CAD/CAM „made“ in Germany“ wird zu oft unterschätzt
Deutsche CAD/CAM-Hersteller hatten gegenüber der weltweiten Konkurrenz bislang keinen leichten Stand. Mit Qualität und Komplettangeboten haben sich einige Anbieter dennoch durchgesetzt und zeigen im Ausland erfolgreich Flagge.
CAD-Software aus deutschen Landen muss sich immer wieder aufs Neue beweisen. Ausgerechnet „zu Hause“ haben die Hersteller mit einem Imageproblem zu kämpfen. Dazu Günter Flassig, Geschäftsführer des größten deutschen CAD/CAM-Anbieters, ISD, in Dortmund: „Der Prophet im eigenen Lande gilt wenig. Wir müssen besser sein als die amerikanische Konkurrenz, damit man überhaupt glaubt, dass wir was können.“ Darüber hinaus bemängelt Flassig, dass beim deutschen Softwarehaus von Kundenseite viel eher gemäkelt werde als bei den amerikanischen Kollegen: „Bei jeder Kleinigkeit gibt es einen Riesenaufstand. Im Ausland treffen wir auf dieses Gebaren nicht.“ Trotzdem habe man sich mittlerweile durchgesetzt. Die ISD hat inzwischen 300 Mitarbeiter und vierzehn Niederlassungen, eine gute Hand voll davon im europäischen Ausland.
International noch etwas breiter angelegt ist Tebis aus München: „Wir haben Niederlassungen in den USA, Italien, Frankreich, Skandinavien und sind über Händler in Spanien, Korea und einigen anderen Ländern Asiens und Südamerikas vertreten“, so der Geschäftsführer des Unternehmens, Bernhard Rindfleisch.
Hat man es als deutsches Softwarehaus im Ausland besonders schwer? Dazu CAD-Experte Rindfleisch: „Ich würde nicht sagen, dass wir es als deutsches Unternehmen im Ausland besonders schwer haben. Manchmal trifft sogar das Gegenteil zu.“
Die ausländischen Kunden, so argumentieren die Münchner weiter, wissen, dass in Deutschland die Arbeitskosten sehr hoch sind. Entsprechend glaube man den CAD/CAM-Anbietern, dass sie es gelernt haben, für kurze Maschinenlaufzeiten und hohe Qualität zu sorgen.
Auch Günter Flassig sieht sich im Ausland eher bestätigt: „Während eine durchschnittliche Installation in Deutschland rund 8 bis 10 Arbeitsplätze hat, ordern unsere Schweizer Kunden in der Regel 25 bis 80 Arbeitsplätze pro Unternehmen. Ich sehe das als Vertrauensbeweis.“
CAD/CAM-Software „made in Germany“ gibt es praktisch für alle wichtigen Anwendungsbereiche: Maschinenbau, NC-Programmierung, Formen- und Werkzeugbau, DMU, Elektrotechnik, Architektur- und Bauwesen und das Design. Anwender könnten sich also weitgehend komplett mit Paketen abdecken, tun es aber insgesamt recht wenig. Die Marktanteile der Systemhäuser sind darum meist in den einstelligen Bereichen zu suchen.
Dafür gibt es möglicherweise zwei Ursachen: „Es gab weder spezielle öffentliche Förderungen, noch Wagniskapital im größeren Umfang. Und auch die Banken waren mit den Newcomern nicht allzu großzügig“, betont Günter Flassig. Zweitens habe man nicht so viel Energie in Marketingmaßnahmen gesteckt, wie es gerade die Amerikaner tun. Statt dessen sei an der Perfektion der Produkte gearbeitet worden. Sehr zur Freude der Kunden, die sich fanden. Von der großen Masse sei man aber lange Zeit kaum wahrgenommen worden.
„Wer in Deutschland kaufte, hat quasi als Voraussetzung überdurchschnittlich viel vom Hersteller verlangt. Das, was die amerikanischen Kollegen auf ihre Messeschilder schrieben, mussten die Deutschen ohnehin können. Sozusagen als Eingangsbedingung“, ergänzt Bernhard Rindfleisch.
So konnten die deutschen CAD/CAM-Hersteller im Laufe der Zeit immer wieder aufgrund des Kundendrucks Markttrends setzen. Ein aktuelles Beispiel dazu ist ein neues CAD-Modul von Tebis, mit dem digitalisierte Oberflächen CAD-technisch verarbeitet werden können, als ob sie bereits CAD-Elemente wären.
Die Entwickler führten dazu das „Digit Element“ in die Software ein. Laut Tebis-Informationen bietet dieses Modul umfangreiche Möglichkeiten, die eingelesenen Daten komfortabel zu bearbeiten. „Wir versuchen unsere Software einerseits so automatisch wie möglich zu gestalten, andererseits dem Spezialisten genau den interaktiven Eingriff zu ermöglichen, den er braucht. Denn persönliches Engagement ist immer die Grundlage für höhere Qualität und kürzere Durchlaufzeiten,“ so Geschäftsführer Rindfleisch zum Erfolgskonzept.
ISD dagegen widmet sich der Behandlung sehr großer Baugruppen in 3D: „Wie auf der CeBIT 2000 zu sehen sein wird, ist das Handling zehntausender Teile in einem Modell sehr schnell und komfortabel gelöst.“ Die Erfolgsfaktoren sind für Günter Flassig Kontinuität, Qualität und das Vermögen, alles aus einer Hand zu entwickeln: „Man muss ein möglichst breites Know-how-Spektrum selbst abdecken. Dazu gehört auch die eigene Entwicklung des 3D-Kerns. Nur wenn man den Kern selbst in der Hand hat, kann man sehr schnell auf Probleme beim Kunden reagieren.“
Ob Eplan, Caddy, die Virtuelle Werkstatt von Tecoplan oder Software von Nemetschek – die Qualität der CAD/CAM-Software aus „heimischer Produktion“ steht auf den internationalen Märkten längst außer Frage. Auch die Flexibilität auf Kundenwünsche einzugehen, wird nicht bezweifelt. „Die Kompetenz vor Ort hilft dabei sehr“, ergänzt ISD-Geschäftsführer Flassig.
Doch wie geht es weiter, angesichts immer größerer Konzentrationen in der Branche? „Die derzeitige Konzentration halte ich für eine Modeerscheinung. Große Firmenzusammenballungen haben keineswegs immer zum Erfolg geführt und darum bin ich wirklich sehr optimistisch was unsere Marktstellung in Zukunft angeht“, betont Günter Flassig.Ähnlich gelassen gibt sich Bernhard Rindfleisch: „Wir arbeiten technologisch in einem Bereich, der nicht ganz einfach ist, und der auch durch Fusionen nicht für Wettbewerber erreichbar wird. Obwohl die Konzentration der Branche anhält, entwickelten wir uns selbst auf einem erfreulichen Niveau.“ KARL OBERMANN
Deutsche CAD/CAM-Hersteller belegen einen technologischen Spitzenplatz, wurden aber von einem Großteil der potenziellen Kundschaft lange Zeit kaum wahrgenommen – Marketingaktionen standen eher im Hintergrund der Unternehmensaktivitäten.
Auch beim Mechanik-CAD setzen die Hersteller auf umfassende Software-Pakete.
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