3D-Bildgebung liefert Erklärung für plötzlichen Herztod
Warum sind auch scheinbar gesunde Menschen vom plötzlichen Herztod betroffen? Forschende haben jetzt unter Umständen einen entscheidenden Hinweis gefunden.
Plötzlicher Herztod bei jungen Menschen: Freiburger Team entdeckt, wie Narben im Herzmuskel elektrische Signale gefährlich verändern.
Foto: PantherMedia / SergeyNivens
Freiburger Medizinerinnen und Mediziner haben eine mögliche Erklärung dafür gefunden, warum es bei vermeintlich gesunden jungen Menschen zum plötzlichen Herztod kommen kann. Mithilfe einer dreidimensionalen Bildgebungsmethode haben sie dazu im Tiermodell gezeigt, dass Narbengewebe im Herzmuskel elektrische Signale auf subtile Weise verändern kann – unauffällig in Ruhe, aber gefährlich bei Belastung. Damit stehen neue Erkenntnisse zu Herzrhythmusstörungen zur Verfügung, die deb plötzlichen Herztod auslösen können.
Den plötzlichen Herztod besser verstehen und verhindern
Gemeinsam mit Forschenden des italienischen Nationalen Forschungsrats (CNR) ist es dem Team der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg, diese Mechanismen sichtbar zu machen. Die Ergebnisse im Fachjournal Nature Cardiovascular Research veröffentlicht. Die neuen Erkenntnisse könnten künftig helfen, bislang unerklärte Fälle des plötzlichen Herztods besser zu verstehen und die Diagnostik bei Risikopatientinnen und -patienten gezielter zu gestalten.
„Unsere Studie zeigt, dass Narbengewebe im Herzen nicht einfach stört – es beeinflusst aktiv, wie das Herz arbeitet“, erklärt Prof. Dr. Peter Kohl, Direktor des Instituts für Experimentelle Kardiovaskuläre Medizin am Universitätsklinikum Freiburg. „Das hilft uns, die elektrischen Ursachen von Rhythmusstörungen besser zu verstehen – und langfristig auch Diagnose und Behandlung gezielter zu gestalten.“
Wenn Narben das elektrische Herzsignal verändern
Im Fokus der Untersuchung standen Mäuse mit einer genetisch bedingten Form der Herzmuskelerkrankung. Sie kommt auch beim Menschen vor – besonders bei Jüngeren mit erhöhtem Risiko für den plötzlichen Herztod. Mithilfe einer neu entwickelten Kombination aus hochauflösender 3D-Bildgebung und optischen Messungen der elektrischen Erregung zeigten die Forschenden: Narbengewebe verändert die elektrische Signalweiterleitung im Herzmuskel nicht gleichmäßig, sondern abhängig von der Herzfrequenz.
Während bei normalem Herzschlag kaum Störungen auftraten, führten Belastung oder Stress zu einer Abschwächung oder Blockade der Signale. Die Forschenden vergleichen diesen Effekt mit einem technischen Tiefpassfilter – schnelle elektrische Impulse werden gedämpft, langsame hingegen weitergeleitet. Dieser bislang unbekannte Mechanismus könnte erklären, warum einige Patientinnen und Patienten bei Ruheuntersuchungen unauffällig erscheinen, aber dennoch ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen in sich tragen.
Wegbereiter für digitale Zwillinge des Herzens
Die Struktur des Herzens allein reicht den Forschungsergebnissen zufolge nicht aus, um das Risiko für Rhythmusstörungen zuverlässig einzuschätzen. „Wir brauchen digitale Modelle, die nicht nur die Anatomie, sondern auch die elektrischen Eigenschaften der Herzzellen berücksichtigen“, betont Dr. Francesco Giardini, Wissenschaftler am Freiburger Institut für Experimentelle Kardiovaskuläre Medizin.
Die Forschung liefert dafür eine entscheidende Grundlage: die Entwicklung sogenannter digitaler Zwillinge des Herzens. Diese individuellen Computermodelle sollen es künftig ermöglichen, Risiken frühzeitig zu erkennen und Therapien präzise zu planen – bevor es zu lebensbedrohlichen Ereignissen kommt.
Von der Grundlagenforschung zur klinischen Anwendung
Die aktuellen Ergebnisse basieren auf einem etablierten Tiermodell, das wichtige Merkmale der menschlichen Erkrankung abbildet. Bevor die Methode jedoch klinisch nutzbar ist, soll sie in größeren Tiermodellen getestet werden, um die Übertragbarkeit auf den Menschen zu prüfen.
Langfristiges Ziel ist die Entwicklung einer klinisch anwendbaren 3D-Bildgebung, die individuelle Risikoanalysen und Therapieplanungen ermöglicht. Davon könnten dann zum Beispiel Patientinnen und Patienten mit Herzmuskelerkrankungen oder Narbengewebe profizieren.
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