Mikroproduktion wächst mit modularen Fertigungsanlagen
Für kleinere Unternehmen ist der Schritt vom Labor in die zertifizierte Serienfertigung von Mikroprodukten auch eine Frage der Kosten und oft kaum zu stemmen. Das soll sich bald ändern: Unternehmen und Forschungsinstitute entwickeln flexible Fertigungsanlagen, die sich entsprechend den Kundenanforderungen schnell modular auf- und umbauen lassen. VDI nachrichten, Düsseldorf, 9. 4. 10, kip
Die in der Mikrosystemtechnik häufig variierenden Stückzahlen, eine große Produktvielfalt und die Notwendigkeit, platzsparend und damit kostengünstig unter reinen Umgebungsbedingungen zu produzieren, erfordern hochflexible Produktionssysteme. Ein vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart entwickeltes Konzept nimmt diese Aufgabe wörtlich: Im „µProductionTower“ sind die Produktionsprozesse in übereinanderliegenden Ebenen angeordnet. Diese lassen sich sowohl durch verschiedenartige Funktionssäulen flexibel erweitern als auch für die applikationsspezifische Prozessierung in der Höhe aufstocken.
„Das modulare Anlagenkonzept bindet die bisher meist ungenutzte Raumhöhe ein. Der ,µProductionTower“ eignet sich damit besonders für Applikationen unter Reinraumbedingungen mit wiederholenden Prozessschritten und kleinen bis mittleren Stückzahlen“, erklärte IPA-Forscher Matthias Burgard.
Noch handelt es sich dabei um eine Demonstrationsanlage, welche die Forscher in ihrem Labor aufgebaut haben. Entgegen konventioneller Linienanordnung wurden die Produktionsprozesse in übereinanderliegenden Ebenen angeordnet. In den dort befindlichen Modulen können neben dem Prozesswerkzeug zusätzliche, der eigentlichen Verarbeitung vorgelagerte Schritte integriert werden. Der Aufbau des Produkts findet im sogenannten Produktmodul statt, einer vertikal aufgebauten Einheit. Dieses Modul ist ausgestattet mit einer hochpräzisen Positioniereinheit, die prozessübergreifend einsetzbar ist und die jeweils für die Bearbeitung erforderlichen Substrat- oder Produktbereitstellung vornimmt.
Außerdem verfügt das Modul über eine Schnittstelle zur Aufnahme eines prozessspezifischen Werkzeugs wie Greifer oder Dispenser. Die Übergabe des Werkzeugs erfolgt mit einem dort vorhandenen einfachen Zuführsystem aus dem jeweiligen Prozessmodul heraus. In das Produktmodul sind sensorische Elemente für die Qualitätssicherung integriert. Weitere vertikale Modulbausteine dienen der Aufnahme von Zuführtechnik für die zu verarbeitenden Bauteile und der jeweils erforderlichen Steuerungstechnik.
Das Anwendungsspektrum ist breit und reicht von der Montage individueller mikro- oder nanotechnischer Produkte wie Sensoren und Implantate über die Prüfung von mikrotechnischen Baugruppen bis zur Analyse von Produkten aus dem Bereich der Life Science. „Damit wollen wir vor allem kleineren Unternehmen einen flexiblen und ausbaufähigen Baukasten für die zertifizierte Hochtechnologieproduktion zur Verfügung stellen“, erklärt Burgard und sieht hierbei noch „erheblichen Nachholbedarf“.
Ähnlich schätzt das auch Matthias Haag ein, Leiter Vorentwicklung beim Automationsspezialisten Schunk im schwäbischen Lauffen: „Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen stellt die Vollautomation eine große Herausforderung dar, die enorme Investitionen und Know-how erfordert.“
Hochpräzise Komponenten und Systeme zur modularen Mikroproduktion stehen auf der diesjährigen Hannover jedenfalls bereit: So präsentiert Physik Instrumente, Karlsruhe, ein parallelkinematisches Hexapod-System zur präzisen Positionierung in sechs Achsen mit Genauigkeiten unter 1 µm. „Unser neuer Miniatur-Hexapod M-810 benötigt dazu nur einen minimalen Bauraum. Bei einem Durchmesser von lediglich 100 mm und einer Höhe von 118 mm bietet er Stellwege bis zu 40 mm in der xy-Ebene und bis zu 13 mm in Z-Richtung“, präzisierte Geschäftsführer Dr. Karl Spanner. Die Positionsauflösung des Einzelbeins liege durch die verwendeten bürstenlosen Spezial-DC-Motoren und die hochauflösenden Encoder bei nur 40 nm. Spanner: „Das System positioniert zuverlässig Lasten von bis zu 5 kg und erreicht Geschwindigkeiten von maximal 10 mm/s.“
SILVIA v. d. WEIDEN/D. KIPPELS
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