Betriebsdatenerfassung zeigt Schwachstellen der Fertigung
Exakte Betriebsdatenerfassung (BDE) per Computer und Terminal erschließt ein Rationalisierungspotential, das ohne EDV-Einsatz unsichtbar bleibt.
Geschäftsführer Bernd Geisselmann ist optimistisch: „Die Investition unseres BDE-Systems rechnet sich in einem Jahr.“ Dabei geht der Chef der Geisselmann Stahlbau GmbH in Ludwigsburg davon aus, dass der Aufwand des dreimaligen Eingebens der Daten jährlich rund 50 000 DM gekostet hat. Zuerst musste der Werker seine Zeiten auf dem Lohnzettel eintragen, dann wurden diese Daten für Kalkulation und Fakturierung in das PC-System eingegeben – und schlussendlich erforderte die Lohnbuchhaltung eine erneute Eingabe.
Für Bernd Geisselmann war es allerdings letztlich unerheblich, dass seine Überschlagsrechnung nicht auf den Pfennig genau aufging, „denn die Vorteile waren schnell spürbar.“ Die Mitarbeiter brauchen heute nur Barcodes mit dem Laser-Scanner zu erfassen und die Daten dem BDE-System von Datacomp in Augsburg zur Verfügung zu stellen. Dafür sind in den beiden Produktionshallen vier Terminals installiert – ein Kommt-Geht-Terminal am Meisterbüro, eines in der Vorfertigung, eines für Waren-Eingang und Lackiererei und eines in der Schweißerei. Kein Arbeitsplatz ist weiter als 30 m vom nächsten Terminal entfernt die Werker haben kurze Wege und können für Eingaben schnell „hinspringen“.
Damit war schon einmal die erste und vielleicht entscheidende Hürde für die gewissenhafte Nutzung der Terminals genommen – und die Basis für sichere Informationen und präzisere Auswertung gegeben. Die zweite Hürde nimmt das System automatisch: Für Fehlerfreiheit bei der Eingabe sorgt die Software, die dem Werker immer den nächsten Schritt vorgibt.
Bei Stahlbau Geisselmann wurde für jeden Mitarbeiter eine Personalkarte angelegt, die in ihrem unteren Feld die persönlichen Daten des Mitarbeiters in einem Barcode beinhaltet. Und für jede Kostenstelle existieren ebenfalls Barcode-Labels, die in einer Folie direkt über dem BDE-Terminal platziert sind. Damit stehen sie griffgünstig zur Verfügung – „Suchaktionen“ gibt es nicht, denn der Werker findet „seine“ Barcodes automatisch an „seinem“ Terminal. Dabei ist wichtig, dass die Terminals gegen die Umweltbedingungen im Werkstattbereich gut geschützt sind. „Unsere Terminals zeichnen sich durch einfache Bedienbarkeit und sehr hohe Robustheit aus“, betont Michael Müller, Geschäftsführer der Datacomp-Informations-Systeme, „sie sind IP-65 geschützt und die Folientastatur kann auch mit Handschuhen bedient werden.“ Das ist auch für Geisselmann sehr wichtig, wenn es auch auf den ersten Blick wegen der eingesetzten Laser-Scanner nicht so aussieht. Denn es müssen auch Eingaben erfolgen können, wenn die Auftragsnummer bekannt, aber der Beleg mit dem aufgedruckten Balkencode gerade nicht verfügbar ist.
Ziel ist, möglichst wenig manuelle Eingaben machen zu müssen, um eine hohe Eingabe-Sicherheit zu gewährleisten. Denn niemand kann für sich in Anspruch nehmen, keinen Tippfehler zu machen. Deshalb werden alle Werkstatt-Aufträge mit einem Strichcode bedruckt, der nur an den Barcode-Hand-Leser hingehalten werden muß, um alle Daten einzulesen. Dem Mitarbeiter bleibt lediglich das Quittieren der einzelnen Eingaben, die ihm von der Bedienerführung des Systems angezeigt werden.
Dieses Handling ist für jeden Arbeitsgang eines jeden Auftrages erforderlich. Damit ist die Kosten-Transparenz eines jeden Auftrages über alle Fertigungsstufen sichergestellt. Die Aufträge werden dabei durchlaufend numeriert und die Zeichnungsnummer ist immer auch identisch mit der Projektnummer. Das ist für Geisselmann ganz wichtig, denn als erfahrener Stahlbauer mit entsprechenden Objektaufträgen ist die Kundenbezeichnung eben das Maß aller Dinge. Aufgrund dieser Organisation sollen bei der innerbetrieblichen Kommunikation mögliche Missverständnisse ausgeschlossen werden.
Der Geisselmann-Geschäftsführung stehen so für die Kalkulation alle maschinen- und personenbezogenen Daten sauber zugeordnet zur Verfügung. Umgekehrt lassen sich aber auch kostenstellen- oder personalnummer-bezogene Auswertungen durchführen. Sie sind die Basis für das nächste Angebot: Die Daten eines ähnlich gelagerten Projektes werden für die Vorkalkulation herangezogen, die auf dem eigenentwickelten PPS-System stattfindet. „Und ich kann“, beschreibt Gustav Müller als Leiter PPS und BDE bei Geisselmann, “ endlich auch die unproduktiven Zeiten in den Griff bekommen.“ Dabei denkt er an das Entladen von Fremd-Lkw, sowie Wartung und Reparatur von Maschinen.
Ein effizientes BDE-System nutzt allen Firmenbereichen
Bisher wurden nur fünf Kostenstellen für den normalen Produktionsablauf – Fertigung, Montage, Lackiererei, Nacharbeit, Transport (Lkw) – und eine für „Sonstiges“ eingerichtet. Aus dem Pool „Sonstiges“ wollen die Fertigungsverantwortlichen bei Geisselmann bedarfsbezogen neue Kostenstellen generieren und dann natürlich auch konsequent auswerten. Da hier keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geplant ist, soll nach der Häufigkeit und nach der Wichtigkeit von anfallenden Arbeiten über die Installation einer neuen Kostenstelle entschieden werden.
Der neue Ablauf verbessert nach Geisselmann-Angaben die gesamte Unternehmensorganisation, und spart überall Zeit, die besser genutzt werden kann. „Der Werker konzentriert sich auf seine Arbeit“, beleuchtet Gustav Müller einen wichtigen Aspekt, „und selbst der Einkauf, der bisher in die Datenerfassung eingebunden war, kann sich intensiver um Lieferanten und Konditionen kümmern.“
Dass das System in relativ kurzer Zeit von den Mitarbeitern akzeptiert wurde, hat seinen Grund nicht zuletzt in der gelungenen Einführungsstrategie. „Wir haben zuerst eine Pilot-Gruppe gebildet, die das neue System ausprobieren sollte“, beschreibt Müller die Vorgehensweise. Dadurch wurde natürlich Neugierde geweckt, und „die anderen drängten, auch eingebunden zu werden. Schließlich wollten sie auch nicht mehr ihre Stunden-Zettel schreiben und lieber den Komfort genießen, den die Datenterminals bieten.“
Darum werden auch sämtliche Eingaben mit äußerster Gewissenhaftigkeit durchgeführt. Selbst das Buchen auf der ungeliebten Kostenstelle „081-Nacharbeit“ wird von allen exakt durchgeführt, auch wenn hier nachvollziehbar wird, dass wohl etwas nicht ganz in Ordnung gewesen sein kann. „Außerdem“, merkt Gustav Müller an, „bekommen sie heute mit der Lohnabrechnung eine Aufstellung aller ihrer Stunden und haben den vollen Überblick.“ Früher standen vielleicht insgesamt 170 h auf der Abrechnung, aber wie sich diese zusammensetzten, konnte niemand nachvollziehen. Dass dadurch ein leichtes Unwohlsein bei den Verantwortlichen zurück blieb, kann sicher nicht ganz ausgeschlossen werden. N. SCHMIDT
Gustav Müller, Leiter PPS und BDE bei Geisselmann: „Mit Hilfe eines effektiven BDE-Systems lassen sich auch unproduktive Zeiten, wie etwa das Entladen von Fremd-Lkw, sicher in den Griff bekommen.“
Tippen ist out – scannen ist in: Den Geisselmann-Mitarbeitern stehen für Arbeitsgänge, Personal- und Auftrags-Nummern jetzt Barcodes zu Verfügung.
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