Maschinen speichern Erfahrungsschatz
VDI nachrichten, Düsseldorf, 28. 3. 08, ciu – Je mehr Bearbeitungsprozesse in Maschinen automatisiert werden, umso mehr kommt es darauf an, das „Fingerspitzengefühl“ der Werker auch in die Maschinen zu bringen. Sensorik, Aktorik und Steuerungstechnik werden dabei zum integralen Bestandteil von Fertigungszentren. Auf der Fachmesse Metav 2008, vom 31. März bis 4. April in Düsseldorf, zeigen Hersteller, wohin die Reise geht.
Sensorik gewinnt für Werkzeugmaschinenhersteller zunehmend an Bedeutung. Dies verdeutlicht vor der Branchenmesse Metav in Düsseldorf insbesondere die Strategie beim japanischen Hersteller Yamazaki Mazak. Laut Wolfhart Kaestner von der Yamazaki Mazak Deutschland GmbH, Göppingen, ist eine „digitale Supermaschine“ geplant. Sie soll zum hundertsten Gründungsjahr der japanischen Muttergesellschaft im Jahr 2019 gebaut werden.
Gerade auch mit Blick auf den zunehmenden Fachkräftemangel, immer komplexer werdende Bewegungsabläufe und den Trend zu automatisierten Fertigungssystemen sind bereits heute neue Konzepte gefragt, um Spezialistenwissen in die Maschine zu integrieren. „In die Entwicklung unserer ¿intelligenten“ Mazak-Werkzeugmaschinen haben wir daher Kompetenz von erfahrenen Bedienern einfließen lassen“, so Kaestner. Das Unternehmen bezeichnet diese Produkte als „i-Maschinen“.
Je nach Maschinentyp werden in diese Modelle derzeit bis zu sieben Funktionen in die Maschinensteuerung integriert. Eine davon ist die aktive Schwingungskontrolle zur Minimierung von Vibrationen, die durch Beschleunigung und Verzögerung der Achsbewegungen erfolgen. Eine weitere Funktion zur Verbesserung des Bearbeitungsergebnisses ist die Wärmekompensation, die für eine gleichbleibend hohe Präzision auch bei wechselnden Temperaturen in der Werkstatt sorgt.
Als Schutz vor Werkzeugkollision gibt es die Funktion „Sicherheitsschild“ und mit dem „Mazak Voice Adviser“ erhält der Bediener akustische Meldungen, z. B. zur Werkzeug-Standzeit und Füllständen. Mit einer Reihe von Sensoren werden wesentliche Kenndaten von Spindeln erfasst und in der Funktion „Leistungssteuerung“ vereint. Ziel ist es, über die Spindel eventuell aufkommende Maschinenprobleme zu erkennen und zu vermeiden und Produktionsausfälle infolge von Maschinenstillstandszeiten deutlich zu verringern.
Einige Modelle der Fertigungsmaschinen sind darüber hinaus in der Lage, Unwucht an Werkstücken oder Spannvorrichtungen auf dem Maschinentisch zu erkennen. Um die Lebenszykluskosten einer Maschine gering halten zu können, so Kaestner, „haben wir auch eine Funktion für die Unterstützung bei der Wartung, mit der umfangreiche Anweisungen gegeben werden.“
Bearbeitungsintelligenz wird für Kaestner zum wesentliche Merkmal: Im Gegensatz zu einer CNC-gesteuerten Maschine, welche die ihr befohlenen Operationen gemäß den numerisch geladenen Arbeitsinformationen abarbeitet, sei eine intelligente Maschine zukünftig aufgrund ihrer „Erfahrungen“ in der Lage, selbständig Signale zu erzeugen und Maschinenfunktionen anpassen zu können.
Zuvor ist aber vor allem das Wissen der Maschinenplaner gefragt. Denn auch durch Einbeziehung von Maschinennahen Aufgaben lassen sich Produktivitätsfortschritte erzielen. Mit Hilfe des neuen Fördersystems werden die Teile einfach indexiert, so dass die zerspanende Bearbeitung nicht unterbrochen werden muss und die Maschine Integrex i-150 nur eine Stellfläche von 2200 mm x 2420 mm benötigt.
Bei der der Emag Salach Maschinenfabrik GmbH werden ebenfalls die Möglichkeiten genutzt, Maschinen intelligenter zu machen und Know-how einzubauen. Unter anderem werden dort Wartungspläne auf der Maschine hinterlegt, die automatisiert Wartungsalarmsignale oder Wartungsanforderungen absetzen. Dr. Andreas Mootz, Geschäftsführer des Unternehmens: „Wir treiben viel Aufwand, um beispielsweise über zugeschnittene Bildschirmmasken eine eher anwenderorientierte Sicht auf das Fertigungssystem zu bieten – mit einfachen, klaren Informationen und Eingaben.“
Zur Frage nach den Vor- oder Nachteilen zentraler oder dezentraler Intelligenz hat der Emag-Geschäftsführer eine klare Meinung: „Der beste Sensor ist der, den man nicht einbaut.“ Es mache wenig Sinn, die Komplexität eines Fertigungssystems durch viele zusätzliche Komponenten weiter zu erhöhen. Sinnvoller sei es dagegen, Zustandsgrößen der Steuerung und der Antriebe für die Überwachung von Fertigungseinrichtungen heranzuziehen. Denn: Wenn Reaktionen auf Sensorsignale gefordert sind, müsse die Steuerung die Prozess- und Sensorsignale ohnehin verarbeiten.
Diesen Weg gehen aktuelle Werkzeugüberwachungssysteme oder auch Condition-Monitoring-Systeme zunehmend. Einschränkungen gebe es laut Mootz dabei durch die maximal erreichbaren Abtastraten und die Verarbeitungsgeschwindigkeit. Erst wenn diese Grenzen ausgeschöpft sind, sollte man über zusätzliche Hardware nachdenken. Mootz: „Durch schnellere Kommunikationspfade und mehr Verarbeitungsleistung in den Steuerungen ist hier aber noch Luft nach oben.“
Differenziert sieht Mootz auch die Rolle „intelligenter“ Komponenten, die selbsttätig überwachend in den Fertigungsprozess eingreifen und die Entwicklungsmöglichkeiten dieser Systeme: „Das Problem sehe ich eher in der zunehmenden Komplexität der Systeme.“ Je komplexer das Fertigungssystem, desto mehr Know-how werde von den Bedienern und Einrichtern dieser Anlagen verlangt. Grundsätzlich können Anlagen heute nahezu „mannlos“ fertigen. Jedoch müsse man sich immer die Frage stellen, ob mit dieser Strategie nicht auch ein erhebliches Maß an Flexibilität verloren geht. „Intelligente Komponenten“, so der Emag-Geschäftsführer Mootz, „sollten daher immer den Bediener der Maschinen unterstützen und damit Fehlbedienungen vermeiden.“ VDW/CIU
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