Optische Lithografie gerät unter Druck
VDI nachrichten, Düsseldorf, 2. 11. 07, jdb – Schweizer Forscher schaffen den Durchbruch in der so genannten „Softlithografie“, einem Druckverfahren, das im Nanobereich eine Alternative zu den teuren optischen Lithografieverfahren für die Fertigung von elektronischen Bauteilen darstellen könnte. Strukturen bis hinunter zu 25 nm halten die Forscher für möglich.
Schon in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts stellte sich die Frage, ob man nicht Druckverfahren auch für die Herstellung feinster Elektronikstrukturen verwenden kann. Die klassische optische Lithografie mit Nanometerlicht, Belichtungsmasken und lichtempfindlichen Photolacken ist teuer – viel zu teuer, wenn man Mikrostrukturen für sehr preiswerte elektronische Anwendungen schaffen will.
Feine Strukturen zu drucken ist dabei nur das Grundproblem, viele Einzelstrukturen übereinander zu realisieren ein anderes, die passgenaue drucktechnische Überlagerung mehrerer Schichten in der Softlithografie ein drittes.
Mit konventioneller Offset-Drucktechnik, wie man sie aus dem Papierdruck her kennt, sind heute Strukturen bis herunter zu etwa 10 µm realisierbar. Hochauflösende Tintenstrahldrucker erreichen etwa 1 µm Pixelauflösung, industrielle Spezialtechniken kommen auch noch in den Sub-Mikrometerbereich. Dabei ist die Anordnung der Pigmente auf dem Druckbild rein stochastisch. Mit der bei IBM in Rüschlikon in Zusammenarbeit mit dem Surface-Science-Team der ETH Zürich entwickelten Technik lässt sich jetzt die Anordnung der Strukturen deterministisch vornehmen: Partikel ordnen sich selbst in vorgegebenen Strukturen an.
Bereits 2003 zeigte Bruno Michel in Rüschlikon erste mit „Softlithografie“ hergestellte Leiterbahnstrukturen um die 120 nm. Sie waren für die Rückwandverdrahtung von großflächigen Displays gedacht. Später bekam die Grundidee eine neue Richtung: Weiterentwicklung mit dem Ziel eines möglichen Ersatzes der traditionellen optischen Lithografie durch ein preiswerteres Verfahren.
Jetzt gelang einem 6-köpfigen Forscherteam um Heiko Wolf (IBM) und Tobias Kraus (ETH Zürich) ein Sprung in den Nanometerbereich bei hochreproduzierbaren Strukturen. 60 nm Auflösung konnten realisiert werden, wobei die Partikel genau da angeordnet sind, wo man sie hinhaben wollte. Das würde bereits für viele Schaltungsaufbauten und deren Verbindungen reichen und Auswirkungen auf die kostengünstige Nanoelektronik von morgen haben: Preiswerte Biosensoren werden damit möglich, gekrümmte Lichtleiter auf künftigen optischen Chips oder auch neue Produktionsverfahren für Nanodrähte.
Zum Testdruck verwendeten die Forscher Goldpartikel von 60 nm Durchmesser. Sie sind zunächst in einer Suspension gelöst, die kontrolliert über die zu strukturierende Platte bewegt wird. An den Grenzflächen, wo Luft, die Goldsuspension und die Druckplatte zusammenkommen, wirken starke kapillare Kräfte auf die Partikel und zwingen einzelne gelöste Partikel in vorbestimmte Strukturen auf den Druckstempel (die Forscher reden statt von einem Stempel eher von einer Schablone). Wenn die Suspensionsflüssigkeit getrocknet ist, können sich die Partikel nicht mehr verschieben – sie bleiben auf ihrer Position und können dann auf den eigentlichen Druckträger übertragen werden.
Es liegt hier eine „gerichtete Selbstanordnung“ vor, mit der eine sehr große Zahl von Partikeln gleichzeitig positioniert wird – eine der Voraussetzungen, um das Verfahren auch großtechnisch nutzen zu können. Im Gegensatz zu konventionellen Drucktechniken gibt es keine zufallsgenerierten Strukturen. Innerhalb der gedruckten Linien hängen die einzelnen Partikel eng aneinander, jedes Partikel auch fest am Substrat. Diese notwendige Substrathaftung der sphärischen kolloidalen Goldkügelchen erreichten die Forscher durch eine sehr dünne „klebrige“ Polymerschicht. Der entscheidende Sprung in der Drucktechnik liegt in der gerichteten Selbstanordnung der Goldpartikel. Dies eröffnet eine realistische Möglichkeit, mit dem Verfahren zu noch feineren Strukturen zu kommen. Die vorsichtigen IBM-Forscher halten 25-nm-Partikel und deren Anordnung auf der Schablone für machbar, hinter der Hand wird schon von Partikelgrößen im einstelligen Nanometerbereich geredet.
Der Transfer von solchen Nanometerstrukturen auf dünne Polymerlayer – sie sind die meistverwendeten Basismaterialien für flexible Elektronikbausteine – läuft mit hoher reproduzierbarer Ausbeute. Damit bieten sich Biosensoren für die Nutzung der neuen Drucktechnik an, da die katalytischen und optischen Aktivitäten der einzelnen Partikel unverändert genutzt werden können.
Der nächste Schritt sind jetzt feinere Partikel und damit noch höhere Auflösung, wie sie für heutige mikroelektronische Schaltungen erforderlich wären. Ein weiterer Punkt ist die Größe des im Druckverfahren realisierbaren Arrays: Derzeit haben die benutzten Schablonen nur eine Größe von ungefähr 1 cm2. Noch weiter in die Zukunft schauend hat man in Rüschlikon erste Versuche mit Nanowires gemacht, denn nicht nur Metalle können gedruckt werden, auch Polymere, Halbleiter oder Oxide. So hat man erste Silizium-Nanodrähte wachsen lassen, die auf einem gedruckten Goldarray basierten. DILLAN O. KLIPSTAIN
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