Entwicklungstiefe zahlt sich aus für Hersteller von Textilmaschinen
Welche Strategien hier jeweils die besten sind , beschreibt eine Serie der VDI nachrichten. Der 2. Teil zeigt, warum sich Eigenentwicklung trotz verfügbarer Standardlösungen lohnen kann.
Dass sich ein hoher Anteil an Eigenentwicklung auszahlen kann, beweist der Textilmaschinenhersteller Trützschler, Mönchengladbach. Das Unternehmen mit weltweit etwa 2000 Beschäftigten setzt bei Steuerungen und Servoantrieben stark auf eigene Lösungen. Für den Entwicklungsleiter Stefan Schlichter spricht z.B. der Preisanstieg beim Wechsel von Analog- auf Digitaltechnik von etwa 30 % (bei Projektstart) für diesen Schritt: „Bei unserem Bedarf von ca. 6000 Servoachsen pro Jahr haben wir die Entwicklungskosten bereits nach etwa einem Jahr wieder raus.”
Günter Schuh bezeichnet diesen Fall für hohe Entwicklungstiefe „aus Kostengründen selber machen.” Für den Direktor am WZL (Lehrstuhl für Produktionssystematik) der RWTH Aachen und des Instituts für Technologiemanagement an der Uni St. Gallen/Schweiz, wird am Beispiel Trützschler deutlich, dass es für die „optimale Entwicklungstiefe” kein Patentrezept gibt. In einem vom Universitätsprofessor und einem Konsortium aus Industrieunternehmen durchgeführten F&E-Benchmarking wurde das Unternehmen vorigen Monat als „Successfull Practice” für die erfolgreiche Produktentwicklung ausgezeichnet.
Unter anderem die kurzen Entscheidungswege im Unternehmen erlauben dem Maschinenbauunternehmen laut Entwicklungsleiter Schlichter, „ein hohes Innovationstempo.” Als Beispiel dafür nennt er die Qualitätssicherung bei der Vliesinspektion von Kardenbändern, einem Vorprodukt der Spinnerei. Hier habe man mit der Entwicklung eines Analysegerätes auf Basis der Bildverarbeitung eine schnelle Alternative zu aufwändigen Untersuchungen im Labor entwickelt. Das kompakte Gerät ist bereits serienreif und wird bei Bedarf direkt in die Maschine integriert.
Um schnell auf Marktanforderungen reagieren zu können, hat der Textilmaschinenhersteller eigene Erfolgskonzepte entwickelt. „Bei uns ist der Entwicklungs-Projektleiter auch der Produktmanager”, so Stefan Schlichter. Dadurch sei die klassische Trennung von Entwicklung, Serienbetreuung und Realisierung von Sonderlösungen bei Trützschler aufgehoben. Zudem unterstützten weitere Maßnahmen wie das Außendienst-Reporting und Kundenbesuche die Reaktion auf Marktbedürfnisse.
Bei der Entwicklung neuer Maschinen setzt das Unternehmen vor allem auf das Feedback von Schlüsselkunden. „Dort werden Prototypen entwicklungsbegleitend erprobt”, beschreibt der Entwicklungsleiter, der gleichzeitig auch für den Service der Produkte verantwortlich ist, sein Erfolgsrezept. MARTIN CIUPEK
Trützschlers „best practices“
– Optimale (hohe) Entwicklungstiefe
– Mut zur „Spinner“-Entwicklung – Elfenbeinturm
– Fokus auf Schlüsselkunden
– Risikominimierung durch Vorstudien
– F&E-Projektleiter ist hauptverantwortlich
– Erfahrungen aus dem Service werden genutzt
Quelle: WZL
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