Laser als Skalpell
Wer Skalpell und Pinzette hört, denkt an kleine, scharfe Metallinstrumente. Ein bayrisches Forscherehepaar nutzt Laser statt Metall und erhielt dafür jetzt den Philip-Morris-Preis.
Was den amerikanischen Pionieren die Garage, ist den Tüftlern in Oberbayern der Keller. Jahrelang feilten die promovierte Biologin Dr. Karin Schütze und ihr Mann an einem neuartigen Werkzeug für die Grundlagenforschung. Der Physiker Raimund August Schütze lieferte als gelernter Goldschmied das nötige Wissen um die Feinmechanik, während seine Frau das Ziel definierte: Sie wollte eine Pinzette aus Laserlicht, die auch als ultrapräzises Skalpell eingesetzt werden kann. Inzwischen ist aus der heimischen Werkstatt eine Aktiengesellschaft im malerischen Bernried am Starnberger See geworden. Von hier kommen seit Anfang des Jahres Mikrolaser für die Mikroskopie in Biologie und Medizin.
Während ihres Studiums in Heidelberg und eines Forschungsaufenthaltes in den USA hatte Karin Schütze Laserlicht als Hilfsmittel der biologischen Forschung kennen gelernt. Die damals vorhandenen Anlagen waren allerdings für die praktische Arbeit kaum geeignet. „Ständig musste ein Physiker die Anlagen pflegen“, erinnert sich die Wissenschaftlerin. Schon nach kurzer Zeit mussten die empfindlichen Lasersysteme neu justiert werden. Außerdem waren die Apparate unhandlich und groß. „Die Systeme waren zudem nicht exakt genug gefertigt“, so die Biologin. Die Apparate waren für den normalen Einsatz auf optischen Tischen konzipiert. „Wir Biologen benötigen aber Laser, deren Licht man einfach in ein Mikroskop einkoppeln kann und das auch bei tausendfacher Vergrößerung noch exakt im Fokus bleibt.“
Zurück in Oberbayern arbeitete die Forscherin zusammen mit ihrem Mann in den eigenen vier Wänden an einem stabilen und leicht zu bedienenden Instrument. „Das Steuersystem sollte aus nicht mehr als zwei Knöpfen bestehen“, so die Biologin. Das Forscherpaar hat sein Ziel erreicht. Der Mediziner oder Biologe kann wahlweise die zu bearbeitenden Gewebestücke auf einem Bildschirm markieren. Das optische System arbeitet nun auch bei Temperaturschwankungen ohne ständiges Nachführen. Die nötigen Teile wurden von Raimund August Schütze auf der Drehbank gefertigt.
Zwei kompakte Laser manipulieren die Probe. Ein gepulster UV-Laser dient zum Schneiden (Ablatieren) des biologischen Materials. Ein Infrarot-Laser hält die Probe in einem Intensitätsgradientenfeld fest und dient zur Positionierung. Das System arbeitet so präzise, dass man ohne weiteres die Schwänze von Spermien abschneiden kann. Zudem lassen sich die Wände einer menschlichen Eizelle aufschneiden. Beide Methoden werden in der künstlichen Befruchtung eingesetzt.
Schon bald nach der Konstruktion des ersten Prototyps wollten auch andere Forscher ein solches Instrument besitzen. Ein Forscher aus Singapur war der erste Kunde des Familienunternehmens. Andere kamen hinzu. Der Erfolg ermunterte ein lokales Geldinstitut, Kredite zu gewähren, damit die Serienproduktion beginnen konnte. Die AG mit heute über 30 Angestellten hat weltweit bereits mehr als 200 Geräte verkauft.
Da alles nur mit der Kraft des fokussierten Laserlichtes geschieht, fällt jedes Infektionsrisiko weg. Dieses war bislang eines der Probleme bei der konventionellen Manipulation mit hochfeinen Nadeln. Eher durch Zufall stieß Karin Schütze auf einen weiteren Effekt. Immer gingen Proben verloren. Irgendwann wurde es der Biologin zu bunt und sie suchte die verschwundenen Zellen mit einem Stück Klebeband, und fand sie in teilweise erheblichem Abstand von der Probe. Inzwischen beherrscht sie die Kunst des gezielten Herausschießens einzelner Zellen perfekt. Auf diese Weise können nun besonders reine Zellproben gewonnen werden, da eine präzise Auswahl möglich ist. BERND SCHÖNE