Der Umgang mit chinesischen Kunden will gelernt sein
VDI nachrichten, Peking, 25. 5. 07, ciu – China zählt zu den wichtigsten Absatzmärkten für deutsche Maschinenbauer. Auf der China International Machine Tool Show in Peking vorigen Monat wurde deutlich, wie sich die Unternehmen dort präsentieren.
Michael Bisser ist ungehalten. Der Vertriebsleiter der Maschinenfabrik Berthold Hermle AG war extra mit einem Vortrag in der Tasche zum Forum über moderne Produktionstechnologien auf der Messe CIMT nach Peking angereist, um festzustellen, dass die Organisatoren ihn kurzfristig aus dem Programm gekickt haben. Zu viele Deutsche auf dem Podium, hieß es.
Das ist natürlich nicht der Grund, weshalb der Hermle Vertriebsmann das China-Geschäft abwartend betrachtet, aber es rundet sein Bild ab: „Wir hatten den chinesischen Markt positiver eingeschätzt.“ 2006, ein Jahr nach Eröffnung der Repräsentanz, habe die Firma gemerkt, dass sie trotz vieler Anfragen und Projekte häufig nicht zum Zug kam. „Es geht einfach immer nur um Nachlässe“, stellte Bisser dazu in Peking fest. „Wir sehen nicht schwarz, sind aber auch nicht euphorisch.“ Skeptisch beobachtet er, dass die Wettbewerber teils recht großzügig mit Rabatten umgehen.
Nach der anfänglichen China-Euphorie stünden bei Hermle inzwischen wieder Umsatz und Ertrag mehr im Mittelpunkt. „Das Geschäft ist daher jetzt schleppend, weil wir nicht auf Ertrag verzichten wollen. Wir wollen China weder unterbewerten, noch aufgeben, rücken aber nicht ab von den wirtschaftlichen Vorstellungen.“ Bisser beobachtete bei Wettbewerbern zwar hohe Umsätze, höre aber auch immer wieder Klagen über geringe Erträge.
Dessen ungeachtet zeigte sich die Branche in Peking auf der diesjährigen Leitmesse CIMT nach wie vor positiv gestimmt. Dr. Eva Schwinghammer, Managing Director Trumpf SiberHegner Ltd. in Shanghai, hatte ihre Ausstellungsmaschinen im Vorfeld gleich doppelt verkauft. „Ich muss jetzt aus den USA Ersatz liefern lassen“, erklärte sie zu Messebeginn.
Gildemeister-Vertriebsvorstand Thorsten Schmidt zeigte sich indes als Kenner seines chinesischen Publikums. Der Service bei Air China sei so gut geworden, dass er künftig nur noch chinesisch fliegen werde, brach er das Eis während seines Vortrags über Marketingstrategien in China vor Pekinger Gastgebern. Die beste Geschäftsidee sei, zu lokalen Kostenstrukturen in China mit der neuesten Technologie zu produzieren, um dann nach Europa zu exportieren, flachste er.
Schmidt ließ keinen Zweifel daran, dass Gildemeister seine Kapazitäten in China aufbauen und dafür auch Geld in die Hand nehmen werde. Das Unternehmen wolle die Regionalisierung vorantreiben und sich in der Produktion in Shanghai noch mehr auf lokale Komponenten stützen, sagte Schmidt. „Damit wollen wir dokumentieren, dass hier nach internationalen Qualitätsstandards produziert wird.“
Der Marketingprofi hatte 2003 als Asienchef in Shanghai ein junges Team für den börsennotierten Werkzeugmaschinenhersteller aufgebaut. Gerade 32 Jahre war er damals. „China war als Standort nicht unbedingt die ,key location“, die meisten Mitarbeiter gingen lieber in die USA“, begründete er das niedrige Durchschnittsalter. Hauptziel sei es, von China aus in Niedrigpreisländer zu exportieren.
Gildemeister, derzeit an sechs Standorten in China vertreten, baut den Servicebereich aus und will von einem neuen Ersatzteillager aus den weiteren asiatischen Raum beliefern. 2200 Maschinen stehen laut Schmidt bereits bei den chinesischen Kunden. Allein in diesem Jahr sollen 600 Maschinen in China abgesetzt werden, davon 50 % aus lokaler Produktion, die seit 2002 in Shanghai läuft.
Ein Grund für die Förderung der lokalen Produktion sind die Einfuhrregularien. Die Technologieanforderungen an importiere Maschinen seien höher geworden, wenn es um die Befreiung von der Mehrwertsteuer gehe, sagte Schmidt. „Das führt dazu, dass unser Standbein in Shanghai wichtiger wird.“ Schmidt hält ein Umsatzwachstum von 25 % bis 30 % in 2007 für realistisch.
Bei Gildemeister ist die Volksrepublik der Zukunftsmarkt und soll zu einem der Hauptabsatzmärkte ausgebaut werden. Deshalb plant der größte europäische Werkzeugmaschinenhersteller zwei neue Technologiezentren in Shenyang und Dalian im Nordosten Chinas neben den bestehenden in Shanghai, Guangdong und Peking. ANJA FELDMANN
Ein Beitrag von: