Wilde Kabelzukunft in NRW
Wild und lebendig will sich das Callahan-Unternehmen „ish“, ehemals Kabel NRW, seinen Kunden in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg präsentieren. Eine große Kampagne soll für die neuen Angebote werben. Viele TV-Kabelkunden fühlen sich jedoch schon jetzt mittendrin im „Abenteuer Kabel“.
Als die Düsseldorfer Kabelkundin Silvia Mühle aus dem Urlaub kam und den Fernseher einschaltete, schaute sie verdutzt in die Röhre: Die gesamte Programmbelegung hatte sich geändert, auf einigen Kanälen lief nur noch ein graues Bild.
Mehr als 4 Mrd. DM investiert die Tochter des US-Kabelbetreibers Callahan Associates derzeit in die Aufrüstung des TV-Kabelnetzes in Nordrhein-Westfalen. Callahan erwarb die Netze in NRW und Baden Württemberg zu je 55 % von der Deutschen Telekom und will sie schrittweise rückkanalfähig machen, um den Kunden neben dem Fernsehprogramm auch neue Dienste wie Internet und Telefonie anbieten zu können. Im Zuge dieser Umrüstung änderte sich jedoch auch die Kanalbelegung für die Kabelhaushalte. In nur wenigen Monaten wurden bereits mehr als 500 000 Haushalte in Düsseldorf, Köln und Neuss digitalisiert sowie 300 000 Haushalte mit einem Rückkanal ausgestattet. Verzögerungen gab es dabei in Köln – Brancheninsider berichten z. B. von diversen Problemen mit Herstellern der Zuführungstechnik. Geplant ist weiterhin die Umrüstung im Ruhrgebiet, ca. im 2. Quartal 2002 sollen die Dienste in Baden Württemberg starten.
Für das amerikanische Mutterhaus, das in Deutschland bisher mehr als 1000 neue Jobs geschaffen hat, geht es nun darum, Namen und Angebote an den Zuschauer zu bringen. Seit dieser Woche präsentiert sich die deutsche Tochter deshalb mit einem neuem Logo unter dem Fantasienamen „ish“, den eine Londoner Agentur entwickelt hat. „Transparenz, Einfachheit, Mehrwert“ wolle ish den Kunden bieten, verkündete Dieter Hähle, ish-Chief Operation Officer in dieser Woche. Und: „Wild und neu“ sollen die Angebote auf Zuschauer und Internet-Surfer wirken.
Hehre Ziele, denn bisher herrscht bei den Kunden vor allem Verwirrung. Zwar hatte Kabel NRW nach dem Erwerb der Kabelnetze schriftlich angekündigt, die Kabel auf 862 Mhz aufzurüsten, für neue Dienste tauglich zu machen und deshalb die Kanalbelegungen zu ändern – doch diese Mitteilungen wurden weit vor der eigentlichen Umstellung verschickt. Nur wenige hatten die Nachricht von Kabel NRW aufgehoben oder von ihrem Vermieter auch wirklich erhalten. Sie mussten deshalb über die Hotline des Unternehmens die Änderungen erfragen. Auf Wunsch hilft ein Fahrradscout bei der Einstellung.
Das Dilemma: Da Callahan von der Telekom nur die Netzebene 3, also das Zuführungsnetz von der Kopfstation bis zum Haus, erworben hat, ist ish für die Kunden nicht zwangsläufig der erste Ansprechpartner in Sachen Kabel. So muss ish noch mit Betreibern der Netzebene 4 (Verkabelung im Haus) über die neuen Dienste verhandeln. Auch Altverträge von Kunden mit Betreibern wie der „DeTeKabelservices“, die inzwischen von der ish aufgekauft wurden, müssen einzeln überführt werden.
Einzeln sollen nun auch die neuen Dienste von ish vertrieben werden. Via Direktmarketing, d. h. mit dem Besuch von ish-Mitarbeitern, wird für die Produkte geworben. Kritiker sprechen von „Drückerkolonnen“.
Keine Frage, der Telekom-Nachfolger betreibt viel Aufwand, um die hohen Investitionen wieder herein zu bekommen. Dafür macht er dem ehemaligen Monopolisten sogar auf der Ortsnetzebene Konkurrenz: 0,01 Euro sollen ish-Kunden künftig für Gespräche innerhalb des ish-Netzes zahlen, 0,02 Euro für Ortsgespräche in andere Netze und 0,03 Euro für nationale Gespräche. Für das Surfen im Internet, das 32-mal schneller als ISDN und sogar dreimal schneller als DSL klappen soll, wird es eine Flatrate von 44,90 Euro pro Monat geben. Digital-TV wird im Herbst 2002 möglich.
Für ausländische Mitbürger wird es ab November „Fremdsprachenpakete über Eutelsat“ geben, kündigte ish-Sprecherin Petra Vohn an. Branchenkenner berichten, dass Callahan zunächst mit dem mittelständischen Anbieter FSP (Fremdsprachenplattform) zusammen arbeiten wollte, kurz vor Vertragsabschluss jedoch Exklusivrechte forderte. Über FSP und das Satellitensystem Astra können ausländische Fernsehprogramme gebündelt und eingespeist werden – der Start der Plattform liegt nun auf Eis. S. ZELL/fi
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