die Nanotechnologie bereits zu verbesserten Oberflächen geführt hat, zeigt dort z. B Degussa aus Hanau. Produkte mit Nanotechnologie zur Serienreife zu bringen hat sich dagegen der Aussteller Engineered nano Products Germany (EPG) aus Saarbrücken zum Ziel gesetzt. Weitere Themen der Materialica sind Kunststoffe, Verbundstoffe und Keramiken. M. KÖMPF / CIU
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