Neue EG-Richtlinie für Maschinen tritt bald in Kraft
VDI nachrichten, Brüssel, 9. 6. 06, ciu – Die neue Maschinenrichtlinie 2006/42/EG vom 17. Mai 2006 ersetzt die bisherige Richtlinie. Sie tritt mit der Veröffentlichung im Amtsblatt in den nächsten Tagen in Kraft. Wichtige Veränderungen beschreiben die Experten vom Branchenverband VDMA, Claudia Schöler und Sascha Schmel.
Seit kurzem ist es amtlich: Die EU-Mitgliedstaaten haben die neue Maschinenrichtlinie verabschiedet, nachdem das Europäische Parlament im Dezember 2005 abgestimmt hatte. Die neue Richtlinie enthält präzisere Vorschriften für unvollständige Maschinen. Sie gilt künftig auch für Bauaufzüge und übergangsweise für Traktoren. Das Konformitätsbewertungsverfahren, insbesondere für Maschinen mit erhöhtem Gefahrenpotenzial, wurde entschlackt. „Nach Ansicht des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Frankfurt/Main, ist die neue Maschinenrichtlinie wesentlich besser als der ursprüngliche Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission und für die Investitionsgüterindustrie insgesamt tragbar“, so Frank Keller, Vorsitzender des Lenkungskreises Technikpolitik im VDMA.
Die neue Richtlinie ersetzt die Maschinenrichtlinie 98/37/EG vom 22. Juni 1998. Sie legt wesentliche Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen fest, die Maschinen erfüllen müssen, um im EU-Binnenmarkt in Verkehr gebracht werden zu können. Einen Schwerpunkt der Novellierung bilden erweiterte Regelungen für unvollständige Maschinen, die zum Einbau bestimmt sind. Der Hersteller muss, ähnlich wie bei verwendungsfertigen Maschinen, eine Risikobeurteilung durchführen und eine Montageanleitung statt einer Bedienungsanleitung mitliefern. Außerdem ersetzt eine Einbauerklärung die Herstellererklärung.
Das Konformitätsbewertungsverfahren wurde vereinfacht. Die Richtlinie unterscheidet weiterhin zwischen Maschinen allgemein und Maschinen mit erhöhtem Gefahrenpotenzial (in Anhang IV aufgeführt) wie Kreissägen oder Pressen mit Handbeschickung. Grundsätzlich genügt die Konformitätsbewertung durch den Hersteller Sonderreglungen gelten nur für so genannte Anhang-IV-Maschinen. Sie dürfen, wenn sie unter Anwendung einer Typ-C-Norm entworfen und gebaut werden, künftig ohne Baumuster- oder Dokumentenprüfung in den Verkehr gebracht werden. Die interne Fertigungskontrolle ohne Einschaltung einer benannten Stelle reicht auch in diesem Fall aus. Keller dazu: „Wir hatten uns für diese erhebliche Erleichterung im Interesse der Investitionsgüterindustrie immer wieder eingesetzt.“
Hersteller von Maschinen mit erhöhtem Gefahrenpotenzial, die nicht unter Anwendung von harmonisierten Normen entworfen und hergestellt werden, können künftig im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens zwischen der EG-Baumusterprüfung und einem neuen Verfahren der umfassenden Qualitätssicherung wählen. Insbesondere für Hersteller von Sondermaschinen bietet sich die Auditierung der eigenen Qualitätssicherung an, weil dann nur einmal und nicht für jede Maschine Prüfkosten anfallen.
Wichtige Änderungen sind auch im Hinblick auf den Anwendungsbereich erfolgt. Für Bauaufzüge gab es bisher keine europäische Vorschrift. Sie werden künftig von der Maschinenrichtlinie erfasst. Anhang I der neuen Richtlinie wurde um entsprechende Anforderungen ergänzt.
Die neue Maschinenrichtlinie gilt zudem für land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen im Hinblick auf diejenigen Risiken, die derzeit nicht von der Traktorenrichtlinie 2003/37/EG abgedeckt werden. Diese Ausdehnung des Anwendungsbereichs war zwischen Europäischer Kommission, Ministerrat und Europäischem Parlament besonders umstritten. Sie wird auch als Übergangslösung betrachtet, bis die Revision der Traktorenrichtlinie abgeschlossen ist. „Der VDMA fordert, die Überarbeitung der Traktorenrichtlinie voranzutreiben, um damit die Anwendung beider Richtlinien von vornherein zu vermeiden“, so Keller.
Bei der Abgrenzung zur Niederspannungsrichtlinie wird der gefährdungsbasierte Ansatz zu Gunsten des produktbezogenen Ansatzes aufgegeben. So werden z. B. Elektromotoren explizit vom Anwendungsbereich der neuen Richtlinie ausgenommen.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Klarheit wird die bestehende Maschinenrichtlinie 98/37/EG durch die geänderte Neufassung komplett ersetzt. Eine Übergangsfrist gibt es nicht. Die Mitgliedstaaten müssen den europäischen Rechtsakt umsetzen und die neuen nationalen Vorschriften 42 Monate nach dem In-Kraft-Treten der Richtlinie anwenden. Bis dahin besteht die gegenwärtige Rechtslage fort.
Das Ergebnis ist für den VDMA nun akzeptabel. Der Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission von 2001 war beim Branchenverband seinerzeit auf deutliche Kritik gestoßen, weil die angestrebten Erleichterungen für den Maschinenbau nicht erkennbar waren. C. SCHÖLER/S. SCHMEL
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