Brustkrebs im Fadenkreuz
Mit Hilfe eines Gen-Chips lassen sich Reaktionen von Krebszellen vorhersagen. Und dreidimensionale Darstellungen der Brustdichte ermöglichen exakte Rückschlüsse auf den Krankheitsverlauf.
Zu den Vorteilen des Chips gehöre die Möglichkeit, die Aktivität von Genen zu messen. Den Onko-Chip vergleicht Bojar mit einem großen Fischernetz, mit dem der Pool mit seinen 38 500 Genen komplett abgefischt werden könne. Für Brustkrebs seien aber nur etwa 3000 Gene relevant, und für eine konkrete medizinische Fragestellung reichte häufig schon die Auswertung von 50 bis 70 Genen. Für diesen kleineren Chip hat Bojar die Bezeichnung Onko-Chip geprägt.
Um an die Gen-Informationen zu kommen, werde zunächst mit einer dünnen Nadel Gewebe aus dem Tumorareal extrahiert und in den Chip hineingegeben, sodann eine Abschrift der Gene umgeschrieben, um schließlich eine Fluoreszenzmessung durchzuführen. Die Ergebnisse führten zu einer „Explosion unseres Wissens“, sagte Bojar. Schon aus der ersten Nadel könne man das Ansprechen auf eine Chemotherapie vorhersagen.
Zu unterscheiden seien drei unterschiedliche Brustkrebs-Typen: Luminal-, Basal- und HER2/neu-Typ. Der Luminal-Typ sei zwar eine eher zahme Brustkrebs-Gruppe, spreche aber nicht so häufig auf die klassische Chemotherapie an. In diesem Fall sei eine Hormontherapie sehr wirkungsvoll.
Die beiden anderen Krebstypen seien aggressiver und ließen sich aber vor allem mit härteren chemotherapeutischen Geschützen eindämmen. Es habe sich gezeigt, dass einige Tumore auch auf Vitamin D3 reagierten und sich mit dosierten Sonnenbädern bekämpfen ließen.
Irgendwann könne aus dem Tumorgewebe einmal ein individuell zugeschnittener Impfstoff gegen einen Krebs entwickelt werden. In aktuellen Experimenten werden dendritische Zellen mit Tumormaterial gefüttert, die in der Lage sind, die im Blut vorhandenen Killerzellen auf die Zerstörung von Tumoren zu trainieren.
Eine wichtige Rolle spielt auch das Blut: „Tumorzellen, die im Blut zirkulieren, lassen sich mit einem Magnetnest identifizieren und charakterisieren“, erklärte Bojar. Diese Untersuchungsmethode sei noch deutlich empfindlicher als eine Computertomographie. In Kombination mit dem Onko-Chip könne auch anhand einer Blutprobe festgestellt werden, auf welche Medikamente diese Zellen empfindlich reagieren.
Mit einer Weiterentwicklung der digitalen Mammographie ist die argentinische Forscherin Constanza Lampasona am Institut für Rechnergestützte Ingenieursysteme der Uni Stuttgart der Beschaffenheit und Wachstumsart von Brustkrebs auf der Spur. Ein von ihr entwickeltes System wandelt die verschiedenen Graustufen der Mammographien in dreidimensionale Bilder um, mit denen die Brustdichte visualisiert wird. Denn eine hohe Brustdichte und damit ein hoher Anteil an Drüsengewebe im Verhältnis zum Fettgewebe kann bei Frauen höheren Alters ein Anzeichen von Krebs sein.
„Im fortgeschrittenen Alter sollte der Fettanteil in der Brust größer werden“, sagt Lampasona. Die weißen Stellen einer Mammographie wiesen auf einen erhöhten Drüsengewebsanteil hin. In den 3-D-Darstellungen werden nun über 8000 verschiedene Graustufen in ein Bild verwandelt, das einer Gebirgslandschaft ähnelt. „Je höher die Bergspitzen, desto dichter das Brustgewebe“, erläuterte Lampasona.
Zusätzlich lassen sich den Berghöhen Farben zuordnen. „Damit kann der Arzt, wenn er die über längere Zeit aufgenommenen 3-D-Bilder miteinander vergleicht, auf einem Blick sehen, wie sich die Brustdichte entwickelt“, sagte die 32-jährige Forscherin. Sehr helle Punkte seien Hinweise auf Mikro-Verkalkungen, die ebenfalls ein Anzeiger für die Existenz eines Karzinoms sein könnten. LARS WALLERANG
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