Antriebstechnik läuft auf hohem Niveau
VDI nachrichten, Düsseldorf, 6.2.04 -Vom winzigen Motor im CD-Player bis hin zum riesigen Getriebe in Windkraftanlagen sind wirtschaftliche Antriebe gefragt. Besonders mit individuellen Lösungen machen deutsche Hersteller weltweit gute Geschäfte.
Deutsche Antriebshersteller sind im Aufwärtstrend – Heinz-Werner Blaß, Geschäftsführer des ZVEI-Fachbereichs „Elektrische Antriebe“, hat gute Nachrichten: „Der kumulierte Jahresumsatz 2003 wird aus heutiger Sicht bei rund 7,35 Mrd. € liegen, das sind 2,7 % mehr als im Vorjahr.“ Beim Verband deutscher Maschinen und Anlagenbau (VDMA) rechnet man nach einem leichten Minus von 2 % bei der mechanischen Antriebstechnik im vergangenen Jahr für 2004 wieder mit einem Plus von 1 %, was einem Umsatz von von etwa 9 Mrd. € €
Rund zwei Drittel der in Deutschland gefertigten Antriebsprodukte gehen nach Zahlen beider Branchenverbände ins Ausland. Besonders nach China richten sich dabei aktuell die Erwartungen der Unternehmen.
Wohl zu Recht: Eine vor zwei Wochen veröffentlichte Analyse von Frost & Sullivan in Frankfurt/Main beziffert allein den chinesischen Markt für drehzahlveränderliche Antriebe auf derzeit 1,22 Mrd. $. Die Analysten erwarten dabei bis 2010 ein jährliches Wachstum von durchschnittlich 6,3 %. „An vorderster Front sehen wir die Servoantriebe mit einem durchschnittlichen Jahreswachstum von 13,4 %“, so Mike Sabiers, Research Manager bei Frost & Sullivan. Aber auch für mechanische und hydraulische Antriebe prognostizieren die Analysten günstige Aussichten in China.
Laut Frost & Sullivan-Studie bevorzugten Chinesen europäische Hersteller vor allem dann, wenn Antriebslösungen entwickelt werden müssen. Zudem schätze man in Asien die Service- und Support-Qualitäten.
Antriebshersteller in Deutschland haben längst auf die individuellen Bedürfnisse der Anwender im In- und Ausland reagiert. Guiseppe Marotta, technischen Leiter „Getriebe/Kupplungen“ bei Walter Flender in Düsseldorf, beschreibt, worauf es zunehmend ankommt: „Bei der Suche nach dem passenden Antrieb stehen nicht nur Einzelkomponenten im Mittelpunkt, sondern auch die Beratung und Konstruktionsarbeit rund um den kompletten Antriebsstrang bzw. das gesamte Antriebssystem.“ Da die technischen und wirtschaftlichen Kriterien von der jeweiligen Anwendung und den individuellen Möglichkeiten beim Anwender abhängig sind, ist der enge Kontakt zu den Kunden für Marotta unerlässlich.
Pneumatikspezialist Festo in Esslingen setzt bei der Konfiguration komplexer Antriebssysteme auf ein Drei-Säulen-Modell: die persönliche Beratung durch qualifizierte Mitarbeiter, die Unterstützung durch Auswahlsoftware und ein umfangreiches Sortiment modularer Baugruppen. Wie wichtig dabei eine enge Zusammenarbeit ist, weiß Martin Beier, Leiter Produktmanagement „Handhabungstechnik Antriebe“ bei Festo: „Offenheit von beiden Seiten führt zu Erfolgen für die Anwender.“ So würden die Fachberater bereits bei der Projektierung hinzugezogen, um Wünsche der Anwender und Problemstellungen der Applikation frühzeitig zu erfassen.
Martin Baier kennt die Vorzüge der Druckluft: „Pneumatische Antriebe gelten als einfache und kostengünstige Alternative, wenn es reicht, eine oder zwei Zwischenstellungen anzufahren.“ Dennoch lasse sich eine pauschale Aussage, ob pneumatische Antriebe den elektrischen überlegen sind oder umgekehrt, kaum treffen. Sein Kollege José Leonett, Leiter „Elektrische Antriebe“, ergänzt: „Entscheidend ist immer die spezifische Applikation.“
Bei B+R, mit Hauptsitz in Eggelsberg/Österreich, sieht man die zunehmende Komplexität von Antriebssystemen vor allem durch die Isolation zwischen Antrieb, Steuerung und Visualisierung begründet. Deshalb hat man dort die elektrische Antriebstechnik in die Automationssysteme integriert. Der Leiter Technik, Hans Wimmer, erläutert dazu: „Alle Automatisierungsaufgaben werden mit einem einzigen Werkzeug konfiguriert, parametriert und programmiert.“ Dadurch entfielen unnötige Schnittstellen.
Trotz zunehmender Nachfrage nach elektrischen Antrieben kommt es für Dr. Berthold Grützmacher von Heidelberger Druck auf die richtige Mischung an: „In größerem Umfang Energie zu sparen ist z. B. nur möglich, in dem man den gesamten Prozess bzw. die gesamte angetriebene Maschine optimiert, um mit minimaler Antriebsleistung auszukommen.“ Gützmacher, der gleichzeitig Obmann des Arbeitskreises „Geregelte Elektroantriebe“ bei der Forschungsvereinigung Antriebstechnik FVA in Frankfurt/Main ist, betont: „Durch die großen Fortschritte der letzten Jahre, insbesondere bei den Magnetmaterialien und in der Mikroelektronik, sind extrem kompakte Antriebe mit weitestgehend einstellbaren Eigenschaften möglich geworden.“ Diese würden die Entwicklung in der Antriebstechnik in den kommenden Jahren prägen. „Direktantriebe, rotierende und lineare, werden durch Integration in neuartige Maschinenkonstruktionen zu bisher unmöglichen mechatronischen Lösungen führen.“MARTIN CIUPEK
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