Innovationen schaffen den nötigen Raum für Wachstum
Nur wer ständig Grenzen überwindet, kann nachhaltiges Wachstum erreichen, so der Tenor auf dem „Münchener Kolloquium“ vorige Woche an der TU München. Dabei wurden Erfolgsstrategien deutlich, die die Faktoren Mensch, Organisation und Technik gleichermaßen berücksichtigen.
Ungerechtfertigt findet Prof. Michael Zäh, Leiter des Instituts für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (IWB) an der TU München, die oft negative Einstellung zu Wachstum und Innovation: „Das Wachstum im Wirtschaftsleben, durch Überwindung bestehender Grenzen, führt zur Sicherung von Arbeitsplätzen und ist damit eine wichtige, wenn nicht die wichtigste sozialpolitische Komponente“, erklärte er am 28. Februar in München.
Für Eberhard Veit, Mitglied des Vorstands von Festo, Esslingen, ist die Strategie zum Wachstum klar durch Evolution bestimmt: „Nur der Wandel sichert das Überleben.“ Dabei geht es für sein Unternehmen derzeit weniger um die Frage des Überlebens, sondern vielmehr darum, wie sich weiteres Wachstum strategisch planen lässt.
Nicht nur für Festo sieht Veit in der Automatisierungstechnik künftig noch große Potentiale: „Die Chancen für den Mittelstand liegen in prozessnahen Produkten, wie Sensorik, Aktorik und Steuerungen. Auch für Unternehmen mit einem deutlich geringeren Etat als in seinem Unternehmen sieht er langfristig gute Perspektiven: „Der Lieferant von morgen ist nicht mehr nur Zulieferer. Er wird als Partner für jede Prozessstufe benötigt.“
Der Festo-Vorstand verdeutlicht aber auch Gefahren, die in Wachstumsphasen schell in Vergessenheit gerieten: „Wächst ein Unternehmen nur innerhalb bestehender Bahnen, stößt es irgendwann an eine Grenze.“ Diese könne z.B. durch Marktsättigung, Technologiewandel oder neue Wettbewerber entstehen und bedinge ein Wandel im Unternehmen, der durchaus „schleichend“ geschehen könne – „nur muss er bewusst geschehen.“
Für Festo gehe es dabei nicht darum, ob die Generierung von neuem Wachstum, die Strategie der Differenzierung oder der Kostenführerschaft verfolgt werden solle. Vielmehr heiße es dort „sowohl als auch“. Als Kernstück dafür sieht Eberhard Veit das Prinzip der Baukästen und Technologieplattformen: „Durch deren modularen Aufbau sind die Voraussetzungen vorhanden, um die unterschiedlichen Produktsegmente entsprechend ihren Anforderungen zu bedienen und damit die Komplexität zu beherrschen.“ Damit ließen sich gleichzeitig Investitionen in neue Verfahren, Technologien und Produkte deutlich reduzieren. Auch im weltweiten Wettbewerb biete die Baukastenstrategie die Differenzierungsmöglichkeiten, die hinsichtlich unterschiedlicher Bedürfnisse und Normen gefordert würden.
Ähnlich sieht auch die Wachstumsstrategie von BMW aus. BMW-Produktionsvorstand Norbert Reithofer erinnert sich: „Vor 35 Jahren fertigten wir rund 100 000 Einheiten der Marke BMW.“ Heute produziere man mit drei Marken mehr als 1 Mio. Fahrzeuge. Dabei denkt Reithofer trotz Wirtschaftsflaute nicht daran, einen Gang runter zu schalten: „Bis 2008 wollen wir 1,4 Mio. Automobile absetzen.“
Das Erfolgsmodell von BMW beschreibt der Produktionsvorstand in drei Worten: „Globalisierung, Agilität und Effizienz.“ So folge die Produktion den Märkten, z. B. habe man im Jahr 1992 in den USA 50 000 Fahrzeuge verkauft und nach der Eröffnung des Werkes in Spartanburg, South Carolina, im vergangenen Jahr 256 000 Fahrzeuge abgesetzt.
Agilität erreiche BMW laut Reithofer durch „atmende“ Strukturen, mit denen man schnell und flexibel auf die jeweiligen Bedürfnisse des Marktes reagieren könne. Das gelte ebenso für Änderungswünsche bis wenige Tage vor dem Ausliefertermin wie für die Erweiterung von Fertigungskapazitäten bei unerwartetem Nachfrageanstieg.
Um die Effizienz zu erreichen, müsse das Wachstum aber profitabel sein, deshalb investiere BMW in den nächsten Jahren weiter in den Ausbau und die Entwicklung der Werke. Dennoch stünden nicht allein Sachwerte m Vordergrund. „Hochmotivierte und kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Schlüssel zu unserem nachhaltigen Erfolg“, weiß Reithofer.
Das unterstreicht auch Bernd Wilhelm, Leiter Industrial Engineering der Marke Volkswagen: „Kompetenz und Bereitschaft von Management und Mitarbeitern für das Beschreiten neuer Wege und das Überwinden traditioneller Grenzen“, sei Voraussetzung für eine erfolgreiche Globalisierung. Er geht dabei über die Grenzen des Unternehmens hinaus: „Die Wertschätzung für die Leistung des Fabrikarbeiter muss steigen.“ Die Globalisierungsstrategie des Unternehmens gehe deshalb nicht zu Lasten der Mitarbeiter, eher im Gegenteil. Etwa 15 700 Arbeitsplätze würden im Konzern in Deutschland durch die Produktion im Ausland gesichert. Dazu stelle der Export in Deutschland gefertigter Produkte rund 84 300 Arbeitsplätze sicher.
Iwb-Leiter Michael Zäh macht Risiken und Chancen für Mittelständler in Zeiten von Globalisierung und IT-Vernetzung deutlich: „Die Gefahr dieser Entwicklung für den Mittelstand lässt sich mit dem Schlagwort ,zu klein für Großes – zu groß für Kleines‘ versinnbildlichen.“ Dennoch hätten gerade diese Unternehmen durch Umsetzung technologischer Weiterentwicklungen und Innovationen gute Chancen, in einem solchen Wettbewerb zu bestehen.
„Bedingt durch Quantensprünge in der Werkstoff- und Mikrotechnologie“, so Zäh, „wurden und werden in letzter Zeit durch die Mikrosystemtechnik vollkommen neue Anwendungsgebiete erschlossen.“ Bereits heute seien zahlreiche Mikrosysteme, wie ABS, Motormanagementsysteme, aber auch CD-Laufwerke und Unterhaltungsgeräte, kaum noch aus dem täglichen Leben wegzudenken. Der Megatrend zu „maßgeschneiderten Einzelstücken“ werde dabei große Anforderungen an Produktionstechniken stellen.
Da sich aufrund hoher Investitionen und geringer Auftragsvolumina für viele Unternehmen keine ausreichende Perspektive böte, müssten gerade kleinere Unternehmen verstärkt Netzwerke bilden. Nur so ließen sich Ressourcen und Kompetenzen bündeln. „Diese Option stellt, neben der neu aufzubauenden fachlichen Qualifikation hinsichtlich der Arbeit in Netzwerken, neue Herausforderungen an die soziale, kulturelle und sprachliche Kompetenz der Mitarbeiter,“ macht der Institutsleiter deutlich. M.CIUPEK
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