Geschäumte Leiterplatten für eine ökologischere Elektronik
Binnen zwei Jahren wollen Partner aus Industrie und Forschung mit dem Öko-Institut zusammen Leiterplatten entwickeln, die im Hinblick auf die anstehende Elektronikschrottverordnung die Branche vor Entsorgungsproblemen bewahren könnte. Geschäumte Thermoplaste sollen die Recyclingproblematik lösen.
Leichter sollen sie sein, kostengünstig, besser geeignet für dreidimensionale Schaltungen sowie Hochfrequenzanwendungen – und ökologischer als die bisherigen gängigen Leiterplatten. Die diskutierte EU-Elektronikschrott-Richtlinie vor Augen haben sich sechs Projektpartner aus Industrie und Forschung mit dem Freiburger Öko-Institut e. V. als Projektleiterin unter der Schirmherrschaft mehrere Elektronikverbände zusammengetan, um eine praktikable, marktfähige Lösung für ein möglichst recyclingfähiges Leiterplattensystem zu finden.
In dem breit angelegten Verbundprojekt „Entwicklung von thermoplastischen Leiterplatten als Beitrag zur Kreislaufwirtschaft“ sollen neue kostengünstige Leiterplattenmateralien auf der Basis von geschäumten Hochtemperatur-Thermoplasten entwickelt werden. „Die wesentliche ökologische Optimierung gegenüber herkömmlichen Konzepten stellt der Verzicht auf toxische Additive wie Flammschutzmittel und der Möglichkeit einer werkstofflichen Verwertung in der Nachgebrauchsphase dar“, erläutert Volker Strubel vom Öko-Institut.
Strubel und sein Kollege Carl-Otto Gensch sind ausgewiesene Experten in Sachen ökologisch optimierte Leiterplatten. Unter anderem mit dem Elektronikkonzern Thomson arbeitete man drei Jahre am Konzept für einen „grünen Fernseher“ (VDI nachrichten, 27. 8. 99), das ebenfalls halogenfreie, recyclingfähige Leiterplatten als einen der Schwerpunkte hatte. Thomson und das Öko-Institut brachten das jetzige Projekt als Nachfolger in Rollen, doch der Konzern stieg wieder aus.
Neu ist, dass die Projektpartner jetzt auf geschäumte Polymere setzen. „Diese Leiterplatten sind leichter und haben bessere Eigenschaften bei Hochfrequenzanwendungen, weil die spezifische Dielektrizitätskonstante dank der eingeschlossenen Luft wesentlich niedriger ist.“
In den nächsten zwei Jahren – das Projekt läuft inoffiziell bereits seit Mai – sollen rund 8,3 Mio. DM in das technische Konzept fließen, 55 % davon kommen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Leiterplatten sollen möglichst universell anzuwenden sein – etwa in den Bereichen Konsumelektronik, Informationstechnik, Kommunikationselektronik oder für Automobilwendungen. Erste Ergebnisse erwartet Strubel am Jahresende.
Die technische Realisation erarbeitet der Lehrstuhl für Polymere Werkstoffe der Universität Bayreuth, als Firmen sind Lehmann & Voss (Hamburg), Lüberg-Elektronik (Weiden), die KEW Konzeptentwicklung aus Kronach, Reifenhäuser (Troisdorf) und Würth Elektronik aus Rot am See beteiligt. Das Öko-Institut erarbeitet die technische, ökonomische und ökologische Bewertung der Konzepte.
Dem Projekt assoziiert sind eine Reihe weiterer Firmen wie Isola und Alusuisse-Airex sowie das Fraunhofer Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration, Berlin, Die Schirmherrschaft haben der ZVEI, der VDL (Verband der Leiterplattenindustrie) e.V. und die EITI (European Interconnect Technology Initiative) übernommen. swe
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