Mit Schleifspezialitäten an die Spitze
Wie man mit Spezialitäten im Hochlohnland Deutschland reüssieren kann, zeigt die Kapp-Gruppe mit Stammsitz in Coburg und Fabriken in den USA, Japan und Brasilien. Der 78 jährige Firmengründer Bernhard Kapp setzt weiter auf Zukunftssicherung durch Innovation.
Ende dieses Jahres wird die 15 Mio. DM teure Fabrik bei der 1997 gekauften Tochter Niles in Berlin-Weißensee fertig zusätzlich 7 Mio. DM kosten die neuen Produktionsmittel für die in Konkurs gegangene ehemalige DDR-Firma. Auch im Stammwerk Coburg wird investiert bis Ende 1999 bezieht die Schleifwerkzeugherstellung eine weitere Halle: Die Kapp-Gruppe, mit 150 Mio. DM Jahresumsatz ein typisch mittelständischer Hersteller von Schleifmaschinen und -werkzeugen, expandiert seit Bernhard Kapp 1953, damals persönlich haftender Gesellschafter beim Großmaschinenbauer Adolf Waldrich in Coburg, seine eigene Firma gründete.
Gemessen an der Zahl der gebauten Maschinen gehört die Werkzeugmaschinenfabrik Kapp eher zu den Kleinen der Branche gemessen an Produkten und Technologien aber zu den führenden Spezialisten für die Hartfeinbearbeitung von Verzahnungen und Profilen. Besonders im Flugzeugbau und in der Automobilindustrie sind die Anforderungen an Verzahnungen außergewöhnlich hoch. Die anspruchsvolle und kritische Einschätzung von Lebensdauer und Betriebssicherheit, Geräuschminderung, Gewicht und Kraftstoffverbrauch verlangt eine immer genauere Fertigung von Getriebeteilen.
Ein Beispiel: Bei der neusten Generation von Automobil-Kraftstoffpumpen, die direkt in den Tank eingesetzt werden, schleift man die etwa fingerdicken Rotoren von der Stange direkt aus dem Vollen. Ansonsten beginnt das auf Kapp-Maschinen zu schleifende Werkstückspektrum bei etwa 20 mm Durchmesser. Kapp in Coburg gilt als gute Adresse für die „Maßanzüge“ unter den Feinbearbeitungsmaschinen für Verzahnungen. Dazu gehören immer auch die Technologien, zum Beispiel das Wälzschleifen mit Schleifschnecke und auch das „Coronieren“ – abgeleitet aus „Corona“ für Ring. Technologisch ist es eine Weiterentwicklung des Zahnradhonens mit gleichzeitiger Dreh- und Hubbewegung und einem ringförmigen Werkzeug, das nicht abgerichtet werden muß.
Die Schleifscheiben bestehen aus einem profilgeschliffenen Stahlgrundkörper, der mit einer einschichtigen Körnung aus kubisch-kristallinem Bornitrid (CBN) belegt ist. Um alle Kunden kurzzeitig mit CBN-Profilschleifscheiben und Coronierringen versorgen zu können – sie arbeiten auf den Maschinen von Kapp abrichtfrei – werden diese Werkzeuge in eigenen Werken in Coburg, in den USA, in Brasilien und Japan hergestellt und dort auch mit CBN neu belegt.
Die Stückzahl der von Kapp monatlich hergestellten hochwertigen Werkzeugmaschinen läßt sich etwa an einer Hand abzählen. Der Umsatz der Kapp-Gruppe für Maschinen und Werkzeuge betrug im Geschäftsjahr 1998/99, das im Juni endete, rund 150 Mio. DM. Hierzu trug das Berliner Traditionsunternehmen Niles etwa 20 Mio. DM bei. Während das Fertigungsprogramm von Kapp bei einem Werkstückdurchmesser von 500 mm endet, deckt das Niles-Prodarüberliegenden Bereich bis zu 4500 mm Durchmesser ab.
Es liegt auf der Hand, daß Niles noch auf Jahre ein „Zuschußbetrieb“ bleiben wird, doch mittel- bis langfristig zu denken und zu planen, war schon immer die Stärke der Köpfe bei Kapp, die „Zukunftssicherung des Unternehmens“ ganz obenan stellen. Das hindert aber nicht etwa an schnellen Entscheidungen. Dr.-Ing. Bernhard Kapp: „Ein mittelständischer Betrieb, der in dieser Gesellschaftsform arbeitet, hat den Vorzug, daß Entscheidungen innerhalb kürzester Zeit getroffen werden können. Wenn wir Bedarf für eine neue Maschinen sehen, dann reden wir vier in der Geschäftsleitung einen Nachmittag darüber, und am nächsten Morgen wird die Maschine bestellt – das ist in einem Großbetrieb unmöglich.“
Innerhalb der Kapp-Gruppe wurde die Belegschaft in den letzten beiden Geschäftsjahren um mehr als 20 % auf 680 Mitarbeiter erhöht. Mit 542 Mitarbeitern in den beiden Coburger Werken hat das Unternehmen einen bis dahin nie erreichten Höchststand erreicht. Außerdem: Statt der 80 Mitarbeiter, mit denen der Neubeginn bei Niles gestartet wurde, arbeiten dort heute 110 Personen.
Zur weltweiten Präsenz gehören moderne Kommunikationswege, auf denen auch Angebote und CAD-Daten in die Standorte geliefert werden. Alle Konstrukteure bei Kapp arbeiten seit vielen Jahren ausschließlich per CAD-Workstation. Von 110 Unix-Arbeitsplätzen werden 75 für CAD-Anwendungen genutzt. Weitere 300 PC sind im Büro-Umfeld und für technische Anwendungen in Betrieb. Der Maschinenbediener kann an seinem PC über Word mit den in der Arbeitsvorbereitung erstellten NC-Programmen und Aufspannplänen umgehen.
Jedes Jahr gewinnt Kapp ca zehn neue Kunden hinzu. „Wir hoffen, daß wir im laufenden Geschäftsjahr wieder eine Umsatzsteigerung von 8 bis 10 % erreichen können, so Martin A. Kapp, der geschäftsführende Gesellschafter. „Wir sind bei den Werkzeugmaschinen zwölf Monate ausgelastet, die Kapazität kann durch weitere Schichtarbeit ausgeweitet werden. Die Lieferzeiten liegen je nach Maschinentyp zwischen sechs und zwölf Monaten.“
Die Zukunft des mittelständischen Maschinenbauers aber liegt offenbar nicht nur in dessen Hand, auch wenn überdurchschnittlich viele Mittel für F & E eingesetzt werden. „Wir müssen dauernd “pushen“ und schauen, daß wir Entwicklungskapazitäten bei Firmen der Antriebs- und Steuerungstechnik bekommen, die uns helfen, auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Wir sind die Antreiber“, berichtet Martin A. Kapp. Noch eine Sorge: Es fehlt an Bewerbern für F & E. Der Ingenieurnachwuchs ist knapp und Coburg weit weg von den namhaften Hochschulen und Instituten, mit denen aber durchaus enge Zusammenarbeit besteht.
KLAUS MALLE/KÄM
Bernhard Kapp, seit 28 Jahren Vorsitzender des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinen-fabriken, will auch mit seinem Betrieb an der Spitze sein.
Martin A. Kapp: „Wir prüfen die Qualität jeder Maschine durch Bearbeiten von Werkstücken des Kunden.“
Das mildert die Abhängigkeit vom klassischen Automobil-Getrieberad: Bei dieser Nuten-Feinbearbeitungsmaschine für Schraubenkompressor–Rotoren verwendet man zwei profilgeschliffene Scheiben mit einschichtig galvanisch aufgetragenem Schleifbelag aus kubisch kristallinem Bornitrid (CBN).
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