Gebrauchtmaschinen aus dem Internet öffnen das Tor zu neuer Spitzentechnik
VDI nachrichten, Düsseldorf, 23. 4. 04 -Ob ausgefeilte Lasersysteme für die Blech verarbeitende Industrie oder vielseitig einsetzbare Roboter vom Handling-Spezialisten, es gibt kaum eine Produktionstechnologie, die im Internet nicht auch aus zweiter Hand zu bekommen wäre. Und das zu einem Preis, der manchen Investoren den Zugang zu Spitzentechnologie überhaupt erst ermöglicht.
Generalüberholte Gebrauchtroboter – kurzfristig lieferbar – offeriert das Augsburger Unternehmen Kuka auf seiner Internetbörse, wo auch andere Kunden Roboter anbieten dürfen. Und Trumpf aus Ditzingen bietet ebenfalls einen kostenlosen Online-Marktplatz als Serviceplattform für den Handel mit gebrauchten Maschinen an. Die umworbenen Unternehmen der blechverarbeitenden Industrie können hier Angebote wie auch Gesuche durchblättern und zudem eigene Inserate schalten. Es ist nicht das Riesengeschäft, bezogen auf den Gruppenumsatz, aber jeder Gebrauchtmaschinenverkauf nährt laut Dr. Hans-Peter Laubscher die Hoffnung, diesem Kunden später mal eine „Neue“ zu verkaufen. Denn „ganz klar“ bestätigt der Abteilungsleiter für das Gebrauchtmaschinengeschäft bei dem Ditzinger Unternehmen, „steht für Trumpf der Verkauf von Neumaschinen im Vordergrund“.
„Das ist vier oder fünf Jahre später oft auch der Fall“, sieht Laubscher die Erwartung in das Konzept durchaus erfüllt. Entsprechend erledigt der ganz normale Vertrieb dieses Geschäft ebenfalls mit. So stelle sich eben manchmal während der Verkaufsgespräche das Budget als zu knapp heraus für die geplante Investition in eine Neuanlage. Dann kann der Verkäufer immer noch eine preisgünstige Gebrauchtmaschine anbieten. Andererseits aber gibt es auch eine ganze Reihe von Kunden, die gezielt nach gebrauchten Maschinen fragen, weil sie nicht sofort viel Kapital binden wollen oder können. „Ein ausgesprochener Markt für gebrauchte Maschinen ist Osteuropa“, weiß Laubscher, wo generell mehr alte als neue Anlagen verkauft werden
Schon im Vorfeld der EU-Erweiterung beobachteten die Anbieter bei osteuropäischen Kunden einen Trend zu leistungsfähigeren Produkten, verbunden mit dem Wunsch nach umfassendem technischem Support. Denn ist erst einmal ein bestimmter Standard der eigenen Produktion erreicht, ändert sich auch die langfristige Investitionsstrategie. Gefragt ist nicht das Billigprodukt, sondern die hochwertige Maschine aus zweiter Hand.
Dabei müssen sich die Hersteller nicht selbst um die Gebrauchten aus eigenem Haus kümmern. Maschinen deutscher Firmen haben noch aus zweiter Hand einen guten Ruf und sind daher interessant für spezialisierte Außenhändler. „Sie übernehmen neben dem Verkauf der Maschine oft auch Finanzierungs-, Versicherungs- und Garantieleistungen“, umreißt Hans-Jürgen Müller, Geschäftsführer im Bundesverband des Deutschen Exporthandels (BDEx), Berlin, das Tätigkeitsfeld der etablierten Branche. Dabei erweise sich der Anstieg des Euro gegenüber dem Dollar für Gebrauchtmaschinen eher als günstig, während dies für den Export neuer Anlagen Gift sei.
Die Konjunkturschwäche der letzten Jahre traf den Markt für Gebrauchtmaschinen weniger hart als andere Branchen, bestätigt der Fachverband des Deutschen Maschinen- und Werkzeug-Großhandels (FDM), Bonn. Dessen 102 Mitgliedsfirmen zählende Fachgruppe Gebrauchtmaschinen unterhält auch eine Internet-Plattform für gebrauchte Werkzeugmaschinen. Das Händlerforum kann von Suchenden kostenlos genutzt werden. Laut Anbieter finden diese einen hochwertigen Gebrauchtmaschinenpool mit Tausenden sofort verfügbarer Maschinen. Der große Nutzen bestehe aber vor allem im Zugriff auf das Fachwissen der angeschlossenen Firmen. Denn zum Geschäft gehöre heute eben auch spezieller Service bis hin zum Retrofitting und der Modifikation gebrauchter Maschinen.
Der Markt für Gebrauchtmaschinenhat sich nach Aussage von Hans-Peter Laubscher im letzten Jahrzehnt sehr geändert. So habe Trumpf ursprünglich selbst ein Werk nahe dem elsässischen Hagenau unterhalten, wo alte Maschinen aufgearbeitet und mit neuen Antrieben und Steuerungen versehen wurden. Das Konzept aber trage sich für die Ditzinger Maschinenbauspezialisten seit dem Aufkommen der CNC-Technik nicht mehr. Denn ein aufwändiges „Upgrade“ von alten Produktionsanlagen auf CNC-Steuerungen sei nicht mehr interessant im Vergleich zum Kauf einer Neumaschine.
Die Recos genannte Aufarbeitungsfirma gehört deshalb jetzt zur Broziat-Gruppe. Sie überholt und verkauft im wesentlichen weiterhin Trumpf-Maschinen. „Wir kümmern uns um jüngere, etwa drei bis vier Jahre alte Maschinen“, sagt Laubscher, „wo der Aufwand im Haus überschaubar ist.“ Ältere hingegen sieht er bei spezialisierten Händlern besser aufgehoben, und da gebe es mehrere ausgesprochen gute Partnerschaften.BERND EUSEMANN/Si
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