Mit Satellitenortung steigert der Bauer die Effizienz auf seinem Acker
VDI nachrichten, Mannheim, 21. 11. 08, Si – In den 90er Jahren zweifelten Landwirte noch am Nutzen von Precision Farming. Doch heute ist die präzise Teilflächenbewirtschaftung mithilfe der Satellitennavigation laut Thomas Engel, Geschäftsführer der John-Deere-Tochter Agricultural Management Solutions (AMS) auf dem Acker gut in der Spur.

Satellitenortung in der Agrartechnik.
Foto: ESA
Engel: Wir bauen allein in Deutschland jährlich über 40 000 Traktoren, dazu Erntemaschinen sowie Feldspritzen in unserem Werk in Holland. Precision-Farming-Anwendungen sind dabei in allen Bereichen gang und gäbe.
VDI nachrichten: Warum konnte sich Precision Farming in den 90er Jahren nur schleppend bei den Landwirten durchsetzen?
Engel: Es fehlte an Technologien, um die neuen Erkenntnisse umzusetzen. Kommunikation zwischen Traktor und Anbaugeräten war ein Problem, Düngerstreuer und Feldspritzen ließen sich noch nicht so exakt steuern wie heute.
VDI nachrichten: Die Daten liefen also ins Leere?
Engel: Sie liefen auf Umverteilung von Dünger und Pflanzenschutz statt auf Einsparung hinaus. Das hat Landwirte nicht überzeugt, denn die Erträge stiegen nur marginal. Wir konzentrierten uns auf satellitengestützte Spurführung, die höheren Nutzen versprach.
VDI nachrichten: Welchen?
Engel: Durch Vermeiden von Überlappungen spart der Landwirt Zeit, Kraftstoff, Dünger und Pflanzenschutzmittel. Exakte Spurführung hilft gegen Bodenverdichtung, die gerade in trockenen Regionen Probleme macht. Erfahrungen aus Australien zeigen, dass bei Befahren der immer gleichen Spuren nach mehreren Jahren die daneben liegenden Flächen regenerieren und die Erträge um 30 % bis 50 % steigen. Auch beim Pflanzen hilft es, Spuren auf Knopfdruck exakt reproduzieren zu können, denn Gemüse wird oft in vorher angelegten Düngerstreifen gesetzt.
VDI nachrichten: Welche Technologien setzen sie zur Spurführung ein?
Engel: Satellitennavigation ist die Schlüsseltechnologie. Wir haben ein eigens darauf spezialisiertes Tochterunternehmen namens NavCom Technologies, das einen GPS-Empfänger entwickelt und ein eigenes GPS-Netzwerk aufgebaut hat, um eigene Korrekturdaten anbieten zu können.
VDI nachrichten: Welche Rolle spielen Galileo und das russische System Glonass?
Engel: Wir sind dabei, unsere Systeme daran anzupassen. Der Hauptvorteil wird sein, dass wir auch unter schwierigen Bedingungen zuverlässige Positionsdaten erhalten. Gerade an Waldrändern gibt es bisher noch Probleme. Wenn künftig 70 Satelliten die Erde umkreisen, wird es leichter, die sechs bis acht Satelliten zu empfangen, die es für eine präzise Ortung braucht.
VDI nachrichten: Wie exakt sind die Systeme heute?
Engel: Die Spur-zu-Spur-Genauigkeit des einfachsten Systems mit kostenlosem Signal liegt zwischen 20 cm und 30 cm. Das reicht für die meisten Arbeiten. Zum Säen oder Ernten nutzen viele Anwender genauere Signale, die 5 cm bis 10 cm Spurgenauigkeit garantieren. Das kostet jährlich 600 €. Als genaueste Lösung bieten wir ein System mit eigener Basisstation. Hier liegen die Abweichungen bei 2 cm bis 3 cm. Neben der relativen Spurgenauigkeit bietet es eine absolute, exakt reproduzierbare Ortung. Auch nach Monaten lassen sich so exakt die gleichen Spuren befahren.
VDI nachrichten: Sie sagen Spurführung war ein Enabler für Precision Farming.
Engel: Unsere Verkaufszahlen bestätigen diese Einschätzung. Allein in Europa haben wir über 10 000 GPS-Empfänger verkauft. Spurführung hat Precision Farming in die Spur gebracht. Doch auch die Verständigung auf den Isobus-Standard ist von zentraler Bedeutung.
VDI nachrichten: Andere Branchen tun sich schwer mit der Standardisierung. Wieso klappt sie in der Landtechnik?
Engel: Wir wissen, dass ein Traktor ohne Anbaugerät wenig nützt. Unsere Branche ist sehr heterogen. Unsere Traktorkunden arbeiten mit Geräten verschiedenster Hersteller. Wir müssen ihnen das durch gemeinsame Standards ermöglichen. Der Isobus schafft gemeinsame Schnittstellen und die Kommunikation zwischen Bord- und Bürocomputer funktioniert. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Bearbeitungsgeräte direkt über Applikationskarten gesteuert werden können, die ein Landwirt daheim erarbeitet hat.
VDI nachrichten: Wie steht es um die Akzeptanz? Landwirte gelten gemeinhin als eher konservativ.
Engel: Es wächst eine Generation von hoch qualifizierten Landwirten heran, die Precision Farming von Hoch- und Landwirtschaftsschulen kennen. Und was uns freut: Auch die Nachfrage aus Osteuropa ist enorm.
PETER TRECHOW
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